EU räumt ein, dass sie ein eigenes Pandemie-Planspiel initiierte

Regierungen und internationale Organisationen nutzen sogenannte Planspiele, um komplexe Vorgänge zu simulieren, zu analysieren und besser zu verstehen. Dabei handelt es sich um interaktive Simulationen, bei denen Teilnehmer wie Politiker, Wissenschaftler, Militärs oder NGO-Mitglieder in Rollen schlüpfen und zusammen auf ein fiktives Szenario reagieren.
Dabei simulieren sie zum Beispiel Umweltkatastrophen, Cyberangriffe oder auch politische Entscheidungsprozesse. Ziel ist es, Verhalten und Systemdynamiken zu erforschen.
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Seit 2019 veranstaltet das World Economic Forum gemeinsam mit der russischen Organisation BI.ZONE alljährlich das Planspiel „Cyber Polygon“. Dabei handelt es sich um eine internationale Sicherheitsübung. Sie bringt Hunderte Teams aus der ganzen Welt zusammen, um reale Cyberbedrohungen zu simulieren und gemeinsam Lösungen zu entwickeln.
Auch globale Gesundheitskrisen gehören zum Katalog der Planspiele. Das bekannteste ist mittlerweile „Event 201“, welches im Oktober 2019 in New York abgehalten wurde. Dort wurde simuliert, wie der Ausbruch eines neuartigen Coronavirus zu einer Pandemie mit großen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Erschütterungen führt. Ziel war es, die internationale Zusammenarbeit zwischen Regierungen, Unternehmen und Gesundheitsorganisationen in einer Pandemie zu testen.
Der Name des Planspiels weist laut Initiatoren darauf hin, dass es jährlich etwa 200 Ausbrüche von Epidemien gibt, die lokal begrenzt bleiben. Das Planspiel sollte die 201. Epidemie darstellen, eine, die sich global ausbreitet und zur Pandemie wird.
Wenige Monate später war das durchspielte Szenario Realität.
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EU probt Pandemie mit „Blue Orchid“
Nun wurde bekannt, dass sich die Europäische Kommission acht Monate vor „Event 201“ mit einem eigenen Planspiel auf eine Pandemie vorbereitet hat. Das geht aus einer Antwort des EU-Kommissars für Gesundheit und Tierschutz, Olivér Várhelyi, auf eine Anfrage des österreichischen Europapolitikers Gerald Hauser (FPÖ) hervor.
Darin heißt es zunächst, dass weder das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) noch die Europäische Arzneimittel-Agentur an anderen – bereits bekannten – Simulationsübungen wie „Event 201“ beteiligt gewesen seien.
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Doch hätten das ECDC und die Kommission im Februar 2019 die Übung „Blue Orchid“ organisiert. Damit sollten „Mechanismen, Verfahren und Kommunikationskanäle zwischen der Kommission und dem ECDC im Bereich des Krisenmanagements“ getestet werden. Weiter schreibt der ungarische EU-Kommissar:
„Außerdem führten sie im März 2019 regionale Experten-Workshops zur Bereitschaftsplanung im Hinblick auf Pandemien durch, um die nationalen Ansätze, die von den Ländern der EU und des Europäischen Wirtschaftsraums bei der Planung, Umsetzung und Bewertung von Bereitschaftsplänen für (Influenza-)Pandemien verfolgt werden, zu koordinieren.“
Für Hauser ist nach der Antwort vieles ungeklärt. In einer Pressemitteilung schreibt er, dass „zentrale Fragen“ offen bleiben.
„Zwar wird eine Teilnahme an internationalen Pandemie-Planspielen wie ‚Event 201‘ oder ‚Clade X‘ verneint, gleichzeitig bestätigt die Kommission jedoch eigene Übungen – darunter ‚Blue Orchid‘, die am 8. Februar 2019 vom ECDC […] zur Erprobung interner Krisenabläufe durchgeführt wurde“, führt Hauser, der seit 2024 Europaabgeordneter ist, weiter aus.
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Angesichts der zeitlichen Nähe der COVID-19-Pandemie zu den verschiedenen Planspielen stelle sich für Hauser die Frage:
„Warum all diese Übungen? Es drängt sich der Eindruck auf, dass viele Akteure bereits mit dem Eintreten einer Pandemie im Jahr 2020 rechneten.“
Der EU-Abgeordnete fordert „vollständige Transparenz über die damaligen Vorbereitungen, Entscheidungsgrundlagen und beteiligten Netzwerke“.
Hauser hat daher Ende Juli eine weitere Anfrage gestellt, in der er Angaben zu den Inhalten der Übung fordert. „Eine lückenlose Aufklärung ist höchst unerlässlich“, betont der österreichische Politiker. Mit einer Antwort rechnet er im Laufe des Septembers, sagte er in einem Interview mit dem Radiosender „Kontrafunk“.
Keine Vorhersage
„Event 201“ fand am 18. Oktober 2019 in New York City statt. Organisiert hatten es das Johns Hopkins Center for Health Security, das Weltwirtschaftsforum und die Gates Foundation. Das Zentrum wies schon im Januar 2020 Vermutungen zurück, es habe mit „Event 201“ die Corona-Pandemie vorhergesagt.
„Für das Szenario haben wir eine fiktive Coronavirus-Pandemie modelliert, aber ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich nicht um eine Vorhersage handelt. Stattdessen diente die Übung dazu, die Herausforderungen in Bezug auf die Vorsorge und Reaktion aufzuzeigen, die bei einer sehr schweren Pandemie wahrscheinlich auftreten würden. Wir sagen derzeit nicht voraus, dass der Ausbruch von nCoV-2019 65 Millionen Menschen das Leben kosten wird. […] Die Daten, die wir für die Modellierung der potenziellen Auswirkungen dieses fiktiven Virus verwendet haben, sind nicht mit denen von nCoV-2019 vergleichbar.“
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Planspiele so alt wie die Menschheit
Der Ursprung der Planspiele geht auf das indische Brettspiel Chaturanga (1000 v. Chr.) sowie das etwa 200 Jahre später in Persien entstandene Schachspiel zurück. Ziel beider Spiele war es schon vor rund 3.000 Jahren, Vorgänge in der realen Welt besser zu verstehen und Entscheidungen risikofrei treffen zu können.
Es gibt eine ganze Reihe an Beispielen für Planspiele. „Junait“ wendet sich beispielsweise an Kinder. Es soll ihnen helfen, sich in der „digitalen Welt eigenverantwortlich und im Bewusstsein möglicher Gefahren zu bewegen“, heißt es in der Selbstbeschreibung. So würden „positive und negative Aspekte der zunehmenden Vernetzung spielerisch und in einem geschützten Raum thematisiert“.
Clade X
Fast eineinhalb Jahre zuvor, am 15. Mai 2018, war das Mandarin Oriental Hotel in der US-Hauptstadt Washington, D.C. Schauplatz des Planspiels „Clade X“.
Alleiniger Organisator war das Johns Hopkins Center for Health Security. Im Mittelpunkt stand die Simulation eines durch Bioterrorismus freigesetzten Atemwegsvirus. Ziel war es, hochrangige Entscheidungsträger mit den strategischen Herausforderungen einer globalen Pandemie zu konfrontieren. Dazu gehörten etwa Reiseverbote, überlastete Gesundheitssysteme und eine Impfstoffentwicklung.
Das Zentrum hielt auch schon zuvor Liveplanspiele ab: im Jahr 2001 „Dark Winter“ und im Jahr 2005 „Atlantic Storm“. Der Journalist und Mitherausgeber des Magazins „Multipolar“, Paul Schreyer, hat diese Planspiele und Akteure in seinem Buch „Chronik einer angekündigten Krise“ detailliert untersucht.
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Vertrauensverlust und Desinformation
„Spars Pandemic 2025–2028“ war kein Liveplanspiel, sondern ein schriftlich erstelltes Szenario. Es sollte Entscheidungsträgern helfen, sich auf reale Krisen vorzubereiten, etwa durch Rollenspiele, Workshops oder Simulationen auf Basis des Textes.
Es beinhaltete die Kernthemen:
- fehlende Informationen zu Beginn der Pandemie
- Vertrauensverlust in Behörden und Experten
- Desinformation und Social-Media-Dynamiken
- Impfstoffentwicklung
- ethische Dilemmata
„SPARS“ steht für „St. Paul Acute Respiratory Syndrome“, benannt nach dem Ort des ersten fiktiven Ausbruchs: St. Paul, Minnesota. Das Szenario spielt in den Jahren 2025 bis 2028 und beschreibt, wie sich eine grippeähnliche Krankheit weltweit ausbreitet.
Initiator war wiederum Johns Hopkins. Veröffentlicht wurde das knapp 80-seitige Schriftstück im Oktober 2017.
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Ausbrüche vor COVID
Während es zu den Johns-Hopkins-Planspielen ausführliche Informationen gibt, sind die Inhalte und Szenarien von „Blue Orchid“ nicht bekannt.
So lässt sich auch über die Herkunft des Namens bislang nur spekulieren. „Blue Orchid“ ist etwa die erste Singleauskopplung aus dem Album „Get behind me Satan“ der Band „White Stripes“. Es erschien im Jahr 2005. Der metaphorische Titel des Rocksongs spielt mit Themen wie Verführung, Täuschung und Identitätsverlust.
Vor der COVID-19-Pandemie gab es in den vergangenen Jahrzehnten mehrere bedeutende Ausbrüche von Infektionskrankheiten, die weltweit für Aufsehen sorgten. Dazu zählen Vogelgrippe, SARS, Schweinegrippe, MERS, Ebola und das Zika-Virus.
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