Deutsche Entdeckung: Die mysteriöse Schönheit der Berliner Nofretete

Nofretete wurde von einer vergessenen Königin zu einer sensationellen Ikone, nachdem ein Deutscher Anfang des 20. Jahrhunderts ihre Büste wiederentdeckte. Doch was wirkt an dieser mysteriösen Frau so anziehend?
Kopie der Büste der Nofretete vor einer Sphinx
Da von Nofretete wenig bekannt ist, ist fast jedes Detail ihres Lebens Gegenstand von Spekulationen und widersprüchlichen Theorien.Foto: John MacDougall/AFP via Getty Images
Von 17. Mai 2025

Die altägyptische Königin Nofretete ist eine weltberühmte Schönheit, eine Stilikone und eine zeitlose Sensation der modernen Kultur. Ihr Leben fasziniert die breite Öffentlichkeit und verwirrt erfahrene Wissenschaftler.

Ihre internationale Berühmtheit der Neuzeit hat ihren Ursprung in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, als ein Kunstwerk entdeckt und ausgestellt wurde: die Nofretete-Büste aus der Zeit zwischen 1351 und 1334 v. Chr. Die Geschichte dieser Statue aus Kalkstein und Gips ergänzt die epische Lebensgeschichte der dargestellten Frau.

Relieffragment mit der Darstellung von Nofretete

Das Relieffragment aus dem Neuen Museum Berlin zeigt Nofretete mit den Strahlen von Aton. Foto: Marcus Cyron, Wikimedia Commons | CC BY-SA 3.0

Nofretete, deren Name in der ägyptischen Sprache „die Schöne ist gekommen“ bedeutet, war die Hauptgemahlin von Pharao Amenophis IV., später Echnaton genannt. Sie kam um 1370 v. Chr. als Teil einer nicht königlichen Familie zur Welt. Die Unklarheit über ihre Abstammung und ihr Geburtsjahr bildete die Grundlage für ein Leben, das rätselhaft blieb.

Nur sehr wenige Aufzeichnungen über Nofretete sind bis heute erhalten. Einige Schriften und Kunstwerke wurden von ihren Nachfolgern absichtlich zerstört, und die erhoffte Entdeckung ihres Grabes erwies sich bisher als frustrierend und nicht erreichbar. Infolgedessen ist fast jedes Detail ihres Lebens Gegenstand von Spekulationen und widersprüchlichen Theorien.

Nofretete – Mitregentin statt bloße Zier

Nofretete und ihr Ehemann waren das ägyptische Herrscherpaar des 14. Jahrhunderts v. Chr. Sie hatten sechs gemeinsame Töchter. Eine davon heiratete später den berüchtigten Tutanchamun, der möglicherweise der Sohn von Echnaton und einer anderen Frau war.

Echnaton war ein reformfreudiger Pharao und Nofretete seine wichtigste Partnerin. Er verlegte den königlichen Hof von Theben in ein Gebiet namens Achet-Aton, was „Horizont des Aton“ bedeutet und in der heutigen ägyptischen Stadt Amarna liegt. Am bekanntesten ist Echnaton jedoch dafür, dass er eine neue Religion einführte und damit die ägyptische Gesellschaft erschütterte.

Karte von Altägypten mit den Städten Gizeh, Alexandria, Sakkara, Memphis und Theben

Echnaton verlegte den königlichen Hof von Theben nach Achet-Aton und führte eine neue Religion ein. Foto: nach PeterHermesFurian/iStock

Statt der bis dato unzähligen Gottheiten sollte nur noch der ägyptische Gott Aton – dargestellt als Sonnenscheibe – verehrt werden. Dies könnte eine frühe Form des Monotheismus gewesen sein, wobei einige Fachleute dies infrage stellen.

Der Pharao legte seinen Geburtsnamen Amenophis IV. ab und nannte sich fortan Echnaton, was übersetzt so viel wie „Aton wohlgefällig“ heißt. Während seiner Regentschaft war Nofretete immer und für alle sichtbar an seiner Seite.

Dies zeigt auch eine Reliefplatte aus der Sammlung des Neuen Museums in Berlin. Der sogenannte Hausaltar war das Herzstück eines heiligen Schreins, auf dem Echnaton, Nofretete und drei ihrer Töchter unter dem Sonnengott Aton abgebildet sind. Entstanden ist das Relief wahrscheinlich kurz nach dem Umzug des Königshofs nach Amarna.

Hausaltar mit Echnaton und Nofretete

Der sogenannte Hausaltar zeigt Echnaton, Nofretete und drei ihrer Töchter unter dem Strahlenaton. Foto: Staatliche Museen zu Berlin, Ägyptisches Museum und Papyrussammlung/Margarete Büsing, CC BY-SA 4.0

Die Kalksteinplatte veranschaulicht Nofretetes Macht und dass sie in mehrfacher Hinsicht ihrem Mann gleichgestellt war. So ist ihre Figur genauso groß dargestellt wie die von Echnaton, und auch ihr Name hat den gleichen Stellenwert wie der von Echnaton. Außerdem schließen die Strahlen des Sonnengottes das Ehepaar ein und Nofretete trägt die markante „hohe Krone“ – einen Kopfschmuck, den nur wenige Göttinnen und Königinnen trugen.

Das Königspaar und Aton

In der neuen Religion bilden das Königspaar und Aton eine göttliche Dreifaltigkeit. Während sich Pharaonen vor Echnaton als ebenbürtig mit den Göttern darstellten, sah sich das Königspaar als Vermittler zwischen Mensch und Gott.

Obwohl das Bild eine intime und zärtliche Familienszene darstellt, finden sich auch politische Symbole auf dem Hausaltar. So ist der Stuhl von Nofretete mit Papyrus und Lotos verziert, was die historische Vereinigung von Ober- und Unterägypten symbolisiert. Auch diese Darstellung war häufig dem Regenten und damit dem Pharao vorbehalten.

In der Tat unterscheidet sich der Stil der Amarna-Kunst deutlich von der älteren ägyptischen Kunst. Statt der statischen Darstellungen sind in der Amarna-Kunst lang gestreckte Figuren mit sichtbaren Hälsen und hohen Wangenknochen sowie Elemente von Naturalismus und Dynamik zu sehen. Auch die Darstellung liebevoller familiärer Beziehungen, wie ein Relief von Nofretete mit ihrer Tochter zeigt, war neu.

Kalksteinrelief der Nofretete, die eine ihrer Töchter küsst, aus dem Brooklyn Museum. Foto: Sailko, Wikimedia Commons | CC BY 3.0

Dieser Wandel in der ägyptischen Gesellschaft und Religion schien nicht jedem gefallen zu haben. Nach dem Ende der Regentschaft von Echnaton und Nofretete machten die nachfolgenden Herrscher alle Reformen rückgängig und führten die alten Traditionen wieder ein. Dabei wurden auch Bildnisse des Königspaares absichtlich zerstört.

Was geschah mit Nofretete?

Noch heute wird die Beziehung zwischen dem Paar und was mit Nofretete nach dem Ende der Regentschaft passierte, von Historikern intensiv untersucht. Lange glaubte man, dass Nofretete nach dem 12. Jahr von Echnatons Amtszeit verschwand, da ihr Name in weiteren Aufzeichnungen fehlte. Die Theorien dafür reichen von ihrem Tod bis zu ihrer Ungnade, weil sie nur Töchter zur Welt brachte oder nicht mehr an den Gott Aton glaubte.

Anfang 2012 wurde jedoch nördlich von Amarna eine Felswand mit einer Inschrift aus dem 16. Jahr der Herrschaft Echnatons gefunden. Sie enthält Nofretetes Namen und bezeichnet sie weiterhin als die „große königliche Gemahlin“.

Die beschädigte Büste von Echnaton, geboren als Amenophis IV. Foto: Staatliche Museen zu Berlin, Ägyptisches Museum und Papyrussammlung/Sandra Steiß, CC BY-SA 4.0

Inzwischen glauben viele Ägyptologen, dass Nofretete ihren Mann überlebte, der im 17. Jahr seiner Regentschaft starb. Ihr weiteres persönliches und politisches Leben ist bis heute ungewiss.

Ihre Grabstätte könnte viele Fragen beantworten, doch sie wurde bislang nicht gefunden. Einige Ägyptologen glauben, dass sie im westlichen Tal der Könige begraben liegt, während andere vorschlagen, dass sich ihr Grab in einer verborgenen Kammer des Grabes von Tutanchamun befindet.

Ein Deutscher „stößt auf Gold“

1907 unterbreitete der deutsche Ägyptologe und Architekt Ludwig Borchardt (1863–1938) der deutschen Orient-Gesellschaft den Vorschlag, die antike Stadt Achet-Aton auszugraben. Der Gründer der Gesellschaft – der Berliner James Simon, ein wohlhabender jüdischer Geschäftsmann und Kunstgönner – gab grünes Licht für das Projekt und finanzierte es allein.

Simon wurde als „der großzügigste Wohltäter, den Berlin je hatte“ bezeichnet. Ein Viertel seines Einkommens spendete er für philanthropische Zwecke. Außerdem schenkte er der Berliner Nationalgalerie Gemälde von Bellini und Rembrandt sowie unzählige kostbare altägyptische Funde.

Simons Name und Verdienst wurde unter dem Diktator Adolf Hitler verunglimpft und geleugnet. Erst in den vergangenen Jahren kam seine tragende Rolle wieder ans Tageslicht und die Staatlichen Museen zu Berlin benannten eine neue Galerie ihm zu Ehren.

Die Entdeckung der Büste war dank des Berliners James Simon möglich, der die Ausgrabung finanzierte. Foto: Gemeinfrei

Die ägyptische Altertumsverwaltung erteilte Borchardts Team eine Grabungsgenehmigung und sie begannen ihre Arbeit im Winter 1911. Zu den ersten Funden gehörten einfache Wohnhäuser, Villen und andere Komplexe. Jeder Bereich wurde nummeriert und jeder Fund in Skizzen und einem Grabungstagebuch dokumentiert. Die größten Schätze fanden die Ägyptologen in „P 47.2“.

Am 5. Dezember 1912 wurde klar, dass es sich bei „P 47.2“ wahrscheinlich um die Werkstatt eines Künstlers handelte – die des Bildhauers Thutmosis. Am folgenden Tag wurde das Team fündig. Sie entdeckten eine bemerkenswert lebensechte, farbenprächtige und gut erhaltene Büste der Nofretete. In Ludwig Borchardts berühmtem Tagebucheintrag heißt es:

Lebensgroße bemalte Büste der Königin, 47 cm hoch. Mit der gerade abgeschnittenen blauen Perücke, die auf halber Höhe noch ein umgelegtes Band hat. Farben wie eben aufgelegt. Arbeit ganz hervorragend. Beschreiben nützt nichts, ansehen.“

Büste der Nofretete im Jahr 1912

Die Büste der Nofretete im Jahr 1912. Foto: Deutsche Orient-Gesellschaft, Wikimedia Commons | CC BY-SA 4.0

Eine wahre Fundgrube

Die Werkstatt des Thutmosis war eine Quelle unglaublicher Kunst. Im selben Raum wie Nofretetes Skulptur befand sich eine Büste von Echnaton. Leider war diese lebensgroße Skulptur nicht in so gutem Zustand. Das Gesicht des Pharaos war absichtlich zertrümmert worden. Der ursprüngliche Zustand wäre majestätisch gewesen, Reste von Farbe und Vergoldung sind noch sichtbar.

Büsten finden sich in weiten Teilen der klassischen Welt. Allerdings sind sie in der ägyptischen Kunst selten, da die Darstellung von Figuren in ihrer Gesamtheit bevorzugt wurde. Es ist möglich, dass beide Büsten einst in einem Tempel oder Palast zur Verehrung des Paares standen. Der dritte wichtige Fund war eine Stele mit der Darstellung von Echnaton und Nofretete.

Am Ende der Ausgrabung fand die vorgeschriebene Aufteilung der Funde nach dem damaligen Standard zwischen den Ausgräbern und Ägypten statt. Die ägyptische Behörde entschied sich für die Stele, die sich heute im Ägyptischen Museum in Kairo befindet. Borchardt und sein Team durften die beiden Büsten des Königspaares zusammen mit anderen Funden mit nach Deutschland nehmen.

Die Büste der Nofretete

Die Büste der Nofretete, ausgestellt im Neuen Museum Berlin. Foto: Magnus Manske, Wikimedia Commons | CC BY-SA 3.0

Die ethischen und rechtlichen Aspekte dieses Übereinkommens sind bis heute umstritten. Der deutsche Anteil ging gemäß den Bedingungen und dem Aufwand der Expedition in den Besitz von Simon über. 1920 vermachte Simon alle Funde einschließlich der Nofretete-Büste dem Ägyptischen Museum Berlin, das heute Teil des Neuen Museums ist.

Nofretete wurde zur Stilikone

Seit 16 Jahren ist die lebhafte Büste der Nofretete in einer eigenen Galerie, dem Nordkuppelsaal des Neuen Museums, ausgestellt. Sie ist 49 Zentimeter groß und wiegt rund 20 Kilogramm.

Die Büste wurde 1924 zum ersten Mal öffentlich ausgestellt und erregte sofort großes Aufsehen. Besucher aus aller Welt waren von ihrer Ästhetik beeindruckt: symmetrische Schönheit, schwanenartiger Hals und hohe Wangenknochen, selbstbewusster Blick und naturgetreue Details wie die feinen Nackenmuskeln. Nofretete wurde schnell zur Ikone, vergleichbar mit da Vincis „Mona Lisa“. Sie wurde überall abgebildet, darunter in Schönheitsmagazinen, Werbeanzeigen und sogar in einem Micky-Maus-Comic.

Von nah und fern kamen die Menschen nach Berlin, um die Büste der Königin zu sehen. Foto: Bundesarchiv, B 145 Bild-F014916-0034 / Wegmann, Ludwig | CC-BY-SA 3.0 DE

Einer der größten Stileinflüsse der Büste waren ihre mit Kajal umrandeten mandelförmigen Augen. Seit dem Museumsdebüt der Büste haben Frauen den Katzenaugen-Look nachgeahmt. In ihrem Buch „Eyeliner: Eine Kulturgeschichte“ beschreibt die Journalistin Zahra Hankir die Wirkung von Nofretete auf den Betrachter wie folgt:

„Bei allen Merkmalen ist die Anziehungskraft der Augen der Königin – umrahmt von dicken schwarzen Linien – unvergleichlich. Die Linien sind perfekt symmetrisch und treffen sich an den Rändern der Augen, um ihr Markenzeichen zu bilden. Aus rein ästhetischer Sicht definiert und erweitert die Zeichnung die Fenster in Nofretetes Seele und verleiht ihnen ein frisches und zugleich sinnliches Aussehen.“

Seitenansicht der Nofretete-Büste

Seitenansicht der Nofretete-Büste. Foto: Magnus Manske, Wikimedia Commons | CC BY-SA 3.0

Schönheit trotz Makel

Den meisten altägyptischen Kunstwerken mangelt es an ausdrucksstarken Emotionen, sodass Nofretetes lebendiges Ebenbild eine Seltenheit darstellt. Die Tatsache, dass die Büste vollständig ist und sich die Makel auf ein fehlendes linkes Auge sowie kleine Schäden an den Ohren und der Krone beschränken, ist bemerkenswert.

Der Künstler hat sich sehr bemüht, das Gesicht mit absoluter Präzision darzustellen, was an den einzelnen schraffierten Augenbrauenhaaren erkennbar ist. Zu den verwendeten natürlichen Pigmenten gehören Ruß, grüne Fritte, roter Ocker und gelbes Auripigment sowie das künstlich hergestellte Ägyptisch Blau. Letzteres ist das älteste bekannte, von Menschen hergestellte Pigment. Die Krone ist von einem Goldband umgeben und mit der königlichen Uräusschlange geschmückt, die für höchste Macht steht.

Schräge Ansicht der Nofretete-Büste

Der Büste fehlt nur die Einlage des linken Auges und kleine Bereiche an den Ohren und der Krone sind beschädigt. Foto: Philip Pikart, Wikimedia Commons | CC BY-SA 3.0

Die Iris und die Pupille des erhaltenen rechten Auges bestehend aus schwarz gefärbtem Bienenwachs, das von einem schmalen Stück geschliffenen Bergkristalls als Hornhaut bedeckt ist. Beim linken Auge fehlt eine entsprechende Einlage. Borchardt und sein Team fanden trotz intensiver Suche das fehlende Teil nicht und auch einen Sockel scheint die Büste nie gehabt zu haben. Das wirft die Frage nach dem Warum auf. Eine einheitliche Antwort haben Historiker bis heute nicht.

Trotzdem bleibt die Büste der Nofretete ein Anziehungspunkt und ihre Schönheit ungebrochen. Wie durch ein Wunder hat die Büste den Sand der Zeit überdauert und so den Test der Zeit grazil und majestätisch überstanden.

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Dieser Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel: „The Enigmatic Nefertiti Bust“. (redaktionelle Bearbeitung kms)



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