Die Tugenden des Jason Bourne: Klugheit siegt, Gerechtigkeit lebt, Tapferkeit glänzt

In den vielgepriesenen Actionfilmen geht es um weit mehr als um Intrigen, Schießereien und Verfolgungsjagden.
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Matt Damon spricht bei AOL Build über seinen neuen Film „Jason Bourne“ am 28. Juli 2016 in New York City.Foto: Nicholas Hunt/Getty Images
Von 23. Mai 2025

Laut Aristoteles müssten Actionfilme perfekte Mittel sein, um Tugend darzustellen. In seinem Werk „Poetik“ schreibt er, dass das Drama die Nachahmung jener Handlungen sei, die aus dem moralischen Charakter eines Menschen entspringen. 

Genau das zeigen die ersten drei Filme der „Bourne“-Reihe. Sie erzählen gemeinsam die Geschichte eines fehlbaren Mannes, der Schritt für Schritt zu einem guten und schließlich großartigen Menschen wird.

Im ersten Film wendet sich Jason Bourne vom Bösen ab und beginnt, sich am Guten zu orientieren. Er stellt sich im zweiten Film dem Unrecht, das er selbst begangen hat, und versucht, es wiedergutzumachen. Im dritten Film zeigt er vor allem Großherzigkeit, indem er seine Fähigkeiten und seine eigenen Schmerzen einsetzt, um anderen zu helfen. Zusammen vermitteln die Filme die hoffnungsvolle Botschaft, dass Tugend selbst in ausweglos erscheinenden Situationen siegen kann.

Die Klugheit und „Die Bourne Identität“

Die Königin der Kardinaltugenden ist die Klugheit. Sie ist die Tugend, durch die Menschen auf praktische Weise erkennen können, wie sie Gutes tun können. Obwohl Klugheit oft mit bösen Genies in Verbindung gebracht wird und nicht nur mit guten und weisen Menschen, ist sie in Wahrheit nicht mit dem Bösen vereinbar.

Das Böse ist selbstzerstörerisch – kluge Bösewichte richten sich lediglich auf raffinierte Weise selbst zugrunde. Sokrates und Platon sagen, dass das einzige wirkliche Übel, das das Böse anrichtet, der Seele des Täters gilt. In der Bibel (Psalm 141,10) heißt es: „Lass die Gottlosen in ihre eigenen Gruben fallen.

In „Die Bourne Identität“ wird ein bodenständiger Mann durch das Streben nach dem Guten und das Abwenden vom Bösen zu einem wahrhaft besonnenen und vorsichtigen Menschen. Der Film beginnt damit, dass die Titelfigur bewusstlos im Mittelmeer treibt. Nach seiner Rettung kann er sich nicht mehr daran erinnern, wer er ist. Auf der Suche nach seiner Identität wird er von der Polizei verfolgt. Schließlich findet er heraus, dass er ein Geheimagent war, der im Rahmen eines CIA-Programms namens „Treadstone“ Dutzende Zielpersonen ermordet hat.

Diese Entdeckung löst eine Krise aus: Wenn Amnesie den moralischen Charakter eines Menschen nicht verändert, wird Bourne wahrscheinlich zu seinem alten Leben zurückkehren. Seine letzte Offenbarung erweist sich jedoch als entscheidend. Noch bevor er sein Gedächtnis verlor, änderte er seine Einstellung. Obwohl er sich nicht daran erinnert, brachte ihn seine Abkehr vom Bösen auf einen neuen Weg.

Bourne ist ein Beispiel für Klugheit, weil sein Handeln auf das Gute ausgerichtet ist, sei es ein geringeres Gut wie Selbsterhaltung und Selbstverteidigung zu Beginn des Films oder das höhere Gut, dem er sich schließlich annimmt: das Leben Unschuldiger zu schützen und zu verteidigen. Die blutige Konfrontation am Ende des Films verdeutlicht sein Streben nach Höherem, insbesondere seine Absicht, sein früheres Leben als Attentäter aufzugeben. Da er sich nicht an seine Vergangenheit erinnern kann, muss er mehr darüber in Erfahrung bringen, und das geht nur, indem er sich unter sehr gefährlichen Umständen mit seinem bösen ehemaligen Auftraggeber trifft.

Alle seine Handlungen erfordern nicht nur die Absicht, Gutes zu tun, sondern auch die Fertigkeiten, dies umzusetzen. Klassische und christliche Autoren, von Aristoteles bis Thomas von Aquin, haben zahlreiche Auflistungen dieser „Sub-Tugenden“ oder Elemente von Klugheit verfasst. Bourne veranschaulicht viele davon, beispielsweise sein schnelles Denken, als er eine Familie gegen einen Scharfschützen verteidigen muss, der über ein weitaus besseres Gewehr, eine perfekte Sichtachse und eine bessere Position verfügt.

Die „Um­sicht“ – das Bewusstsein für Gefahren und deren Bewältigung – benennt die unscheinbare Untertugend, die jene Actionszene im US-Botschaftsgebäude inspiriert: Bourne, kurz vor der Verhaftung, überwältigt seine Bewacher und entkommt dann ruhig und überlegt einer Truppe Soldaten.

Die Gerechtigkeit und „Die Bourne Verschwörung“

„Die Bourne Verschwörung“ beginnt mit einer Debatte über Klugheit und löst sie durch die nächste Kardinaltugend: die Gerechtigkeit. Diese Tugend betrifft das Verhältnis zu anderen Menschen und lässt sich nach Aristoteles mit „jedem das Seine geben“ beschreiben.

Zu Beginn von „Die Bourne Verschwörung“ versuchen Bourne und seine Freundin Marie, einem Attentäter zu entkommen. Während ihrer Flucht geraten sie in einen Streit. Bourne behauptet, dass ihre Zukunft vorbestimmt sei: Sie müssten ständig fliehen und gegen die Organisation kämpfen, die sie verfolgt. „Wir haben keine Wahl“, sagt er. Marie entgegnet: „Doch, die haben wir.“ Unmittelbar danach wird Marie erschossen. Bourne und die Zuschauer erfahren nie, was genau sie ihm vorschlagen wollte.

Dennoch dreht sich der Rest des Films darum, dass Bourne gute Entscheidungen trifft. Da es sich um Entscheidungen handelt, die andere betreffen, geht es in dem Film vor allem um Gerechtigkeit.

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Darüber hinaus wird die Handlung durch die Ungerechtigkeiten des CIA-Direktors Ward Abbot ausgelöst, der den Mordanschlag auf Bourne anordnet, um seine eigenen korrupten Machenschaften zu vertuschen. Die beiden Handlungsstränge – Bourne auf der Suche nach Gerechtigkeit und Abbot auf dem Weg in die Ungerechtigkeit – verflechten sich während des gesamten Films. Als Bourne mehr über sein früheres Leben erfährt, erinnert er sich schließlich an seinen ersten Mord für „Treadstone“, und die beiden Handlungsstränge lösen sich auf. Einerseits findet Bourne auf mehreren Ebenen Gerechtigkeit, andererseits bekommt Abbot seine gerechte Strafe.

Die Prinzipien, die Bourne leiten, sind nichts anderes als Klugheit und Gerechtigkeit. Ein bemerkenswertes Beispiel dafür ist die Szene, in der Bourne die CIA-Agentin Pamela Landy im Visier hat und bereit ist, Marie für ihren Mord zu rächen. Bevor er jedoch schießt, wird ihm klar, dass er sich möglicherweise irrt und Landy nicht an dem Mord beteiligt war. Er weicht schnell auf einen anderen Plan aus, nämlich noch mehr Informationen zu sammeln. Ob es richtig ist, Gerechtigkeit in die eigene Hand zu nehmen, sei dahingestellt, es ist jedoch zweifellos ungerecht, dabei ein unschuldiges Leben zu vernichten.

Im weiteren Verlauf des Films rückt Gerechtigkeit mehr und mehr in den Vordergrund. In einer überraschenden und sehr berührenden Szene gegen Ende des Films verschmelzen die klassischen Tugenden der antiken Philosophen wie Aristoteles und Cicero mit der jüdisch-christlichen Tugend der Reue. Als Bourne sich schließlich an weitere Morde aus seinem früheren Leben erinnert, reist er unter Lebensgefahr nach Moskau. Dort trifft er die Tochter der Opfer und bittet sie um Verzeihung. Bourne nimmt die Herausforderung von Maries letzten Worten an: Unabhängig von äußeren Zwängen gibt es immer eine Wahl. Bourne entscheidet sich immer wieder für die Gerechtigkeit, so schwer dieser Weg auch sein mag.

Die Tapferkeit und „Das Bourne Ultimatum“

Die „Bourne“-Filme bestätigen eines: die heldenhafte und bewundernswerte Natur der Tapferkeit, sprich die Bereitschaft, sich Gefahren zu stellen, solange das der richtige Weg ist. Besonders „Das Bourne Ultimatum“ zelebriert diese Tugend. Das Wort „Tapferkeit“ stammt vom lateinischen Wort „fortitudo“ ab, das sowohl „Mut“ als auch „Stärke“ bedeutet.

Nahtlos an den zweiten Film anschließend beginnt „Ultimatum“ mit Bournes neuem Ziel: Er muss sich erinnern, wie er für „Treadstone” rekrutiert und ausgebildet wurde, und zugleich die verbleibenden korrupten CIA-Beamten entlarven, die das Programm geleitet haben. Dabei weicht er Verhaftungsversuchen aus, erledigt andere Black-Ops-Agenten, rettet zwischendurch eine junge Frau und erreicht damit beide seiner Ziele.

In dem Film gibt es eine Kampfszene in Tanger. Es ist die längste und eine der brutalsten Szenen der Serie, die daher neben Bournes beeindruckender körperlicher Leistungsfähigkeit auch unglaubliche Ausdauer und Geduld verlangt.

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Diese Szene hilft den Zuschauern, die Zusammenhänge zwischen den Kardinaltugenden zu erkennen. Klugheit, Gerechtigkeit und Tapferkeit sind hierarchisch miteinander verbunden. Klugheit bestimmt den Kurs von Gerechtigkeit und Tapferkeit, wobei es nur dann tugendhaft ist, Risiken einzugehen, wenn die Absichten gerecht sind. Bourne verfolgt und kämpft nur aus einem besonnenen und gerechten Motiv heraus, nämlich um das Leben seines Freundes zu retten.

Den Höhepunkt der Tapferkeit bildet Bournes Großherzigkeit. Sein Ziel ist nicht nur, seine Vergangenheit aufzuklären, sondern auch eine große Tat zum Wohle der Allgemeinheit zu vollbringen. Er möchte die illegalen und unmoralischen Aktivitäten einer korrupten Regierungsorganisation aufdecken. Dabei verschont er einen Attentäter, der ihn töten wollte – ein Akt der Vergebung.

Ähnlich wie am Ende des zweiten Films vereinen sich klassische und christliche Tugenden in einem Akt der Barmherzigkeit. Zum einen ist es Gerechtigkeit: Bourne, ein ehemaliger Attentäter, erkennt, dass er nicht derjenige ist, der über diesen Mann zu richten hat. Es ist daher auch ein Beispiel für die Tugend der Vergebung.

Tugend stärkt, Übel schwächt

Obwohl Bourne materiell im Nachteil ist, was eine bedeutende Rolle der Faszination für die Zuschauer ausmacht, ist es noch wichtiger zu erkennen, wie sehr die Filme Bournes einzigen Vorteil hervorheben: seine Tugenden. Die Bourne-Filme inszenieren Tugend wie in einem Hochdrucklaborexperiment: Ein Mann gegen eine allmächtige, bestens vernetzte und optimal ausgestattete Organisation mit schier unbegrenzten Vorteilen – doch eins fehlt ihr: Tugend.

Zwar verfügt der Protagonist als Auftragskiller über beeindruckende Fähigkeiten, doch seine wahre Macht wächst erst, als er sich von seinem alten Leben verabschiedet. Einst bloß ein Instrument von „Treadstone“, triumphiert er über die CIA-Organisation und all ihre Ressourcen, weil er sich für ein tugendhaftes Leben entscheidet. Trotz der wiederholten Annahmen seiner ehemaligen Arbeitgeber sind Bournes Entscheidungen und Handlungen nicht vorhersehbar, da er seinem freien, moralischen Handeln treu bleibt.

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Nichts ist vorhersehbarer als das Böse. Deshalb ist Bourne seinen Feinden fast immer einen Schritt voraus. Er weiß, welche Art von hinterhältigen Tricks sie ausprobieren werden. Ebenso weiß er, dass sie sich eher auf menschliche Kraft, Technologie und Abläufe verlassen als auf Klugheit und Vernunft.

Bourne hingegen riskiert wiederholt sein Leben für das Recht, nach Klugheit und Vernunft zu leben. Damit steht er ganz im Einklang mit Aristoteles in seinem großen Werk über die Tugenden, der „Nikomachischen Ethik“. Aristoteles unterstreicht, dass Glück ohne ein Leben nach der Vernunft nicht möglich ist und dass ein Leben nach der Vernunft ohne Tugenden nicht möglich ist.

Die „Bourne“-Filme sind hervorragende Impulse, um über menschliche Werte nachzudenken und von ihnen zu lernen. Natürlich wurden die schauspielerischen Leistungen, die Handlung, die Kameraführung und die Kampfchoreografien gewürdigt. Ebenso wurden sie für ihren Realismus gelobt. Vielleicht verdanken sie ihren Realismus einer tieferen Realität: den Prinzipien, die den vollkommenen Menschen ausmachen.

 

Dieser Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel „Jason Bourne’s Virtues“ (redaktionelle Bearbeitung ee)

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers oder des Interviewpartners dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.



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