Michael Andrick schreibt vom Übergang in eine repressive Gesellschaft

Der Autor und Philosoph Michael Andrick präsentiert mit dem Buch „Ich bin nicht dabei – Denk-Zettel für einen freien Geist“ eine Sammlung von Texten gegen die Angepasstheit.
Titelbild
Der Philosoph und Autor Dr. Michael Andrick.Foto: Matthias Kehrein/Epoch Times
Von 29. Mai 2025

Es gibt Begriffe, die einfach verbrannt sind, die ich ganz persönlich aus meinem Vokabular gestrichen habe. Solidarität ist ein solches Wort, mit dem ich nur noch das kollektive geistige Gefängnis während der Corona-Pandemie verbinde. Freiheit war an solidarisches Verhalten geknüpft, wer frei sein wollte, musste sich impfen lassen, ansonsten drohte gesellschaftliche Ächtung.

Von regierungsfreundlich bis „unerbittlich“ kritisch

In Michael Andricks neuem Buch „Ich bin nicht dabei – Denk-Zettel für einen freien Geist“ kommt das Wort „Solidarität“ oder „solidarisch“ mehrfach vor. Solidarität bedeutet für den Philosophen, eine Angepasstheit zu leben, auf die er sich nicht einlassen möchte. Das wird bereits im kurzen Vorwort deutlich, in dem er schreibt, dass ihm das „bedenkenlose Mitgehen mit den Anderen“ vereitelt worden sei, und zwar schon sehr früh in seinem Leben. Diese „Gnade des Elends“ habe ihn seit 25 Jahren die „Erkenntnis meiner selbst, der Anderen und unseres Schicksals“ ergründen lassen.

In dem Prolog beschreibt er sein Werk als eine Sammlung aus Essays eines breiten politischen Spektrums. Dieses reicht von sozialistisch bis erzkonservativ, von regierungsfreundlich zu „unerbittlich“ regierungskritisch. Es sind Texte, die bereits in verschiedenen Publikationen erschienen sind.

Im Essay „Die Abschaffung des Anderen“ beschäftigt sich Andrick beispielsweise mit den „moralischen Säuberungsritualen“ an Kulturgütern. Bibliotheken verbannen missliebige Bücher aus den Regalen, in Klassikern der Literatur lassen manche Verlage Wörter oder Passagen verändern, um sie dem Zeitgeist anzupassen.

Andrick weist darauf hin, dass die Kontrolle von Sprache und Ausdrucksweise nichts anderes als die Kontrolle von Gedanken und Verhalten ist. Das wirke sich auf die ganze Gesellschaft aus – teilweise heute schon mit wahrscheinlich kaum mehr reparablen Konsequenzen. Denn das Moralisieren von Sprache, das Erheben von bisher alltäglich genutzten Wörtern, Sätzen oder Redewendungen seien hervorragend geeignete Mittel zur Spaltung.

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Moralisch bereinigte Sprache

Wir erleben das oft im Alltag. Wer sich der moralisch bereinigten Sprache nicht bedienen möchte, spricht anders mit denen, die sich bei der Umerziehung einreihen und mitmachen. Vielleicht übt der Widerspenstige Vorsicht und Zurückhaltung. Vielleicht vermeidet er den Kontakt und gibt sich nur noch mit Gleichgesinnten ab. Das ist fatal für den gesellschaftlichen Diskurs und die Meinungsvielfalt. Andrick fordert daher ein Ende der Kulturkorrektur, „damit wir nicht das Andere in der Kultur und damit die Grundlage neuer Einsichten und letztlich unsere Kritikfähigkeit und Kreativität abschaffen.“

Andrick spricht auch von einem „totalitären Projekt“, dessen Ziel es ist, Menschen „systematisch auf bestimmte Wertvorstellungen, Gedanken- und Verhaltensvorlieben“ einzuschwören. Das Andere werde „intellektuell nicht mehr gebraucht, weil die Wahrheit Relativierungen an irgendetwas nicht nötig hat und ihre selbsternannten Wächter solche auch nicht gern dulden mögen“.

Der Philosoph macht klar, dass eine Gesellschaft ohne die Fähigkeit zur inhaltlichen Auseinandersetzung verkümmert. Die Konsequenzen wären verheerend, denn wenn sich ein großer Teil ohne einen Hauch von Erkennen und Reflexion dieser sprachlichen Umerziehung unterwirft, ist es nur eine Frage der Zeit, bis der aufsässige Rest weitgehend ausgestorben ist.

Konsequente Verengung des Meinungshorizonts

Wie wir täglich erleben, unterstützen die Mainstream-Medien die neuen Moralpädagogen eifrig bei ihrer Arbeit. Sie sorgen mit ihrer konsequenten Verengung des Meinungshorizonts dafür, dass der Raum für kreative Diskurse vielfach bereits geschlossen ist. Wir haben das während der Pandemie gesehen, als kritische Stimmen zu Talkshows gar nicht erst eingeladen wurden.

Auch das sprachlich aggressive Verhalten gegen jene, die eine andere Meinung zu den Ursachen des Krieges zwischen der Ukraine und Russland hatten, fand urplötzlich und fast wie selbstverständlich Einzug in den alltäglichen Sprachgebrauch von Journalisten.

So war es vollkommen normal, die Besucher eines Vortrags des Schweizer Historikers Daniele Ganser als „Schwurbler“ zu bezeichnen. Und inflatorisch hielt das Adjektiv „umstritten“ Einzug in den alltäglichen Sprachgebrauch. Es stigmatisiert alle, die anders sind, die es wagen, sich ihre eigenen Gedanken zu machen und diese zu allem Überfluss auch noch äußern.

Wie man aus den vorhergehenden Absätzen erkennen kann, sind Andricks Texte fähig, beim Leser viele Gedankengänge auszulösen. Sie bringen Erinnerungen hervor, sensibilisieren für das, was im Alltag passiert und bei aller Reizüberflutung oft schnell wieder in Vergessenheit gerät.

Das Gendern muss geächtet werden

In seinem Essay „Die Sprache ,gerecht‘ machen“, zu finden im Kapitel „Herrschen“, bezeichnet der Philosoph die längst in Gang gesetzte Umformung in eine „diskriminierungsfreie“ Sprache als ein „Element des Übergangs einer offenen zu einer geschlossenen, einer liberalen zu einer repressiven Gesellschaft“. Die „ideologische Sprachkorrektur“ sei aus „moralischer Niedertracht geborene politische Heimtücke, die in ebenso diktatorischem wie totalitärem Geist ausgeübt wird“.

Das Gendern, so heißt es im Buch weiter, „muss mit allen anderen ideologischen Sprachmanipulationen sozial geächtet und in öffentlichen Institutionen dienstvorschriftlich verboten werden. Es schadet dem Gemeinwohl, indem es die Grundlage offener Diskussionen freier Menschen untergräbt: die gemeinsam und sicher beherrschte Sprache“.

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Das Buch schließt mit einem kurzen Gedicht Andricks, das dem Buch auch seinen Titel gegeben hat. In dem Gedicht geht er der Frage nach, ob er ein „guter Mensch“ ist, weil er doch meist das denkt, was andere nicht gutheißen. Nun aber den eigenen Ansichten untreu zu werden, um in der Masse aufgenommen zu werden, ist nicht sein Weg. Daher gilt: „Ich werde nicht ,gut‘, ich halte mich frei; ich werde nicht ,gut‛, ich bin nicht dabei.“

Andricks neuestes Werk appelliert an eine freie Welt der Gedanken und Meinungen. Es lädt zur Auseinandersetzung mit seinen Texten ein – für Kritiker wie auch Befürworter der Maßnahmen und Entwicklungen der vergangenen Jahre. Der gespaltenen Gesellschaft bietet er Mittel zur Einigung über den Diskurs an. „Ich bin nicht dabei“ ist ein Buch, das das Dabeisein wieder ermöglicht, weil es über die Auseinandersetzung mit seinen Inhalten vereinen kann – so man wieder lernt, andere Meinungen zu akzeptieren, ohne Gräben zu ziehen.

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers oder des Interviewpartners dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.



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