Basketball: Eine Sportart aus dem Geiste der Religion

Bei Basketballspielen denkt man an Spiellaune, Kampfstärke und Wendigkeit der Spieler, an die abgelaufene Spielsaison, an Siege und Niederlagen. Doch wer denkt schon an die religiöse Wurzel, die vor über 150 Jahren zur Entstehung des Basketballspiels führte?
Sport und Spiel haben oft religiösen Charakter. Auch der Beginn der Olympischen Spiele im Alten Griechenland war mit einer religiösen Zeremonie verbunden. Heute wird die Eröffnungsfeier oft zum fröhlichen Ereignis, das bei Entzündung des olympischen Feuers einen Hauch von Feierlichkeit, von religiöser Erhebung vermittelt.
Wie weit ist das körperliche Kräftemessen, der Wettbewerb zwischen Menschen überhaupt religiös erklärbar? Heute ist es selbstverständlich, dass religiöse Menschen auch Sport treiben, dass Sport zu einem integrativen Bestandteil des täglichen und auch des kirchlichen Lebens geworden ist.
Wir erinnern uns an den „fliegenden Pastor“ Bob Richards, der in Helsinki 1952 und Melbourne 1956 im Stabhochsprung siegreich war, oder an den Zehnkampf-Olympiasieger Rafer Johnson, der sich ganz bewusst als religiöser Mensch verstand. Dass es einen Eishockeytrainer in den USA gab, der in religiösem Gewand an der Bande seine Jungs anfeuerte, sei nur der Vollständigkeit halber erwähnt.
Christliche Werte im Sport
Doch dann gab und gibt es auch die Bemerkung: „Christentum bedeutet Leibfeindlichkeit.“ Wir kennen aber auch Turnvater Friedrich Ludwig Jahn, der im 18. Jahrhundert die Turnerei zur Grundbedingung für ein deutsches Nationalbewusstsein machte und ein ausgesprochen religiöser Protestant war.
Heute ist die Bedeutung der Leibeserziehung für die Gesamtentwicklung der Menschen und der menschlichen Gemeinschaft unbestritten. Gemeinsamkeiten zwischen Sport und Religion wurden entdeckt und werden auch in unseren Tagen gewürdigt. Gerade das Thema Doping berührt ethische und sportliche Belange, spricht die Menschenwürde und die Fairness an.
Wenn wir uns diesem Thema zuwenden, so können wir auch ein Bibelzitat anführen, das gerade im Fall des Dopings richtungsweisend ist: „Wisst ihr nicht, dass eure Leiber die Glieder Christi sind? Wisst ihr nicht, dass eurer Leib der Tempel des Heiligen Geistes ist?“ (1. Kor. 6,15.19)
Damit wird die Einheit von Geist und Leib deutlich, die besondere Verantwortung des Menschen für seinen Leib gefordert. Überhöht aufgefasst heißt Sporttreiben dann nicht nur Lockmittel für Sensationen und Rekorde, sondern Vollendung des Willens Gottes, ganzheitlich zu leben.
Jüngere Männer sollten auf den Sportplatz – nicht in die Kneipe
Von solcher Vorstellung geprägt wurde vor fast 170 Jahren anlässlich der ersten Weltausstellung in Paris 1855 für die Entwicklung des Sportes, für die Hinwendung der Kirchen zum Sport eine richtungsweisende Entscheidung getroffen.
Hier begegneten sich zahlreiche junge Männer verschiedener Nationen, um die 1844 in den USA gegründete Organisation Christlicher Verein Junger Männer – Young Men’s Christian Association (CVJM/YMCA) auf einer internationalen Bühne vorzustellen.
Die besten Mittel, junge Männer davon „abzuhalten, gleichgültig, gedankenlos, gottlos zu werden, sei, sie einzubinden in Vereine, sie in Turnhallen und Schwimmbädern“ zu beschäftigen. Gegenüber den „gottlosen Vergnügungsstätten der Stadt“ – sprich Bars und Kneipen – sollten von christlichem Geist erfüllte Einrichtungen geschaffen, quasi „christliche Turnhallen und Sportstätten“ gebaut werden.
Erich Geldbach schreibt treffend: „Die christliche Turnhalle ist zugleich als Lockmittel und als Schutzwall gegen den sittlichen Verfall der Jugendlichen gedacht.“ („Sport und Protestantismus“, 1975) Das bewusste Kräftemessen untereinander sollte in Mannschaftssportarten durchgeführt werden.
Fußball war im 19. Jahrhundert höchstens in den Anfängen, Handball ebenfalls kaum bekannt, sodass man auf die Idee kam, eine besondere Mannschaftssportart zu entwickeln, in der die religiösen Kriterien vorbildlich erfüllt werden konnten:
- Die Bereitschaft, das Wohl der Mannschaft über den persönlichen Ehrgeiz zu stellen.
Unterordnung eigener Gefühle unter ein Ziel. - Regeln anzuerkennen und eine Niederlage mit Anstand anzuerkennen und höflich zu gewinnen.
- Aufmerksamkeit, Gewandtheit, Geschicklichkeit und Schnelligkeit soll das Spiel vermitteln, Körperkontakt muss vermieden werden.
Die Geburt von Basketball
Der Arzt Dr. Luther Halsey Gulick, Lehrer am Springfield College, Illinois, und sein Schüler James Naismith überlegten, wie sie diese Prinzipien in einem Mannschaftsspiel unterbringen könnten. Sie waren entschlossen, eine Sportart zu erfinden, die den besonderen im YMCA „bestehenden sittlichen Erfordernissen Rechnung“ trug, wie Gulick forderte. Ein Mannschaftsspiel sei ein „Laboratorium zur Entwicklung menschlicher Eigenschaften“, das einen kompetenten Trainer braucht, der sich als Christ versteht und die genannten Eigenschaften vermitteln könne.
Der Hausmeister des Colleges stellte zwei Pfirsichkörbe – „baskets“ – zur Verfügung, in die man im Wettbewerb untereinander den Ball werfen musste, ohne den anderen Spieler zu berühren. Doch da die Körbe nach unten geschlossen waren, musste man bei jedem Treffer eine Leiter holen, um den Ball aus den in etwa 2,50 Meter Höhe befestigten Körben zu holen. Was war einfacher als dies: Man schnitt die Körbe unten auf, sodass der Ball jedes Mal herausfallen konnte. Das Basketballspiel war geboren.
Quasi als Nebenprodukt dieser neuen Sportart wurde noch das Volleyballspiel erfunden. Denn da Basketballspielen sehr kräftezehrend ist, fordert es eine ausgezeichnete körperliche Verfassung der Spieler, was nur in jungen Jahren möglich ist. Die älteren Jahrgänge sollten sich deshalb mit einem Spiel zurechtfinden, in dem auch einige Regeln des Basketballs gelten sollten, das aber die direkte Konfrontation Spieler gegen Spieler vermied. Das neue Spiel hieß Mintonette und erhielt 1895 den Namen „Volleyball“.
Für Gulick formten diese neuen Sportarten den ganzen Körper, sodass er von „all-round athletics“ sprach. Gleichzeitig verkündete er, dass sich unfaires Verhalten nicht mit der christlichen Ethik vereinbaren ließe. Sport sei deshalb nicht Endzweck, sondern ein Mittel, um die jungen Männer mit dem „lebendigen Christus“ zu konfrontieren. In diesem Sinne sollte der Sportbetrieb eine religiös-soziale Funktion erhalten.
John R. Mott, Friedensnobelpreisträger von 1946 und einer der führenden Köpfe der Bewegung YMCA, hat während des Zweiten Weltkrieges das Ziel so umschrieben: „Wenn das Reich Gottes auf dieser Welt errichtet werden soll, dann müsse es auch das Körperliche der Männer und Knaben der Völker umfassen.“ Christus habe den Leib nicht nur geheiligt, was den christlichen Glauben entscheidend von allen anderen Religionen abhebe, sondern er wohne in uns.
Deutsche und undeutsche Sportarten
Auch zu Beginn der Turnbewegung in Deutschland haben religiöse Beweggründe prägend gewirkt. Wie Turnvater Jahn schon zu Beginn des 19. Jahrhunderts gefordert hatte, führt die körperliche und geistige Fitness zum nationalen kämpferischen Einsatz und damit zum Dienst an Gottes Schöpfung, eben: frisch, fromm, fröhlich, frei!
Doch bald unterschied man zwischen deutschen und undeutschen Sportarten. Mit dem „englischen“ Fußballspiel gab es kaum Probleme, aber mit dem „amerikanischen“ Basketballspiel. Dieses solle man ablehnen und dafür die nationaldeutschen „viel edleren Spiele wie Faustball, Schlagball, Schleuderball“ üben.
Auf dem Reichsturntag in Nürnberg 1927 wurde verkündet: „Auf amerikanischem Boden erklimmen Wolkenkratzer den Himmel und hetzt das Auto durch die Landschaft […] Jetzt wird dort der Wettkampf zur Schaustellung, wo Zehntausende das begaffen, was einige Dutzende vorführen. Da zieh dir nur die Zipfelmütze über die Ohren, du deutscher Michel, und merke nichts davon, wie fremdes Wesen dir dein deutsches Turnen schändet. Entfesselt deutsches Turnen. Führt es Jesus Christus, dem Befreier, zu!“
Damit begann man in Deutschland, die Idee der Verbindung von Christentum und Sport „vaterländisch“ zu „vervollkommnen“. Dem Basketballspiel in den USA wurde nur noch kapitalistische Profitgier unterstellt: Die Spieler wurden bezahlt, schwitzten für Geld und nicht zum Lobe Gottes und seiner menschlichen Schöpfung.
Die 1925 gegründete deutsche „Eichenkreuzbewegung“ im CVJM verkündete denn auch unter Anlehnung an Kor. 6: „Ist unser Herz auch ungeteilt auf Gott gerichtet? Nur dann könnte unser Spiel ein Mittel werden, unsere jungen Leute zum Heiland zu führen.“ Nicht die USA, sondern Deutschland ist nun der wahre Träger der religiösen Sportidee des YMCA/CVJM. Der beginnende Antiamerikanismus der Weimarer Republik sorgte zusätzlich dafür, dass das Basketballspiel als undeutsche Mannschaftssportart denunziert wurde.
Doch bald ist es auch mit der religiösen Verpflichtung des nationalen Sports in Deutschland zu Ende. Sie wird nur noch im Sinne der Unterstützung nationalistischen Überschwangs gedacht. 1934 wird der CVJM dem protestantischen Reichsbischof Müller zugeführt: „Die Eichenkreuzführerschaft stellt sich dem Volkskanzler Adolf Hitler zur Verfügung. Sie gelobt ihm den Einsatz aller Kräfte zur Ertüchtigung der deutschen Jugend nach Leib, Seele und Geist. Erfassung jungen Lebens in der Gesamtheit bis in die Tiefe der Gottesgemeinschaft hinein […].“
Doch dies war eine Unterwerfung unter den säkularen Führer und nicht unter die Idee der Achtung und Pflege des Körpers als Gottes Geschöpf. Längst waren die Ideale der Gründer des Basketballspiels vergessen.
Nur zu verständlich ist es deshalb, dass unter dem Eindruck des fürchterlichen Blutvergießens im Zweiten Weltkrieg und geprägt von der Bereitschaft, den amerikanischen „Way of life“ anzunehmen, das „amerikanische“ Basketballspiel in der Bundesrepublik Deutschland immer mehr bewundert wurde. Es sei nur an die ausverkauften Gastspiele der Harlem Globetrotters in den 50er- und 60er-Jahren erinnert. Heute denkt wohl keiner mehr daran, welche religiösen Motive einst die Hand zum Ball führten.
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