Ähnlich wie CO₂-Abgaben: EU erwägt, Kondensstreifen zu besteuern

In Kürze
- EU nimmt jährlich durch CO₂-Zertifikate knapp 3 Milliarden Euro ein.
- Nicht-CO₂-Emissionen sollen mindestens genauso klimaschädlich wie CO₂-Ausstoß sein.
- Vorbereitungen zur Besteuerung von Kondensstreifen laufen.
- Airlines sollten klimaoptimierte Flugrouten wählen.
- Längere Flüge bedeuten mehr Einnahmen über CO₂-Zertifikate.
Airlines müssen seit 2012 nach dem EU-Emissionshandelssystem (EU-ETS) für jede Tonne CO₂, die sie ausstoßen, ein Zertifikat kaufen. Seit 2018 gilt das auch für alle Starts und Landungen innerhalb der EU. Dies ist zum florierenden Klimageschäft geworden. Brüssel bekommt laut einem Bericht der „Welt“ jährlich 2,9 Milliarden Euro durch den CO₂-Zertifikatehandel von Airlines.
Einnahmen durch CO₂-Zertifikate
Die Luftfahrt zahlt zwar weniger als große Industrie- oder Energiesektoren, unter anderem weil sie zum Schutz ihrer Wettbewerbsfähigkeit teilweise kostenlose Zertifikate erhält. Wer am Ende zahlt, sind aber nicht die Fluggesellschaften. Die Kosten, die sie haben, werden in der Regel über die Ticketpreise an Passagiere weitergegeben.
Die Einnahmen aus dem Emissionshandel fließen überwiegend in den EU-Haushalt und werden von den Mitgliedstaaten zweckgebunden für Klimaschutzprogramme, die Förderung erneuerbarer Energien sowie für Projekte wie die Energiewende eingesetzt.
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Kondensstreifen am Himmel als Klimakiller
Nach dem CO₂ hat die EU jetzt einen neuen Übeltäter entdeckt: Kondensstreifen, auf Englisch „contrails“ genannt. Seit Anfang 2025 müssen europäische Fluglinien Flugdaten erfassen, anhand derer sich nachvollziehen lässt, inwieweit sich bei Flügen Contrails bilden.
Diese silbernen Streifen entstehen, wenn die heißen und feuchten Abgase von Flugzeugtriebwerken in kalter Höhenluft zu feinen Eiskristallen gefrieren. Enthalten sind dann auch Rußpartikel und andere Verbrennungsprodukte.
Nicht gemeint sind die sogenannten Chemtrails, also das Versprühen von Partikeln in die Atmosphäre, um Geoengineering zu betreiben. Die Existenz der umstrittenen Technik, die von vielen Medien als Verschwörungstheorie abgetan wird, hat die Schweizer Bundesrätin Simonetta Sommaruga in einem Interview 2019 bestätigt und kritisiert.
Kondensstreifen können tagsüber Sonnenlicht ins All zurückwerfen und so kühlend wirken. Sie verhindern aber auch, dass Wärmestrahlung von der Erde ins All entweicht.
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Erfassungssystem bisher nicht intakt
Um dem Treibhauseffekt und damit dem Klimawandel entgegenzuwirken, will die EU nun durch eine Reform des Emissionshandelssystems auch sogenannte Nicht-CO₂-Effekte erfassen. Dazu gehören Stickoxide und Schwefeldioxid und vor allem die Kondensstreifen.
Ab dem 1. Januar 2025 müssen alle Fluggesellschaften innerhalb Europas ihre Nicht-CO₂-Auswirkungen nach Brüssel melden. Die EU wird die gesammelten Daten auswerten und bis Ende 2027 prüfen, ob Kondensstreifen und andere Nicht-CO₂-Emissionen in das EU-Emissionshandelssystem aufgenommen werden sollen.
Die Daten sollen in dem EU-System NEATS eingegeben werden. Die Abkürzung steht für „Non-CO₂ Aviation Effects Tracking System“. Es soll die Klimabelastung durch Contrails in CO₂-Äquivalente umrechnen, um dann bei den Airlines im Rahmen des Emissionshandels zu kassieren. Allerdings ist das System noch gar nicht einsatzbereit, weswegen der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) eine Aussetzung der Berichtspflichten fordert.
Vorbereitung von langer Hand
Die Idee, Kondensstreifen – also die Nicht-CO₂-Effekte der Luftfahrt – stärker zu regulieren, ist schon älteren Datums.
Im November 2020 beauftragte die Europäische Agentur für Flugsicherheit eine umfassende Analyse zu Nicht-CO₂-Effekten. Das Ergebnis: Die kombinierten Klimaauswirkungen von Nicht-CO₂-Emissionen sollen mindestens genauso klimaschädlich wie der CO₂-Ausstoß sein. Wissenschaftsjournalist „Telepolis“, dass Kondensstreifen etwa 35 Prozent der Gesamtauswirkungen des Luftverkehrs auf den Klimawandel ausmachen.
Die neue Kondensstreifendokumentationspflicht ist möglicherweise nur der erste Schritt. „Wir wissen, dass in Brüssel schon an einer Bepreisung der Nicht-CO₂-Effekte gearbeitet wird“, so Joachim Lang, Hauptgeschäftsführer des Luftfahrtbranchenverbands BDL, in der „Welt“ (hinter Bezahlschranke).
Länger fliegen für das Klima
Da Kondensstreifen nur in bestimmten Wetterzonen entstehen, gibt es die Idee, dass Flugzeuge die dafür anfälligen Bereiche in der Atmosphäre umfliegen. So soll die unerwünschte Wolkenbildung vermieden werden.
Ob dies tatsächlich sinnvoll ist, kann momentan niemand mit Gewissheit sagen, denn Umwege führen zu höherem Treibstoffverbrauch und somit zu höheren CO₂-Emissionen. Lufthansa, Condor, Tuifly und DHL hatten im vergangenen Jahr, also vor Beginn der EU-Meldepflicht, testweise 100 reguläre Flüge auf Umwege um Gebiete geschickt, die laut meteorologischen Daten gerade optimale Bedingungen für Kondensstreifenentstehung hatten: niedrige Lufttemperaturen und hohe Wasserdampfkonzentration.
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Klimaoptimierte Flüge
Diese Umroutungen sind kein einfach umzusetzendes Unterfangen, da viele Aspekte hineinspielen. Zudem fehlen laut Michael Hopp, der bei der Lufthansa-Gruppe für die strategische Luftraumentwicklung verantwortlich ist, vor allem nachvollziehbare und valide Auswertungsergebnisse.
Nach einer Umroutung bleibe am Ende nicht beweisbar und damit unklar, so Hopp, „ob wir tatsächlich einen Kondensstreifen vermieden haben“. Damit bleibe genauso unklar, ob das Umfliegen so einer Zone dem Klima letztlich überhaupt nutzt oder am Ende mehr schadet. Sicher sei hingegen nur ein höheres CO₂-Aufkommen durch einen verlängerten Flug, der einen Umweg nimmt.
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Viele unwägbare Aspekte spielen zudem hinein. Eine Contrailzone, die aufgrund ihrer Bedingungen umflogen werden soll, ist kein feststehender Block. Diese Wetter- und Temperaturfelder sind dynamisch und können sich während des umgerouteten Fluges selbst bewegen oder in ihren Bedingungen ändern.
In der Praxis ist ein weiteres Problem der beengte europäische Luftraum mit seinem hohen Verkehrsaufkommen. Dieses ist mit einer dynamischen Wetterlage und Verspätungen auch ohne Umroutungen oftmals eine logistische Herausforderung. Bei zusätzlich eingebauten Umwegen könnte das fein abgestimmte und aufeinander aufbauende Flugsystem kippen – Chaos wäre vorprogrammiert.
Längere Flüge bedeuten nicht nur mehr CO₂, sondern auch mehr CO₂-Zertifikate und damit höhere Kosten für die einen und mehr Einnahmen für die anderen.
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