Der Kampf um das Satelliteninternet der Zukunft: Rivada gegen Peking

Declan Ganley, ein irischer Telekommunikationsunternehmer, plant eine weltraumgestützte Alternative zum aktuellen Internet, um die Abhängigkeit von anfälligen Unterseekabeln zu verringern. Anfang 2026 will er 600 Satelliten – das sogenannte Outernet – in Betrieb nehmen.
Titelbild
Declan Ganley, Vorsitzender und CEO von Rivada Networks, am 14. November 2025 in Washington.Foto: Madalina Kilroy/The Epoch Times
Von , 22. November 2025

In Kürze:

  • Rivada Networks will ein unabhängiges Satellitennetzwerk im All schaffen: das Outernet.
  • China versucht laut Rivada, das Projekt durch Klagen, Übernahmen und Druck zu stoppen.
  • Das Outernet könnte bei Sabotage von Unterseekabeln ein globales Backup-Internet bilden.

 

In rund 600 Meilen (etwa 966 Kilometern) Entfernung zur Erde soll künftig eine Satellitenkonstellation den Planeten umkreisen und Daten per Laser nahezu in Lichtgeschwindigkeit übertragen. Genau das ist die Vision von Declan Ganley: ein Outernet – eine autarke Datenarche im All, die zentrale globale Kommunikationsstrukturen schützt und als Backup-Internet fungiert.

Derzeit laufen alle globalen Kommunikationsnetzwerke – darunter auch Starlink – über das herkömmliche Internet. Diese digitale „öffentliche Autobahn“ sei durchlässig und zahlreichen Angriffsrisiken ausgesetzt, warnt Declan Ganley, CEO des Telekommunikationsunternehmens Rivada Networks.

Das Outernet solle dieses Problem umgehen. Das System wäre komplett autark: Die Daten blieben im Weltraum und würden über laserverbundene Satelliten direkt an die Nutzer übermittelt, ohne Kontakt zu irdischer Infrastruktur.

Damit entstünde das schnellste verfügbare Netzwerk mit vollständiger Datenhoheit – ein echter Game Changer, betont Ganley gegenüber der englischsprachigen Ausgabe der Epoch Times.

160 gerichtliche Auseinandersetzungen

Um dieses Ziel im All zu erreichen, hat Ganley bereits einen erbitterten Rechtsstreit geführt. Sein Gegenspieler ist die Kommunistische Partei Chinas, die den Weltraum als neue Frontlinie für globale Einflussnahme erkannt hat.

Nach drei Jahren und rund 160 gerichtlichen Auseinandersetzungen betont Ganley, dass er nicht aufgeben werde. „Wir werden jede Klage aus China anfechten, so wie wir es bisher getan haben“, sagte er. „Und wir werden sie alle gewinnen – genau wie bisher.“

Mit der Unterstützung von Tech-Milliardär und Paypal-Gründer Peter Thiel und einem Vertrag mit der US-Marine plant Rivada mit dem Outernetnetzwerk, Anfang 2026 insgesamt 600 Satelliten in Betrieb zu nehmen.

Ganley zufolge arbeitet das chinesische Regime intensiv daran, dies zu verhindern. Seine Gegner hätten angedeutet, dass die Entscheidungen in diesen Rechtsstreitigkeiten „bis in die höchsten Ebenen“ reichten.

Rivada Space Networks auf der Asia Tech x Singapore Messe in Singapur im Mai 2024. Foto: Mit freundlicher Genehmigung von Rivada Networks

Ganley hat ein starkes Interesse daran, dass Outernet weltweit Verbreitung findet. Gleichzeitig ist auch die Argumentation für ein zweites Internet-Backbone stichhaltig: Die Unterseekabel, die das Fundament der modernen globalen Kommunikation bilden, sind naturgemäß anfällig. Sollte ein böswilliger Akteur diese Kabel sabotieren, könnte das Internet großflächig ausfallen.

In diesem Fall wäre ein Datennetzwerk, das dies übersteht, von unschätzbarem Wert. Wenn die chinesischen Behörden dieses Netzwerk nicht kontrollieren können, „wollen sie sicherstellen, dass es auch niemand sonst besitzt“, so Ganley.

Für Peking scheint es daher die effektivste Strategie zu sein, das Projekt im Keim zu ersticken.

Ein wertvolles Spektrum

Der Konflikt nahm seinen Anfang im kleinen europäischen Fürstentum Liechtenstein.

Noch bevor große internationale Wettbewerber wie Starlink aktiv wurden, erwarb dort ein kleines Unternehmen namens Kleo Connect im Jahr 2018 schwer zu bekommende Funkfrequenzgenehmigungen. Diese sicherten ihm prioritären Zugang zum Ka-Band – einem wegen seiner hohen Bandbreite begehrten Frequenzbereich, der für die Hochgeschwindigkeitssatellitenkommunikation unverzichtbar ist.

Das in Deutschland ansässige Satelliten-Startup erhielt damit die Rechte für ein Projekt, das den Aufbau einer Konstellation von 300 bis 600 Satelliten in polaren Umlaufbahnen vorsah.

Zur Finanzierung holte das Unternehmen den staatlichen chinesischen Partner Shanghai Spacecom Satellite Technology (SSST) an Bord und gab dafür 10 Prozent seiner Anteile ab.

[etd-related posts=“5301032″]

Doch noch bevor das Projekt richtig Fahrt aufnahm, kam es zum Bruch. Innerhalb eines Jahres erhöhte die chinesische Seite ihren Anteil auf 53 Prozent.

Zudem brachte SSST ohne Abstimmung mit den deutschen Partnern zwei Testsatelliten in China ins All – ein Schritt, der den Verdacht nährte, dass die chinesischen Beteiligten die erworbenen Frequenzlizenzen zur Verfolgung eigener strategischer Interessen nutzten.

2022 erwarb Ganley das Unternehmen

Rivada kam 2022 ins Spiel. Zu diesem Zeitpunkt hatten sich die Streitigkeiten bereits zu einem geopolitischen Konflikt ausgeweitet. Ganley schloss sich mit den deutschen Gründern zusammen und erwarb das Unternehmen – und damit die Frequenzlizenzen –, um sie aus chinesischer Kontrolle zu lösen.

Auf Basis des ursprünglichen Konstellationsdesigns entwickelte sein Team anschließend einen Geschäftsplan und technische Neuerungen für das heutige Outernet.

Eine Trägerrakete vom Typ Kuaizhou-1A mit dem chinesischen Schriftzeichenslogan „Heroisches Wuhan, großartiges China” startet am 12. Mai 2020 vom Satellitenstartzentrum Jiuquan in der nordwestchinesischen Provinz Gansu mit zwei Kommunikationssatelliten an Bord. Foto: STR/AFP via Getty Images

Ganley erklärte, er habe den chinesischen Anteilseignern angeboten, ihre Anteile zurückzukaufen. Diese hätten jedoch nicht nur abgelehnt, sondern seien „als Reaktion mit einer Welle von Gerichtsverfahren in die Offensive gegangen“.

SSST spielt eine zentrale Rolle in Chinas strategischen Ambitionen im Wettlauf um den Weltraum.

Das 2018 mit Mitteln der Stadt Shanghai gegründete Unternehmen ist ein aufstrebender Stern in Chinas Satellitenindustrie. Derzeit entwickelt es SpaceSail oder Qianfan, Chinas Antwort auf Starlink.

[etd-related posts=“5297452″]

Das Megakonstellationsprojekt, das in den chinesischen Staatsmedien prominent vorgestellt wurde, hat bis Oktober mehr als 100 Satelliten ins All geschickt und Verträge in Schwellenländern von Kasachstan bis Brasilien abgeschlossen.

China hat den Aufbau eines Satelliteninternets als nationale Priorität in seinem aktuellen Fünfjahresplan aufgeführt. Die Behörden erwarten, dass die Jahre 2026 bis 2030 ein entscheidendes Zeitfenster für die Expansion sein werden. Und SSST ist nun ein wichtiger Akteur, um dies zu verwirklichen.

Ein Treffen in Paris

Monate nach dem Erhalt der Frequenzlizenzen wurde Ganley auf einer Satellitenmesse in Paris von einem hochrangigen chinesischen Geschäftsmann angesprochen. Dieser sei extra aus China eingeflogen, um ihn zu treffen, sagte er.

Drei Tage später trafen sich die beiden am Place Vendôme. Während sie über den neoklassizistischen Platz schlenderten, rechtfertigte der Mann die rechtlichen Schritte, die sie gegen Rivada unternommen hatten, und erklärte ihm, dass es nichts Persönliches sei. Er halte Ganley sogar für einen großartigen Erfinder – ein „außergewöhnliches Talent”, wie sich Ganley erinnert.

Rivada war auf der Messe auf Investorensuche. Der Geschäftsmann machte Ganley daraufhin ein Angebot: 7,5 Milliarden Dollar, um als Partner einzusteigen. Bei einer Zusage, so erklärte er, würde Ganley 50 Prozent der Anteile erhalten – mehr als ausreichend für das Outernetprojekt.

[etd-related posts=“5214613″]

Der Mann formulierte anschließend seine Bedingungen: Das gesamte Projekt solle von China aus betrieben werden, mit dort gefertigten Satelliten. Der Dienst würde sofort China, Asien, Lateinamerika und Europa abdecken. Ein Teil der Aktivitäten könne in Deutschland verbleiben, der Rest müsse nach China verlagert werden.

Der Mann sagte es nicht direkt, doch für Ganley war die Botschaft eindeutig:

„Wenn Sie nicht mitmachen, wird Ihr Leben schwer werden. Die Rechtsstreitigkeiten werden eskalieren, und wir werden dafür sorgen, dass dieses Projekt nicht realisiert wird.“

Ganley lehnte ab – und ging.

Zuckerbrot und Peitsche

Was folgte, war eine „Flut von Klagen, unbegründet und aussichtslos, in ihrer Absurdität fast schon karikaturhaft“, so Ganley. Unter anderem sei Rivada des Diebstahls geistigen Eigentums beschuldigt worden. „Das Gegenteil ist der Fall“, betonte er.

Declan Ganley (r.) spricht im März 2025 auf der Satellite Show in Washington. Foto: Mit freundlicher Genehmigung von Rivada Networks.

Die Kläger seien äußerst hartnäckig: Eine Berufung folgte der nächsten, bis der Richter den jeweiligen Fall schloss. „Einmal reichten sie sogar eine Klage über eine Angelegenheit im Wert von nur wenigen tausend Dollar ein – obwohl allein die Einreichungskosten um ein Vielfaches höher lagen“, berichtete Ganley.

Die Gesamtkosten für die Abwehr der Klagen gegen Rivada, gegen ihn selbst und gegen einzelne Mitarbeiter belaufen sich inzwischen auf 36 Millionen US-Dollar, sagte er.

[etd-related posts=“5198785″]

Zudem seien Ganley und seine Kollegen wiederholt von unbekannten Personen verfolgt worden, die „chinesisch aussehen“ und häufig Sonnenbrillen trugen. Es sei ein klassisches Spiel aus Zuckerbrot und Peitsche, erklärte Ganley.

Ein globaler Stromausfall

Die bislang ausgegebenen 36 Millionen Dollar seien lediglich ein „Tropfen auf den heißen Stein“ im Vergleich zum tatsächlichen Wert des Outernet als Backup für die derzeitige kabelgebundene digitale Infrastruktur, sagte Ganley.

Wie Blut, das durch Arterien fließt, werden nach Angaben der US-Regierung mehr als 95 Prozent aller internationalen Daten über rund 500 Glasfaserkabel am Meeresboden übertragen. Diese Leitungen ermöglichen weltweite Kommunikation.

Doch diese lebenswichtigen Datenströme sind empfindlich. Schon das Bewegen schwerer Geräte, ein schleifender Anker oder verfangene Fischereiausrüstung können sie beschädigen – ganz zu schweigen von gezielter Sabotage.

Declan Ganley (M.) spricht auf der World Satellite Business Week in Paris im September 2022. Foto: Mit freundlicher Genehmigung von Rivada Networks.

Seit über einem Jahrzehnt entwickeln zivile und militärische Einrichtungen in China präzise und kostengünstige Methoden, um Unterseekabel aufzuspüren und zu durchtrennen. Eine chinesische Universität hat sogar ein Patent für ein Verfahren zur Kabelkappung in Notfällen angemeldet.

In den vergangenen zwei Jahren wurden zahlreiche Fälle von durchtrennten Kabeln China zugeschrieben – darunter Schäden an den Telekommunikationsleitungen Taiwans, an Verbindungen in der Ostsee sowie die Zerstörung einer Gaspipeline und zweier Glasfaserkabel zwischen Finnland und Estland.

Es brauche nicht zwingend einen staatlichen Akteur, um Chaos zu verursachen – „aber China könnte es durchaus tun“, sagte Ganley.

Infrastruktur „erschreckend verwundbar“

Fallen die Unterseekabel aus, bricht alles zusammen, das über sie läuft: Smartphones, Fernsehdienste, Flugverkehr, Logistik- und Versorgungsketten.

Ganley ist überzeugt, dass das Regime vorbereitet sei. Peking würde Vorräte anlegen und ein landgestütztes Kontinentalnetz aufrechterhalten, bevor es sich von der Welt abschotte.

„Sechzig Millionen Dollar reichen aus, um die globalen Unterseekabel außer Gefecht zu setzen“, sagte er. „So erschreckend verwundbar ist diese Infrastruktur – sie ist schlicht zu groß und weitverzweigt, um vollständig geschützt zu werden.“

Der chinesische Massengutfrachter Yi Peng 3 liegt am 20. November 2024 im Kattegat vor Anker und wird von einem dänischen Patrouillenboot überwacht. Die dänische Marine gab am selben Tag bekannt, ein chinesisches Frachtschiff in der Ostsee zu begleiten. Dies geschah einen Tag, nachdem Finnland und Schweden Ermittlungen wegen des Verdachts der Sabotage zweier durchtrennter Unterseekabel eingeleitet hatten. Foto: Mikkel Berg Pedersen/Ritzau Scanpix/AFP via Getty Images

Ganley verkauft seine Seele nicht

Ganley sagte, er habe schon früh entschieden, niemals Geschäfte im kommunistischen China zu machen. „Ich habe eine Seele, für die ich Verantwortung trage“, erklärte er.

Der heute 57-jährige, in Großbritannien geborene irische Telekommunikationsunternehmer arbeitet seit seinem 19. Lebensjahr in der Mobilfunkbranche. Damals reiste er auf der Suche nach Geschäftsmöglichkeiten in die Sowjetunion.

„Für mich war die Welt selbst meine Universität: Ich habe den Zusammenbruch des Kommunismus in Osteuropa und der Sowjetunion beobachtet“, sagte er.

Marxismus, Kommunismus als Quelle des Übels

Ganley arbeitete in vielen Teilen des ehemaligen sowjetischen Einflussbereichs – in Moskau, Lettland, Litauen und Sibirien – und erlebte aus nächster Nähe die Folgen von 70 Jahren sowjetischer Herrschaft: von Potemkinschen Dörfern bis hin zu Kirchen, die in Gefängnisse umgewandelt worden waren.

„Es war ein Reich des Bösen, und die Quelle dieses Übels war der Marxismus – und der Kommunismus –, ein System, in dem man seine Seele verkaufen musste, um in diesen Organisationen an die Spitze zu gelangen“, sagte er.

Declan Ganley, Vorsitzender und CEO von Rivada Networks, in Washington, am 14. November 2025. Foto: Madalina Kilroy/The Epoch Times

In den Jahren danach strömten westliche Unternehmen nach China. Durch Partnerschaften mit lokalen Firmen gaben sie Technologie preis und erhielten dafür Zugang zum chinesischen Markt. Statt jedoch China zu erobern, so Ganley, machten sich die Unternehmen selbst abhängig. Er sagte:

„Die Kapitalisten werden uns den Strick verkaufen, mit dem wir sie aufhängen werden. Das hat Lenin gesagt. Und wir haben nicht nur den Strick verkauft, wir haben ihn auch noch den chinesischen Kommunisten überreicht, damit sie uns und unsere Volkswirtschaften damit strangulieren können.“

Weiter sagte er: „Wir haben unsere industrielle Basis nach China verlagert. Wir haben unsere Energiepreise deutlich über die chinesischen steigen lassen. Wir haben ihnen die Dominanz im Datennetz praktisch auf dem Silbertablett serviert – und jetzt wollen sie auch noch das Outernet.“

[etd-related posts=“5288635″]

Ganley erklärte, er würde das Projekt „lieber niederbrennen“, als es an China abzugeben. „Manchmal ist das ein sehr einsamer Weg“, sagte er. Oft sei man völlig auf sich allein gestellt.

Dennoch vertraut Ganley darauf, dass Mut auf lange Sicht zählt. „Ich bin römisch-katholisch und glaube, dass ich mich am Ende vor dem höchsten Richter verantworten muss – für das, was ich tue, und für das, was ich unterlasse“, sagte er.

Der Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel „He Wants to Build the Outernet in Space. Beijing Wants to Steal It.“ (deutsche Bearbeitung il)

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers oder des Interviewpartners dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.



Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion