Der große Neustart Europas: Konservativer Plan zur Reform der EU

Zwei konservative Thinktanks aus Ungarn und Polen haben sich verbündet, um zu verhindern, dass die EU zu einem „Superstaat“ nach „sowjetischem Vorbild“ wird. Ziel ist es, mehr Entscheidungsbefugnisse zurück zu den Nationalstaaten zu verlagern.
Bei dem Treffen in Brüssel wird es um den Vorschlag der Europäischen Kommission gehen, EU-Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine und Moldau zu eröffnen.
Ein neuer Bericht wirft der Europäischen Kommission vor, die nationale Souveränität zu untergraben.Foto: Virginia Mayo/AP/dpa
Von 9. April 2025

Das polnische Institut für Rechtskultur Ordo Iuris und das ungarische regierungsnahe Mathias Corvinus Collegium (MCC) haben Vorschläge für eine Reform der EU erarbeitet, die die nationale Souveränität und individuelle Freiheit wieder in den Vordergrund rücken sollen.

Sie stellten den Aktionsplan im März zuerst in Ungarn und dann in den USA bei der konservativen Heritage Foundation in Washington, D.C. vor. Im April werden sie ihre Vorschläge in Polen präsentieren.

Warum die EU umgestalten?

Nach Aussage des Berichts mit dem Titel „The Great Reset: Restoring Member State Sovereignty in the European Union“ (Der große Neustart: Wiederherstellung der Souveränität der Mitgliedstaaten in der EU) finde derzeit ein Versuch statt, die europäische Kultur und Identität auszulöschen. Dies geschehe durch die Abschaffung nationaler und regionaler Besonderheiten und die Auferlegung sogenannter „europäischer Werte“ und eines „kulturellen Europäismus“.

Der Bericht sei laut den Autoren im Wesentlichen ein Gegenvorschlag zu einer Entschließung des Europäischen Parlaments vom 22. November 2023, bei dem 267 Änderungen der Europäischen Verträge gefordert wurden.

Dieses umfassende Vertragsänderungspaket würde die Befugnisse der EU in den Bereichen Klima, Energie, Sicherheit, Wirtschaft und Sozialpolitik ausweiten. Die vorgeschlagenen institutionellen Reformen zielen unter anderem darauf ab, die EU-Entscheidungsprozesse stärker einem Zweikammersystem anzugleichen.

Laut der Entschließung sollen das Europäische Parlament gestärkt, mehr Entscheidungen mit qualifizierter Mehrheit getroffen, dem Parlament ein echtes Initiativrecht für Gesetzgebung eingeräumt und seine Rolle beim EU-Haushalt ausgebaut werden. Zudem soll das Parlament den Kommissionspräsidenten wählen, der die Kommissare politisch auswählen darf. Die Kommission soll zudem künftig „Europäische Exekutive“ heißen.

Diese EU-Entschließung würde die EU in einen zentralisierten Superstaat verwandeln, den Bürgern noch mehr Entscheidungsbefugnisse entziehen und den EU-Ländern das Recht auf Selbstbestimmung nehmen, warnen die Autoren bei der Veranstaltung in Washington, D.C.

Souveränität, Freiheit, Neutralität

Laut dem Bericht von Ordo Iuris und MCC haben die EU-Institutionen bereits in den vergangenen Jahren nach und nach mehr die Befugnisse der Mitgliedstaaten an sich gerissen und immer mehr Entscheidungen an ihrer Stelle getroffen.

Die Thinktanks schlagen deswegen eine Reform der EU in eine andere Richtung vor. Unter anderem soll die politische Neutralität in den EU-Behörden inklusive der Europäischen Kommission wiederhergestellt werden. Die verbindliche Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs soll eingeschränkt werden, um die Souveränität der Mitgliedstaaten zu stärken. Letztere hätten mehr Flexibilität, sich gegebenenfalls an Vereinbarungen zu beteiligen oder aus ihnen auszusteigen.

Der Europäische Rat (die Staats- und Regierungschefs der EU-Mitgliedstaaten) und der Ministerrat (die Fachminister der Mitgliedstaaten) bekämen die Hauptrolle. Somit werden die in den Mitgliedstaaten tatsächlich gewählten Politiker anstelle von EU-Bürokraten höher bewertet.

Außerdem hätten die Verfassungen der einzelnen Mitgliedstaaten Vorrang in der Rechtshierarchie. Nationale Besonderheiten sollten verteidigt werden. Radikale Kürzungen bei der Anzahl und Bezahlung der EU-Beamten und ein verstärkter Schutz der nationalen Zuständigkeiten sind ebenfalls Teil des Plans.

Wenn die Reformen nicht umgesetzt werden könnten, würde die EU laut den Autoren nicht bestehen bleiben können. Stattdessen schlagen die Autoren die Schaffung einer neuen Union mit dem Namen „Europäische Gemeinschaft der Nationen“ vor. Das Hauptziel wäre die wirtschaftliche Zusammenarbeit.

Ordo Iuris, MCC, Heritage Foundation

Ordo Iuris wurde 2013 gegründet und ist ein polnisches rechtswissenschaftliches Institut, das konservative Werte vertritt. Seine Kritiker behaupten, dass Ordo Iuris fundamentalistische Ansichten vertrete.

Das polnische Institut hat enge Verbindungen zum konservativen MCC in Ungarn. Letzteres ist auch eine Talentschmiede, die der ungarischen Regierung nahesteht. Den Vorsitz des Kuratoriums hat Balázs Orbán, der politische Berater von Premier Viktor Orbán (keine Verwandtschaft). Kritiker halten die Finanzierung und die politischen Verbindungen des MCC zur Regierung für bedenklich und werfen Fragen zur Unabhängigkeit der Institution auf.

Wie genau die beiden Organisationen bei dem aktuellen Projekt mit der 1973 gegründeten konservativen US-Denkfabrik Heritage Foundation zusammenarbeiten, ist noch unklar. Diese hat in der amerikanischen Politik einen beträchtlichen Einfluss, vor allem innerhalb der Republikanischen Partei.



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