„Der größte Selbstmord der Geschichte“: Frankreichs Senat warnt vor dem Niedergang der Autoindustrie

Peugeot, Renault, Citroën: Die französische Autoindustrie steht kurz vor dem Zusammenbruch. Das besagt ein jüngst veröffentlichter parteiübergreifender Bericht aus Paris. Rechtlich bindend ist dieser nicht – doch könnte seine Botschaft in der europäischen Debatte größeres Gewicht haben.
Die Zahl der verkauften Renault-Autos und leichten Nutzfahrzeuge ging deutlich zurück
Die Zahl der verkauften Pkw und leichten Nutzfahrzeuge von Renault ging deutlich zurück.Foto: Bernd Thissen/dpa
Von , 25. Oktober 2025

In Kürze:

  • In den kommenden zwei Monaten will die EU das Verbrenner-Aus überprüfen – früher als ursprünglich geplant.
  • Auch in Frankreich werden kritische Stimmen gegen den reinen Elektrokurs in der Automobilindustrie lauter, wie ein neuer Bericht des Senats zeigt.
  • Frankreich droht, zu einem reinen Konsumenten ausländischer Fahrzeuge zu werden, so die Senatoren.
  • Der Senat schlägt 18 Maßnahmen vor, um die Industrie zu retten.

 

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hat gefordert, das Verbrennerverbot der EU ab 2035 abzuschaffen. Auch Senatoren in Frankreich hoffen, den in Brüssel beschlossenen Kurs ändern zu können. Das zeigt ein neuer Bericht des französischen Senats zur heimischen Autoindustrie.

In der EU sollen ab 2035 keine Neuwagen mit Verbrennungsmotor mehr zugelassen werden. Bis Ende dieses Jahres, also binnen der nächsten zwei Monate, soll dieses Vorhaben überprüft werden. Ursprünglich war die gesetzlich vorgesehene Überprüfung für 2026 geplant.

Der „größte Selbstmord in der Geschichte“ der französischen Industrie

Der Bericht des französischen Senats ist das Ergebnis einer seit Dezember 2024 durchgeführten parteiübergreifenden Initiative. Er spricht von einer „tiefen und dauerhaften Krise“, welche die gesamte Automobilbranche erfasst hat.

Die Autoren warnen vor dem Risiko des Verschwindens eines zentralen Symbols französischer Industriekompetenz. Der erzwungene Übergang zu Elektrofahrzeugen könne „der größte Selbstmord in der Geschichte“ der nationalen Industrie werden.

Bei Peugeot, Renault oder Citroën seien die Verkaufszahlen im freien Fall. Es gebe massive Standortverlagerungen, harte ausländische Konkurrenz und die als unangemessen empfundene EU-Politik.

Angesichts dieser Negativspirale rufen die Senatoren zu einem gemeinsamen Aufbruch und einer grundlegenden Überarbeitung des von Brüssel vorgegebenen Zeitplans für die Energiewende auf. Laut Alain Cadec, Berichterstatter des Senats, „steuern wir auf einen Crash zu, wenn wir nichts unternehmen“.

800.000 Arbeitsplätze akut gefährdet

In der Bilanz der Senatoren heißt es: Binnen 20 Jahren büßte Frankreich 12 Prozentpunkte seines Anteils an der europäischen Automobilproduktion ein. Der Verkauf von Pkw ging seit der Corona-Pandemie um 20 Prozent zurück.

In industriell geprägten Regionen wie Hauts-de-France oder Bourgogne-Franche-Comté häufen sich Werksschließungen und hinterlassen steigende Arbeitslosigkeit und wirtschaftliche Ödnis.

Dominique Estrosi Sassone, Vorsitzende des Ausschusses, spricht von einer Branche, die das „Rückgrat der französischen Industrie“ bilde und nun kurz vor dem Zusammenbruch stehe:

„Wir laufen Gefahr, das tragische Szenario der Stahlindustrie zu wiederholen. Wenn nichts unternommen wird, wird Frankreich zu einem reinen Konsumenten ausländischer Fahrzeuge.“

350.000 Arbeitsplätze bei den Herstellern und 450.000 bei den Zulieferern und Subunternehmern gelten als akut gefährdet.

Senatorin: „Europa schießt sich damit selbst ins Knie“

„Das Verkaufsverbot für Verbrennerautos ab 2035 ist selbstmörderisch. Europa schießt sich damit selbst ins Knie“, warnt Senatorin Annick Jacquemet, Mitverfasserin des Berichts. Die Abgeordneten halten den Zeitplan für unrealistisch. Er sei von der industriellen und sozialen Realität abgekoppelt.

Zudem warnt das Dokument vor einer wachsenden Abhängigkeit von China. Peking liefere Batterien und wichtige Komponenten für Elektrofahrzeuge zu unschlagbaren Preisen und setze so die europäische Industrie erheblich unter Druck.

Das Papier fordert, „aus dem reinen Elektromodell auszusteigen“ sowie die nationale Energiestrategie breiter aufzustellen. Als Alternativen werden Hybridfahrzeuge, Bioethanol- oder Wasserstoffantriebe genannt. Staatliche Beihilfen sollten sich „gezielt auf die Produktion kleiner, erschwinglicher Fahrzeuge konzentrieren“, um die Binnennachfrage wiederzubeleben.

Ein Plädoyer für industrielle Souveränität

Nach Einschätzung der Autoren betrifft die Krise nicht nur die Frage des ökologischen Wandels, sondern den Kern der industriellen Souveränität des Landes.

Die Automobilindustrie stehe immer noch für fast 13 Prozent der industriellen Wertschöpfung Frankreichs und stütze Tausende klein- und mittelständische Unternehmen. „Zwei Jahrzehnte der Auslagerung“ hätten die gesamte Wertschöpfungskette geschwächt.

„Wenn Frankreich seine Automobilindustrie aufgibt, bricht seine gesamte wirtschaftliche Unabhängigkeit zusammen“, betonte der Senator Rémi Cardon, Mitautor des Berichts.

Der Senat schlägt 18 Maßnahmen vor, um das Ruder herumzureißen. Dazu gehören vorübergehende handelspolitische Schutzmechanismen, verstärkte Investitionen in die Forschung an Hybridmotoren sowie gezielte Programme zur Rückverlagerung von Montagelinien. Auch ein „Plan zur Sicherung von Arbeitsplätzen in der Industrie“ für die am stärksten betroffenen Regionen wird empfohlen.

Der Artikel erschien im Original in der französischen Epoch Times unter dem Titel „‚Le plus grand suicide de l’histoire‘: le Sénat alerte sur la disparition possible de l’industrie automobile française“



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