China schmiedet „antiamerikanisches“ Bündnis – Indien zwischen den Fronten

In Kürze:
- US-Zölle belasten Indien, China nutzt Spannungen politisch
- Experten sehen Chancen und Risiken der Annäherung
- China und Indien betonen Zusammenarbeit trotz Grenzkonflikten
Der chinesische Staatschef Xi Jinping forderte den indischen Premierminister Narendra Modi bei einem Treffen am 31. August auf, die Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern zu stärken. So sollen die jahrzehntelangen Grenzstreitigkeiten, die das Verhältnis zwischen China und Indien lange belastet haben, beiseite gelegt werden.
Beobachter sehen darin einen strategischen Schritt Pekings. China wolle offenbar Indiens Unmut über US-Strafzölle nutzen, um gemeinsam gegen Washington aufzutreten. Experten rechnen allerdings nur mit begrenzten Auswirkungen.
Laut dem chinesischen Außenministerium sagte Xi, das Grenzthema dürfe nicht das gesamte Verhältnis zwischen China und Indien bestimmen.
Partner statt Rivalen?
Der chinesische Staatschef weiter: Die Beziehungen zwischen China und Indien könnten „aufblühen und sich stabil weiterentwickeln“, wenn beide Länder einander als „Partner“ statt als „Rivalen“ sehen würden.
Modi betonte seinerseits, wie wichtig „Frieden und Stabilität in den Grenzregionen“ für die weitere Entwicklung der bilateralen Beziehungen seien, so eine indische Regierungsmitteilung.
Für Modi ist es der erste Besuch in China seit dem tödlichen Grenzkonflikt im Galwan-Tal im Jahr 2020. Damals kamen mindestens 20 indische Soldaten ums Leben, auch auf chinesischer Seite gab es Tote – deren genaue Zahl ist bis heute unbekannt.
Der Vorfall führte zu einer Eskalation der Spannungen zwischen den beiden Atommächten. Viele gemeinsame Projekte und Gespräche lagen seither auf Eis.
Indien zwischen Washington und Peking
Anzeichen für eine Entspannung zwischen China und Indien zeigten sich erstmals im Oktober 2024. Damals einigten sich beide Länder auf ein neues Abkommen zur gemeinsamen Grenzpatrouille, kurz vor einem Treffen zwischen Modi und Xi am Rande des BRICS-Gipfels in Russland.
Im Juli reiste der indische Außenminister S. Jaishankar nach Peking. Kurz darauf besuchte Chinas ranghöchster Diplomat Wang Yi die indische Hauptstadt, in der er Modi und weitere hochrangige Regierungsvertreter traf.
Modis aktuelle Chinareise fällt in eine heikle Phase: Nur wenige Tage zuvor trat ein zusätzlicher US-Zoll von 25 Prozent auf indische Produkte in Kraft. Damit steigt der Gesamtzollsatz der USA gegenüber Indien – der drittgrößten Volkswirtschaft der Welt – auf 50 Prozent.
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Die US-Regierung unter Präsident Donald Trump begründete den Schritt mit Indiens umfangreichen Käufen von russischem Öl. Die indische Regierung nannte die Maßnahme hingegen „ungerechtfertigt“ und „unangemessen“.
Annäherung trotz wachsender Handelsdefizite
Beim Treffen mit Xi betonte Modi, dass sowohl Indien als auch China auf „strategische Autonomie“ setzen. Die Beziehungen zwischen den beiden Ländern sollten daher „nicht durch die Brille eines Drittstaats betrachtet werden“, heißt es in der Mitteilung aus dem Büro des indischen Premierministers.
Modi sprach sich zudem dafür aus, die bilateralen Handels- und Investitionsbeziehungen „aus einer politischen und strategischen Perspektive“ weiterzuentwickeln. Gleichzeitig sprach er das wachsende Handelsdefizit Indiens gegenüber China an.
Im Geschäftsjahr 2023/2024, das im März endete, überholte China die USA und wurde zum größten Handelspartner Indiens. Doch in Neu-Delhi wächst der Unmut über das zunehmende Handelsungleichgewicht: Indiens Handelsdefizit mit China stieg laut offiziellen indischen Daten im vergangenen Jahr auf 99,2 Milliarden US-Dollar.

US-Präsident Donald Trump und der indische Premierminister Narendra Modi am 13. Februar 2025 bei einem Treffen im Oval Office des Weißen Hauses in Washington, D.C. Foto: Jim Watson/Getty Images
Blockfreiheit zwischen USA und China: Indiens Balanceakt
Modis Besuch deutet nach Ansicht von Experten darauf hin, dass Indien an seiner langjährigen außenpolitischen Linie der Blockfreiheit festhält – also der Strategie, sich weder klar dem Westen noch einem anderen geopolitischen Lager anzuschließen. Dies ermöglicht es Neu-Delhi, verschiedene Partnerschaften einzugehen, ohne sich fest an ein bestimmtes Bündnis zu binden. Das sagte Su Tzu-yun, leitender Analyst am taiwanischen Thinktank Institute for National Defense and Security Research, gegenüber der englischsprachigen Ausgabe der Epoch Times.
„Indien hat traditionell eine blockfreie Außenpolitik verfolgt – auch wenn es sich in den vergangenen Jahren, besonders unter der Biden-Regierung, stärker den USA angenähert hat“, so Su. Washington habe in dieser Zeit neue Investitionsmöglichkeiten eröffnet, unter anderem vor dem Hintergrund der Grenzkonflikte zwischen Indien und China.
Nach über zwei Dutzend Gesprächsrunden mit Peking zur Grenzfrage und angesichts der neuen US-Strafzölle scheint Indien nun wieder zu seiner klassischen außenpolitischen Haltung zurückzukehren, sagte Su.
Shanghai Cooperation Organization
Modi hält sich derzeit in Tianjin auf – einer Hafenstadt in der Nähe von Peking. Anlass ist das Gipfeltreffen der Shanghai Cooperation Organization (SCO), einem regionalen Staatenbündnis. Analysten aus Taiwan sehen die SCO vor allem als Plattform, mit der die Kommunistische Partei Chinas ihren Einfluss in Zentralasien ausbauen will.
China hatte die SCO im Jahr 2001 gemeinsam mit Russland sowie den zentralasiatischen Staaten Kasachstan, Kirgisistan, Tadschikistan und Usbekistan gegründet – allesamt frühere Sowjetrepubliken.
Indien und Pakistan wurden im Jahr 2017 Vollmitglieder der SCO, trotz ihrer langjährigen Rivalität. 2023 trat auch Iran dem Bündnis bei, gefolgt von Belarus im Jahr 2024 – einem engen Verbündeten des Kremls.
China nutzt das diesjährige SCO-Treffen, um die Zusammenarbeit mit Ländern des Globalen Südens zu vertiefen. Ziel ist es, diese Staaten näher an sich zu binden, insbesondere vor dem Hintergrund der Handelskonflikte mit den USA. Das erklärte Ming-Shih Shen, Forschungsleiter am Institute for National Defense and Security Research in Taiwan.
Das chinesische Regime wolle gezielt auf die Unzufriedenheit vieler Länder mit den US-Strafzöllen reagieren und versuchen, sie in ein „Anti-Trump- oder gar antiamerikanisches Bündnis“ einzubinden, so Shen gegenüber der englischsprachigen Ausgabe der Epoch Times.
Das Hauptziel besteht darin, wirtschaftliche Interessen als Vorwand zu nutzen, um die Beziehungen dieser Länder zu den USA zu schwächen – und sie dann enger an China zu binden, um gemeinsam gegen die Vereinigten Staaten vorzugehen.“
Der Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel „China, India Pledge to Mend Ties Amid US Tariffs; Analysts Cast Doubts on Effects“. (deutsche Bearbeitung nas)
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