Franz Schubert: Vom „Heidenröslein“ und „Ave Maria“ bis zum Piano-Wechselbad der Gefühle

Erinnern Sie sich an Liedtexte wie „Sah ein Knab ein Röslein stehn“ oder „Das Wandern ist des Müllers Lust“? Melodische Gassenhauer von Franz Schubert als Vertonungen ebenso eingängiger Texte großer Lyriker. Unvergessen und weltweit bekannt auch: Schuberts „Ave Maria“ – ursprünglich für eine deutsche Übersetzung eines Gedichts aus einem schottischen Epos komponiert.
Titelbild
Das Franz-Schubert-Monument im Stadtpark von Wien.Foto: iStockphoto/olgalngs
Von 4. September 2025

Franz Schubert (1797–1828) zählte zu den größten Musikern und Komponisten des deutschsprachigen Raums. Doch viel zu früh riss ihn der Tod aus dem Leben. Nur 31 Jahre alt war der österreichische Komponist, als er in Wieden starb, damals ein Vorort von Wien, heute ein Teil der Stadt. Das erste Werk des auch gebürtigen Wieners wird ihm im zarten Alter von 13 Jahren zugeschrieben: eine Klavierfantasie in G-Dur für vier Hände (1810, D.1 – Deutsch-Verzeichnis Nummer 1).

In den darauffolgenden 18 Jahren komponierte der schaffensfrohe Schubert mehrere Sinfonien und Ouvertüren, zahlreiche Kammer- und Klaviermusik, Chormusik, Messen und Bühnenwerke. Seine über 600 Lieder – darunter zahlreiche Vertonungen von Werken namhafter Poeten wie Johann Wolfgang von Goethe, Heinrich Heine, Matthias Claudius oder Friedrich Rückert – brachten ihm den Beinamen „Liederfürst“ ein.

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Einige seiner Lieder sind vielleicht dem einen oder anderen aus Kindheitstagen noch im Ohr: „Die schöne Müllerin“ („Das Wandern ist des Müllers Lust …“) – eigentlich eine Serie von 20 Liedern um eine traurige und unerfüllte Liebe eines Müllergesellen zur unerreichbaren Müllerstochter –, musikalisch umgesetzt nach Gedichten des deutschen Dichters Wilhelm Müller (1794–1827).

Oder eines von Schuberts bekanntesten Kunstliedern: „Die Forelle“ – eine vertonte Ballade über einen schlauen, am Ende aber durch einen Trick betrogenen Fisch nach einem Gedicht von Christian Friedrich Daniel Schubart.

Nicht weniger bekannt sind die Vertonungen von Goethes tragischem „Heidenröslein“ oder des dramatischen „Erlkönig“.

Schuberts „Ave Maria“ – aus einem schottischen Epos

Schuberts weltweit bekanntestes Lied dürfte jedoch „Ave Maria“ (1825) sein. Der Komponist fasste damit ein dreistrophiges Gedicht aus dem schottischen Epos „The Lady of the Lake“ (1810) von Sir Walter Scott in Musik. Der Wiener Komponist arbeitete dabei nicht mit dem englischen Original, sondern mit der deutschen Übersetzung des Werks von Adam Storck („Das Fräulein vom See. Ein Gedicht in sechs Gesängen“).

Das Thema entstammt dem 3. Gesang (Canto, Kapitel) des Epos „The Gathering“ („Die Versammlung“). Darin eingebettet ist folgende Szene, bekannt als „Ellens dritter Gesang“: Die junge Ellen, Tochter des James of Douglas, eines hochrangigen Adligen im Exil, versteckt sich mit ihrem Vater in einer Felsengrotte in den schottischen Highlands vor den Verfolgern. Sie wendet sich in einem Gebet an die Jungfrau Maria und bittet um himmlischen Schutz.

In einem Brief an seinen Vater schrieb Schubert 1825 dazu: „Auch wundert man sich sehr über meine Frömmigkeit, die ich in einer Hymne an die heil. Jungfrau ausgedrückt habe und, wie es scheint, alle Gemüter ergreift und zur Andacht stimmt. Ich glaube, das kommt daher, weil ich mich zur Andacht nie forciere, und, außer wenn ich von ihr unwillkürlich übermannt werde, nie dergleichen Hymnen oder Gebete componiere, dann aber ist sie auch gewöhnlich die rechte und wahre Andacht.“

Franz Schubert gelang es meisterhaft, die emotionale Tiefe und Atmosphäre des Epos sowie die dramatische Lyrik des „damals als literarische Sensation gefeierten“ Walter Scott umzusetzen:

Ave Maria! Jungfrau mild,
Erhöre einer Jungfrau Flehen,
Aus diesem Felsen starr und wild
Soll mein Gebet zu dir hinwehen.
Wir schlafen sicher bis zum Morgen,
Ob Menschen noch so grausam sind.
O Jungfrau, sieh der Jungfrau Sorgen,
O Mutter, hör ein bittend Kind!
Ave Maria!

Ave Maria! Unbefleckt!
Wenn wir auf diesen Felsen sinken
Zum Schlaf, und uns dein Schutz bedeckt,
Wird weich der harte Fels uns dünken.
Du lächelst, Rosendüfte wehen
In dieser dumpfen Felsenkluft.
O Mutter, höre Kindes Flehen,
O Jungfrau, eine Jungfrau ruft!
Ave Maria!

Ave Maria! Reine Magd!
Der Erde und der Luft Dämonen,
Von deines Auges Huld verjagt,
Sie können hier nicht bei uns wohnen!
Wir woll’n uns still dem Schicksal beugen,
Da uns dein heil’ger Trost anweht,
Der Jungfrau wolle hold dich neigen,
Dem Kind, das für den Vater fleht!
Ave Maria!

 

Nach Schuberts Tod 1828 erfuhr die von Anfang an äußerst beliebte Melodie mit ihrer ergreifenden und andächtigen Stimmung noch größere Popularität. Es dauerte nicht lange, bis sie auch Anwendung bei der Vertonung des thematisch ähnlich gelagerten lateinischen Mariengebets der katholischen Kirche fand.

Insgesamt hat Franz Schubert sieben Gedichte aus dem gesamten Epos entnommen und vertont: „Ellens Gesang I“ und „Ellens Gesang II“ aus dem 1. Canto („Die Jagd“), den „Bootsgesang“ aus dem 2. Canto („Die Insel“), „Ellens dritter Gesang“, „Normans Gesang“ und den Totengesang „Coronach“ – alle aus dem 3. Canto des Epos („Die Versammlung“) – sowie das „Lied des gefangenen Jägers“ aus dem 6. Gesang („Das Wachlokal“).

Ein Romantiker mit Lebensfreude

Als bedeutender Vertreter der frühen Romantik baute Franz Schubert eine Brücke von der Wiener Klassik eines Joseph Haydn, Wolfgang Amadeus Mozart oder Ludwig van Beethoven zu den späteren Romantikern wie Robert Schumann, Johannes Brahms, Frédéric Chopin, Franz Liszt oder Felix Mendelssohn Bartholdy.

Mal lyrisch und melodisch, gar melancholisch, mal voller Lebensfreude und Heiterkeit – so zeigte sich Franz Schubert in seiner Musik.

Dieses Wechselbad der Gefühle kommt beispielhaft auch im 1. Satz seiner „Klaviersonate Nr. 4 in a-Moll“ (D. 537) zum Ausdruck. Die Tempoangabe „Allegro ma non troppo“ (schnell, aber nicht zu sehr) lässt erahnen, wie der Komponist schon 1817 meisterhaft mit der Balance spielte.

 



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