Jubeljahr 2025: „Alle Wege führen nach Rom“

Vor 725 Jahren wurde erstmals ein „Heiliges Jahr“ begangen. Bis heute faszinieren seine lebendigen Traditionen. 
Auch im „Jubeljahr“ 2025 zieht es unzählige Menschen aus aller Welt nach Rom.
Titelbild
Päpstliche Audienz auf dem Petersplatz in der Vatikanstadt mit dem Gebet von Papst Franziskus unter dem Baldachin und einer Menschenmenge auf dem Platz San Pietro am 22. Oktober 2014. (Archivbild)Foto: Flory/iStock
Von 23. Juli 2025

1299, an der Schwelle zum 14. Jahrhundert, waren so viele Menschen nach Rom gepilgert wie kaum je zuvor. Papst Bonifatius VIII. nahm dies zum Anlass, für das folgende Jahr erstmals ein sogenanntes „Jubeljahr“ auszurufen.

Fresco in San Giovanni in Laterano, das Bonifatius VIII. zeigt, gemalt von Giotto. Foto: Gemeinfrei

Im päpstlichen Dokument, das mit den Worten „Antiquorum habet fida relatio“ („Glaubwürdiger Bericht der Alten“) beginnt, leitet er diese Entscheidung von einer Passage im alttestamentarischen Buch Levitikus ab.

Von Jobel zu Jubel

Dort wird das sogenannte „Jobeljahr“ beschrieben, das von den Israeliten alle siebenmal sieben Jahre zu begehen war. Zu seiner feierlichen Eröffnung erklangen weithin hörbare Fanfaren aus urtümlichen Blasinstrumenten, die aus den Hörnern von Widdern, den sogenannten „Jobel“, gefertigt waren.

Das Schofar, ein aus dem Horn von Widdern (Jobel) gefertigtes Blasinstrument. Foto: gorchittza2012/iStock

Im 4. Jahrhundert nach Christus wird von diesem hebräischen Begriff das lateinische „annus iubilæus“ (Jobeljahr) abgeleitet. Eine Latinisierung, der wir auch Worte wie „jubeln“ und „Jubiläum“ zu verdanken haben.

Während jedoch das alttestamentarische „Jobeljahr“ den Israeliten gegenseitigen wirtschaftlichen Schuldenerlass gebot, versprach das Heilige Jahr, das Bonifatius VIII. im Jahr 1300 zum „Jahr der Demut und Umkehr“ ausrief, den Christgläubigen den Erlass von zeitlichen Sündenstrafen.

Und auch 725 Jahre später, im Heiligen Jahr 2025, können Rompilger sogenannte Ablässe gewinnen. Was aber hat es damit auf sich?

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Diesseits und Jenseits

Zum Verständnis hilft hier eine Analogie aus der säkularen Welt, in der ebenso zwischen Schuld und Strafe unterschieden wird. Denn auch wenn eine Schuld erkannt, bereut und vergeben ist, sollte für den angerichteten Schaden doch Wiedergutmachung durch eine angemessene Strafe geleistet werden.

Sind also in vergleichbarer Weise menschliche Übertretungen göttlicher Gebote durch Reue und priesterliche Lossprechung vergeben, so sammeln sich doch auch hier Sühnestrafen an. Und diese können nach römisch-katholischem Verständnis die Seele im Jenseits sehr belasten.

Warum also nicht bereits zu Lebzeiten durch Gebete, gute Werke und frommes Pilgern Strafminderung oder -erlass erwerben? Eine tröstliche Möglichkeit, schon im Diesseits für das Seelenheil im Jenseits tätig werden zu können.

Ein frommer Gedanke, der jedoch spätestens im 16. Jahrhundert durch immer aberwitzigere Ablassgeschäfte zur kirchlichen Einnahmequelle pervertierte.

Berechtigte Kritik

Die absurde, immer mehr um sich greifende Vorstellung, man könne seinen Seelenfrieden im Jenseits mit Geld erkaufen, löste ganz natürlicherweise berechtigte und scharfe Kritik aus. Eine Kritik, die sich zu einem wesentlichen Auslöser der lutherischen Reformation entwickelte.

Selbst das Trienter Konzil mit seinem Verbot des Ablasshandels im Jahr 1562 vermochte diese epochale Umwälzung nicht mehr abzuwenden.

Im Jahr 1300 jedoch liegen diese Verwerfungen noch in weiter Ferne. Papst Bonifatius VIII. erhofft sich „von nun an für die Christenheit alle 100 Jahre ein Jubeljahr […], ein Jahr der Versöhnung mit Gott und allen Menschen, ein Jahr, das Gnadenjahr genannt werden soll“.

Darstellung von Bonifatius VIII. mit Tiara und den Schlüsseln Petri, Arnolfo di Cambio, Museo dell’Opera del Duomo, Florenz. Foto: gemeinfrei

Der Erfolg dieses ersten Gnadenjahres ist so überwältigend, dass bereits 1343 Clemens VI. die Zeitspanne bis zur Wiederkehr des nächsten Jubeljahrs auf jeweils 50 Jahre verringert. 1470 setzt schließlich Papst Paul II. fest, dass alle 25 Jahre ein Heiliges Jahr zu begehen sei. Jede Generation solle dadurch mindestens einmal die Möglichkeit erhalten, die Ewige Stadt in einem „annus iubilæus“ besuchen zu können.

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Uralter Ritus

Auf das Jahr 1500 geht wiederum der bis heute fast unveränderte Ritus zurück, der am Beginn jedes Heiligen Jahres steht:

Vor der Christmette des 24. Dezember stehen der Papst, der Altardienst und Gläubige vor der Heiligen Pforte, die seit dem 15. Jahrhundert in die Fassade des Petersdoms eingefügt ist. Die Worte Jesu aus dem Johannes-Evangelium „Ich bin die Tür; wer durch mich hineingeht, wird gerettet werden“ werden verkündet, worauf der Papst dreimal an die verschlossene Pforte klopft. Deren geschlossene Flügel schwenken nun langsam, sich majestätisch öffnend, in das Innere des Petersdoms.

Geschlossene Heilige Pforte des Petersdoms. Im Inneren des Doms ist die Porta sancta zwischen den Heiligen Jahren zugemauert. Für die Öffnung durch den Papst zu Beginn des annus iubilaeus wird die Mauer abgetragen. Foto: daryl_mitchell from Saskatoon, Saskatchewan, Canada, CC BY-SA 2.0

Während die Glocken zu läuten beginnen, hält der Papst auf der Schwelle der Porta sancta betend inne, bevor er sie zusammen mit Messdienern und Gläubigen durchschreitet. Bis zum Vorabend des Dreikönigsfestes am 6. Januar werden gemäß der Tradition auch die Portae sanctae der drei weiteren päpstlichen Basiliken Roms, San Giovanni in Laterano, Santa Maria Maggiore und San Paolo fuori le mura für die Pilger geöffnet. Ein Jahr später – wieder in den Tagen um das Fest der Heiligen Drei Könige – werden sie sich wieder für Jahrzehnte schließen.

2025 – ein besonders denkwürdiges „annus iubilæus“

Am 6. Januar 2026 wird es nun Leo XIV. sein, der die Heilige Pforte verschließt. Sein verstorbener Vorgänger klopfte noch vor wenigen Monaten an ihre Flügel.

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In diesem besonders denkwürdigen Heiligen Jahr werden bis zu seinem Ende Millionen die Portae sanctae der Ewigen Stadt durchschreiten. Unzählige Pilger werden sich dann bemüht haben, die Bedingungen für den besonderen Ablass des „Jubeljahrs“ zu erfüllen, den die oft beschwerliche Reise nach Rom seit mehr als 700 Jahren verspricht.

Ob sie reich, arm, mächtig, einflussreich oder scheinbar machtlos sind, ist ohne Belang.

Bedeutsam für wahre Pilger ist die Hoffnung, dass ihre Pilgerschaft, ihre Anstrengungen und ihre Gebete in den Augen Gottes Gefallen finden. Eine Hoffnung, die weder Macht noch Geld noch andere Güter je erkaufen können.



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