Pumuckl – ganz groß

Er ist Kult, der Pumuckl. Zuerst 1962 als Hörspiel im „Bayerischen Rundfunk“ erschienen, basierend auf einer Geschichte von Ellis Kaut, wurde die Verfilmung mit der unverwechselbaren Stimme des inzwischen verstorbenen Hans Clarin ein großer Erfolg.
Am 30. Oktober nun kommt der Familienfilm „Pumuckl und das große Missverständnis“ mit dem neuen Meister Eder in die Kinos. In der Geschichte wie im realen Leben ist der alte Meister Eder alias Gustl Bayrhammer verstorben, und so stand ein Generationenwechsel ins Haus.
„Oh, das reimt sich ja, und was sich reimt, ist gut“
Vor gut zwei Jahren, im Sommer 2023, konnte bereits eine Staffel von 13 Folgen mit dem neuen Meister Eder Premiere feiern, sympathisch verkörpert durch Florian Brückner, der auch im neuen Kinostreifen den Part des Neffen des früheren Schreinermeisters Eder spielt, passenderweise mit dem Namen Florian Eder. Dieser hat die Werkstatt seines Onkels und damit auch den Kobold Pumuckl übernommen.
Maxi Schafroth verleiht ihre Stimme diesem frechen, kleinen, aber liebenswürdigen Wesen. Mittels KI verändert, erklingt die Stimme jedoch vertraut wie eh und je zu Clarins Zeiten, ohne dass sich ein Schauspieler die Stimmbänder ruinieren muss.
Die detailgetreu wiederaufgebaute Edersche Schreinerwerkstatt, ursprünglich in einem Münchner Hinterhaus beheimatet, erfreut in ihrer Gediegenheit und durch den Wiedererkennungseffekt. Das Original ist längst abgerissen, in den 80er-Jahren, inspirierte aber einst die Erfindung der Charaktere, um die sich die Geschichten ranken.
Und genau bei der liegt in der neuen Kinoverfilmung der Hase im Pfeffer. Da Ellis Kaut 2015 im gesegneten Alter von 95 Jahren verstarb, zeichnen für die neuen Geschichten nun Produzent und Drehbuchautor Korbinian Dufter gemeinsam mit Autor Matthias Pacht verantwortlich.

Schreinermeister Florian Eder (Florian Brückner) und Pumuckl (Stimme: Maxi Schafroth) in der Werkstatt. Foto: Constantin Film Distribution/Neue Super
Wo soll’s denn hingehen?
Wohltuend sind Tempo und Erzählstil. Der quirligen, aufgedrehten Art des Pumuckls steht die entspannte, ruhige Weise des jungen Eder gegenüber. Bilder und Kameraeinstellungen geben Zeit, alles in Ruhe aufzunehmen. Wie gewohnt ist die Zeitepoche, in der agiert wird, nicht genau zu definieren, zumindest so lange, bis dann die Regenbogenflagge auf der Bayerischen Staatsoper weht.
Keine Frage, mit den zwei Autoren sind Profis am Werk. Doch gegen Ende beschleicht einen das Gefühl, dass da die Ideologieschere im Kopf der Erzählung ihre Richtung gibt. Doch eins nach dem anderen.
Florian Eder erhält einen Brief von seiner ehemaligen Frau Meisterin, sprich der Ehefrau seines früheren Ausbilders. Dieser ist inzwischen verstorben und seine zurückgebliebene Frau mit dem schönen Namen Burgi lädt Florian Eder ein, zu kommen. Sie habe da eine Aufgabe für ihn.
Durch eine Verquickung von Zufällen begibt sich der junge Schreiner dann tatsächlich in einem herrlich antiquierten Mercedes, im Volksmund auch Ferkeltaxe genannt, vor die Tore Münchens ins schöne bayerische Voralpenland.
Pumuckl auf dem Dorf
Mit großer Freude und Herzlichkeit werden die beiden – denn Pumuckl ist natürlich mit von der Partie – aufgenommen. Das heißt, eigentlich ja nur Florian, denn der Kobold bleibt für die anderen unsichtbar und bringt den jungen Schreinermeister dadurch in allerhand peinliche Situationen, bis dahin, dass sich seine früheren Arbeitskollegen fragen, was aus ihrem Florian in der Großstadteinsamkeit geworden ist.
Das Heilmittel ist die Musik. Sie ermutigen ihren alten Spezi, doch wieder in der Musikkapelle des Ortes mitzuspielen, worauf dieser auch frohgemut eingeht. Dass die traditionelle Kapelle des Dorfes von einer jungen Asiatin dirigiert wird, lässt einen ob der Doppelbödigkeit schmunzeln.
Die Abwesenheit Eders bedeutet für Pumuckl jedoch viel einsame Zeit. Er hat inzwischen die Aufgabe des Maibaumüberwachens übernommen und kann daher nicht mit. So gerät jeder der beiden immer weiter in seine eigene Geschichte.
Florian malt sich aus, wie es wäre, die großzügige Werkstatt seines Meisters zu übernehmen, womit er Burgi einen großen Gefallen täte. Pumuckl hingegen geht voll in seiner Rolle als Maibaumretter auf. Ausstattung und Spiel sind hierbei herzerfrischend.
„Ich schwing mich durch die Lüfte und schlag die Liebe in die Flüchte“
Doch unmerklich, Schritt für Schritt, rutscht die Beziehung zwischen Pumuckl und Meister Eder immer mehr aus dem Verhältnis Kind–Erwachsener in Richtung eines gleichberechtigten Verhältnisses. Spätestens, wenn sich Florian Eder beim Dorffest zu seinem Pumuckl bekennt, manifestiert sich ein Graben zwischen sozialer Gemeinschaft und ihm, der gar nicht sein müsste.
Und noch ein zweites Mal, mit ganz großer Bühne in der Münchner Staatsoper, bei der Eder unfreiwillig auf der Bühne landet bei der Suche nach seinem Pumuckl, wird die Beziehung der beiden wie unter ein Brennglas genommen.
Dieser Erzählstrang hatte sich zuvor durch den Dirigenten Windmahler ergeben, der Eder in seiner Werkstatt aufsucht, um seinen Taktstock reparieren zu lassen. Sein Charakter, dessen Wortwahl von Herrn Mohn aus den Sams-Erzählungen entlehnt sein dürfte – „Ist sie da drinnen? Ja, das ist sie.“ – verkörpert das Klischee des überspannten Künstlers, der jedoch Eder nicht hängen lässt und ihn bei seinem ungewollten Soloauftritt mit dem Orchester musikalisch unterstützt.
Mit der Entscheidung der Geschichte, unter den Ausflug aufs Land einen Haken zu setzen, bleiben viele Fragezeichen. Zuallererst: Wieso kann Pumuckl nicht mit aufs Land kommen, in die neue Werkstatt?
Sicher, die Fans wollen Eder weiter in seiner alten Werkstatt sehen. Doch der entscheidenden Frage wird man sich auch in der alten Werkstatt stellen müssen: Wie entwickelt sich das Leben für einen glaubwürdigen jungen Meister Eder weiter?

Florian Eder (l., Florian Brückner) arbeitet an dem Karussell für den Maibaum und bekommt dabei Hilfe von Burgi (M., Gisela Schneeberger) und Tessa (Stella Goritzki), seiner früheren Arbeitskollegin. Foto: Constantin Film Distribution/Neue Super/Marc Reimann

Florian Eder (r., Florian Brückner) und seine Freundin und Arbeitskollegin Tessa aus alten Tagen (Stella Goritzki) spielen gemeinsam in der Musikkapelle auf dem Maifest des Dorfes. Foto: Constantin Film Distribution/Neue Super/Bernd Schuller
Schöner Schein
Gerade weil der Film durch seine stimmungsvollen Bilder ins Herz geht und der bayerische Dialekt Wärme ausstrahlt, ist es umso schwieriger, sich die versteckten Botschaften hinter der Handlung bewusst zu machen.
Wieso bekommt nicht die von Opern begeisterte ältere Nachbarin die Freikarten für eine Aufführung, sondern ein dreister Bekannter, der sich damit nur vor seiner Freundin profilieren will? Und wieso kann Pumuckl in blinder Eifersucht ein wunderschönes Karussellmodell zerstören, ohne die Konsequenzen tragen zu müssen? Und warum werden die Kinder des Dorfes von der Gemeinschaft für die Maibaumrettung gelobt, obwohl sie es nicht waren und obendrein ein Traktor „ertrinkt“ und der Baum abgebrochen ist?
Die Welt ist offensichtlich ungerecht. Ist das die Botschaft?
Ach ja, und dann gibt es noch diesen unbeholfenen Nachbarn Eders, Herrn Burke. In seinem Auftreten könnte er der Doppelgänger von Herrn Taschenbier vom Sams sein. Zusammen mit Florian Eder läuft er zu Hochform auf und bricht damit eine Lanze für alle Außenseiter dieser Welt. Denn es geht nur gemeinsam. Das ist sicher.
[etd-related posts=“5264138″]

Herr Burke (l., Matthias Bundschuh) und Florian Eder (r., Florian Brückner) versuchen, unauffällig in die Oper zu gelangen. Foto: Constantin Film Distribution/Neue Super/Marc Reimann

Das Münchner Paar Herr (Maxi Schafroth) und Frau Lammblau (Katrin Röver) machen Kurzurlaub auf dem Land. Sie sächselt und hat ihren Schweizer Ehemann unter der Fuchtel, in dieser Kombination durchaus neu. Später dienen sie Pumuckl unwissentlich als Taxi. Foto: Constantin Film Distribution/Neue Super/Marc Reimann






















vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion