Alle reden über Sicherheitsgarantien – und jeder meint etwas anderes

Die sogenannte Koalition der Willigen, etwa 30 überwiegend europäische Staaten, will am Donnerstag in Paris und per Videoschalte über Sicherheitsgarantien für die Ukraine im Fall eines Waffenstillstands mit Russland beraten. Darunter verstehen aber längst nicht alle dasselbe. Ein Überblick:
Ukraine
Die Ukraine hat das größte Interesse an möglichst starken Sicherheitsgarantien. Um diesen Forderungen Nachdruck zu verleihen, kam Präsident Wolodymyr Selenskyj bereits gestern nach Paris, am Vorabend des Treffens der Koalition.
Die Ukraine setzt insbesondere auf die Präsenz internationaler Soldaten, die einen Waffenstillstand absichern sollten. Bis es so weit ist, ist sie auf weitere massive Unterstützung der eigenen Armee angewiesen.
Russland
Russlands Präsident Wladimir Putin lehnt den Einsatz ausländischer Soldaten in der Ukraine vehement ab. Der russische Außenminister Sergej Lawrow pocht seinerseits auf eine Beteiligung Moskaus an der Gesprächen über Sicherheitsgarantien für die Ukraine.
„Eine ernsthafte Diskussion über Sicherheitsgarantien ohne die Russische Föderation ist eine Utopie“, hatte Lawrow im August betont.
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Deutschland
Deutschland will sich an den Sicherheitsgarantien beteiligen. In welcher Form dies genau geschehen soll, ist offen. Vizekanzler Lars Klingbeil (SPD) bekräftigte bei seinem Besuch in Kiew in der vergangenen Woche, dass die Ukraine jährlich neun Milliarden Euro aus Deutschland erhalten solle.
Insbesondere geht es um eine Stärkung der ukrainischen Luftverteidigung und ihrer offensiven militärischen Fähigkeiten, hieß es aus Berliner Regierungskreisen gegenüber der Nachrichtenagentur AFP in Berlin.
Geplant ist demnach bei der deutschen Unterstützung für die Luftverteidigung ein Zuwachs von 20 Prozent pro Jahr mit Blick auf die Zahl der Waffensysteme und deren Effektivität – entsprechende Informationen des „Spiegel“ wurden AFP aus Regierungskreisen bestätigt.
Die Bundesregierung hat seit Kriegsbeginn nach eigenen Angaben zivile Unterstützung für die Ukraine in Höhe von rund 34 Milliarden Euro und militärische Unterstützung in Höhe von rund 38 Milliarden Euro geleistet oder für die kommenden Jahre bereitgestellt. Deutschland ist damit nach den USA weltweit der zweitwichtigste Unterstützer der Ukraine.
Zur Frage, ob Bundeswehrsoldaten in die Ukraine entsandt werden sollten, äußert sich Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) zurückhaltend. Dies könne erst beantwortet werden, wenn es einen Waffenstillstand gebe, betont er, zeigt sich aber grundsätzlich skeptisch.
Eine Entsendung noch vor Abschluss eines Waffenstillstands schließt er aus. Und selbst danach habe er „erhebliche Vorbehalte“, sagte Merz am Dienstag. Konkrete Pläne zur Entsendung von Soldaten gebe es derzeit nicht.
Außenminister Johann Wadephul (SPD) hatte zudem auf die begrenzten Kapazitäten der Bundeswehr hingewiesen. Eine Stationierung deutscher Soldaten in der Ukraine würde die Bundeswehr „voraussichtlich überfordern“, sagte er.
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USA
US-Präsident Donald Trump hatte bei dem Ukraine-Gipfel in Washington im August Sicherheitsgarantien vorgeschlagen, die sich am Beistandsartikel 5 des Nato-Vertrags orientieren sollten. Die Entsendung von US-Soldaten schloss er definitiv aus. Die USA seien aber vermutlich bereit, Unterstützung aus der Luft zu leisten, wenn die Koalition der Willigen Bodentruppen entsende.
EU
Nach Angaben von EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen hat die EU bereits „ziemlich präzise Pläne“ für einen möglichen Einsatz multinationaler Einheiten in der Ukraine. Es gebe einen klaren Fahrplan dazu, sagte sie vergangene Woche der „Financial Times“. Trump habe zugesichert, dass es dafür einen „backstop“, eine nicht näher definierte Absicherung, durch die USA gebe.
Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas betonte ihrerseits, dass westliche Friedenstruppen gut ausgerüstet sein müssten und in der Lage sein sollten, „sich verteidigen zu können“. Die westlichen Soldaten sollten jedoch nicht die Waffenstillstandslinie überwachen. Dies bleibe die Aufgabe der ukrainischen Armee.
Frankreich
Nach französischer Darstellung umfassen die westlichen Sicherheitsgarantien drei Elemente: in erster Linie die Unterstützung der ukrainischen Armee; an zweiter Stelle steht die Koalition der Willigen, die auch Bodentruppen entsenden soll; diese sollen wiederum durch die USA abgesichert werden.
„Eine Abschreckung in mehreren Stufen“, so heißt es im Elysée. Die westlichen Bodentruppen sollten in erster Linie ein Signal an Russland senden, dass die Verbündeten an der Seite der Ukraine stünden und weitere Angriffe Russlands verhindern.
Frankreich betont dabei, dass „jeder nach seiner Fähigkeit“ dazu beitragen solle. Der Elysée scheint nicht darauf zu zählen, dass Deutschland Soldaten entsenden wird. „Wir wissen, wie heikel die Debatte in Deutschland ist“, heißt es im Umfeld des Präsidenten. „Das Wichtigste ist, sich zu beteiligen. Das bedeutet nicht, das alle dasselbe tun“, betonte ein Präsidentenberater. (afp/red)
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