CO₂-Flottengrenzwerte: Wie die Autobauer Bußgeldern entgehen

US-Zölle, hohe Standortkosten, Konjunkturflaute und viel Investitionsbedarf: Die Liste der Klagen aus der europäischen Autoindustrie ist lang. Drohenden Bußgeldern wegen verfehlter CO₂-Grenzwerte dürften die meisten Hersteller allerdings entgehen: Die EU-Kommission hat Lockerungen vorgeschlagen, über die das Europaparlament noch in dieser Woche in einem Eilverfahren abstimmen könnte. Die Autobauer bekämen damit deutlich mehr Zeit.
Warum drohen ausgerechnet in diesem Jahr Bußgelder?
Seit Januar greift eine Absenkung der sogenannten Flottengrenzwerte um durchschnittlich 15 Prozent im Vergleich zu 2021. Dafür ist eine Reihe von Herstellern nicht auf Kurs. Bislang hatten die Autobauer die seit 2021 schrittweise gesunkenen Grenzwerte aber in der Regel eingehalten.
Wie hoch wären die Strafen?
Überschreiten die durchschnittlichen CO₂-Emissionen der Neuwagenflotte eines Herstellers in einem bestimmten Jahr die Vorgabe, muss er für jedes seiner in diesem Jahr zugelassenen Neufahrzeuge 95 Euro pro Gramm Überschreitung zahlen.
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Wo liegt der Grenzwert aktuell?
Im EU-Schnitt bei 93,6 Gramm CO₂ pro Kilometer. Zum Vergleich: Ein Renault Clio mit Verbrennungsmotor stößt rund 120 Gramm aus, ein Clio mit Hybridantrieb 95 Gramm. E-Autos gelten als emissionsfrei.
Für jeden Hersteller gilt dabei ein eigener Wert, der vom Durchschnittsgewicht seiner Fahrzeuge abhängt: Wer schwerere und damit meist CO₂-intensivere Fahrzeuge produziert, darf derzeit noch mehr Kohlendioxid ausstoßen.
Was hat die EU-Kommission vorgeschlagen?
Nach den Worten von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen eine „Atempause“ für die Unternehmen. Um drohende Bußgelder zu vermeiden, sollen die Hersteller den Kohlendioxidausstoß ihrer Neuwagen des laufenden Jahres mit den Werten der kommenden zwei Jahre verrechnen können. Wer die Grenzwerte in diesem Jahr verfehlt, könnte das also 2026 und 2027 noch ausgleichen.
Wie reagieren die Hersteller?
Der Verband der Deutschen Automobilindustrie (VDA) und die europäische Dachorganisation ACEA begrüßten die Vorschläge aus Brüssel. Sie setzen sich aber für weitere Lockerungen ein und wollen eine schrittweise Einführung der niedrigeren Grenzwerte durchsetzen.
Hersteller wie VW und Renault haben derweil die Preise für eine Reihe ihrer Elektroautos gesenkt und setzen auf Hybridfahrzeuge. Einen weiteren Hebel sehen Experten darin, die Emissionsbilanz von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor zu verbessern, etwa mit mehr Automatikgetrieben.
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Welche Möglichkeiten haben die Autobauer noch?
Wer die Grenzwerte auch am Ende der dreijährigen Übergangszeit noch verfehlt, kann sogenannte Pools mit besser abschneidenden Konkurrenten bilden. Für die Gruppe gilt dann ein gemeinsamer Grenzwert, den es einzuhalten gilt.
Vor den Lockerungsvorschlägen der Kommission hatten Stellantis, Toyota, Ford, Mazda und Subaru etwa einen solchen Pool mit Tesla angemeldet. Der US-Autobauer stellt nur E-Fahrzeuge her und gleicht so die Emissionen der anderen Hersteller aus – und lässt sich diesen Zusammenschluss natürlich reich entlohnen. Mercedes könnte in einer solchen Partnerschaft den chinesischen Konkurrenten Geely bezahlen.
Wie steht es um das Verbrenner-Aus?
Im Jahr 2035 sinken die Flottengrenzwerte auf Null – das ist das faktische Aus für Pkw mit Verbrennungsmotoren. Damit will die EU die Emissionen im Straßenverkehr drastisch senken, die derzeit 16 Prozent des Kohlendioxidausstoßes ausmachen.
Die Europäische Volkspartei (EVP) um CDU und CSU will das Verbrenner-Aus rückgängig machen und über 2035 hinaus etwa Hybridfahrzeuge zulassen. Dafür setzen sich auch die Rechtsaußenfraktionen im Europaparlament ein.
Eine Überprüfung des Gesetzes steht in Brüssel Ende des Jahres an. Spätestens dann könnte das Verbrenner-Aus für Streit in der neuen Bundesregierung sorgen. Im Gegensatz zur Union will die SPD daran festhalten, im Koalitionsvertrag konnten sich beide Seiten nur auf eine allgemeine Formulierung einigen. (afp/red)
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