„Der (echte) Froschkönig“ – ein Finale, so hart wie das Leben selbst

Wer kennt es nicht, das alte Grimmsche Märchen vom patschnassen, aber verwunschenen Froschkönig und der schönen Prinzessin? Ein Kuss der Holden, so glauben viele, brachte dem Verwunschenen die Erlösung.
Doch nein, es war nicht der Kuss der Prinzessin ins glitschige Grün hinein, der den bösen Fluch zu brechen vermochte. Die wahre Geschichte nahm einen ganz anderen Verlauf.
Der Fluch der leichtfertig angenommenen Hilfe
Den Gebrüdern Jacob und Wilhelm Grimm ist es zu verdanken, dass zahllose mündlich überlieferte Geschichten aus alter Zeit vor dem Vergessen bewahrt wurden – so auch das Märchen „Der Froschkönig“.
Der Ursprung der Geschichte scheint nicht ganz klar zu sein. Als Quelle der mündlichen Überlieferung wird jedoch Marie Elisabeth Wild angenommen, Wilhelm Grimms Schwägerin, die wiederum die in der Region Kassel bekannte Version erzählte.
Doch dem Texte nach entstammt die Geschichte „alten Zeiten, wo das Wünschen noch geholfen hat“. So wenigstens beginnt das gute Stück in den Aufzeichnungen der deutschen Märchensammler.
Alles dreht sich um eine wunderschöne Prinzessin, die unversehens auf die Hilfe eines als „hässlich“ beschriebenen Frosches angewiesen ist – alleinig, um ihr Lieblingsspielzeug, einen goldenen Ball, wiederzuerlangen, der – zufällig oder auch nicht – in dessen Fänge geraten ist.
In ihrer Not geht das Königskind für einen kleinen Gefallen einen weitreichenden Handel ein, von dem es glaubt, ihn gar nicht einlösen zu müssen: den Frosch als „Gesellen und Spielkameraden“ zu nehmen.
Das Machtwort des Königs
Als das Tier schließlich die Einlösung des Versprechens im Schlosse fordert, ist es das Machtwort des königlichen Vaters, welches den Lauf der Geschichte bestimmt: „Was du versprochen hast, das mußt du auch halten …“
Widerwillig fügt sich die Maid und der Frosch sitzt bald schon auf dem Stuhle neben ihr an der Tafel. Doch der Grüne scheint unersättlich in seinen Forderungen und will noch mehr: auf den Tisch und auch noch von ihrem güldenen Tellerchen essen, was sie – auf des Königs Geheiß – widerwillig erdulden muss.
Das Finale im Kämmerlein
Doch auch das genügt dem fordernden „Wasserpatscher“ noch nicht: „Ich habe mich satt gegessen, und bin müde, nun trag mich hinauf in dein Kämmerlein und mach dein seiden Bettlein zurecht, da wollen wir uns schlafen legen.“
Sie weint und will nicht, doch der König befiehlt es: „Wer dir geholfen hat, als du in der Not warst, den sollst du hernach nicht verachten.“
Im Kämmerlein setzt sie den Glitschigen aus dem Brunnenloche angewidert in einer Zimmerecke ab. Doch der will mehr als nur das Eck im Prinzessinnengemach – und als sie „im Bett lag, kam er gekrochen“. Er wolle „schlafen so gut wie du: heb mich herauf, oder ich sags deinem Vater“, droht er der Königstochter.
Doch da ward’s dieser zu viel. Sie schmeißt den Unersättlichen mit all ihrer kleinen Kraft an die Wand, auf dass er dort verenden möge: „Nun wirst du Ruhe haben, du garstiger Frosch.“
Doch siehe da: Die Überraschung des Abends ist perfekt. Der Akt der Auflehnung gegen das aufgezwungene Unsägliche bricht schließlich den Fluch einer bösen Hexe und erlöst einen schönen Prinzen aus dem grünen Kerker.
Am nächsten Morgen ziehen die beiden glücklich in das Reich des Prinzen, der nun „nach ihres Vaters Willen ihr lieber Geselle und Gemahl“ sein sollte.
So die überlieferte Geschichte der Gebrüder Grimm.
Liebeskuss und Reuegang
Während die ursprüngliche Grimm-Erzählung „Der Froschkönig oder der eiserne Heinrich“ genau dieses Ende nahm, veränderten viele Adaptionen in Büchern und Filmen das Märchen zu einem anderen Ende hin.
Mal war es die Idee vom Liebeskuss (zum Beispiel BRD 1954), die zu einem künstlich schönen Happy End führte, gemäß: Erdulde, erdulde, erdulde und wandle dich, denn das Hässliche wird schön sein.
Andere Versionen werteten den Wandwurf des Frosches als moralisches Versagen der Königstochter und schickten sie anschließend auf den Reuepfad. Dabei verwandelte sich das Tier an der Wand zwar in den Prinzen, doch der Fluch wurde nicht vollends gebrochen. Der Jüngling musste gehen und die nun endlos traurige und reumütige Prinzessin machte sich auf den leidvollen Weg, ihn zu suchen und doch noch von dem Zauberbann zu befreien (zum Beispiel DDR-Version).
Kindergeschichte oder Lebensweisheit?
Die Sprachforscher Grimm hatten 1812 die überlieferten „Kinder- und Hausmärchen“ ursprünglich nicht primär für Kinder aufgezeichnet, sondern als wissenschaftliche Arbeit zur deutschen Mythologie und Brauchtumforschung für ein gebildetes Publikum.
So mannigfaltig die Film- und Buchversionen sind, so sind es auch die psychologischen Deutungen des Froschkönig-Themas: von Einhaltung des Versprechens und Erkennen des wahren Wertes hinter dem Äußeren bis hin zur angenommenen sexuellen Initiation eines jungen Mädchens oder der Lösung des Fluchs durch Befreiung von verborgenen Ängsten und anderen Interpretationen.
Folgt man den reinen Fakten, ergibt sich eine klare Linie, die womöglich die Überlieferung einer Art göttlichen Lektion aus alten Zeiten verdeutlichen könnte: ein erzwungener Pakt, geboren aus menschlicher Schwäche; das pflichtbewusste Ertragen des Unerträglichen; ein Finale, erwachsen aus einem vielleicht vorhersehbaren Versagen – und schließlich die Erlösung für die beiden leidenden Protagonisten.
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