Die „Kornkammer Europas“ ist munitionsverseucht

Landminen, Munition und chemische Verschmutzung bedrohen die ukrainischen Schwarzerdeböden. Mehr als ein Fünftel des Ackerlands ist direkt betroffen.
Titelbild
Zwei Traktoren auf einem der weiten ukrainischen Felder.Foto: Dzmitry Palubiatka/iStock
Von 25. Mai 2025

Bomben, Landminen und andere Sprengsätze in der Ukraine vernichten einige der wertvollsten Böden der Welt. Sie schaffen Gefahren und setzen gefährliche Schadstoffe frei – vor denen Fachleute warnen, sie könnten die Region dauerhaft schädigen.

„Das große Problem ist derzeit die Kontamination – es sind Landminen. Es ist einfach ein einziges Minenfeld“, erklärte Olena Lennon, außerordentliche Professorin am Institut für nationale Sicherheit der Universität New Haven, der Epoch Times. „Die dringendere Frage ist, wer die Minenräumung in diesem Gebiet finanziert und kontrolliert.“

Munition wirkt sich negativ auf Bodengesundheit aus

Sie verwies auf Schätzungen, dass es mit herkömmlichen Methoden mehr als 750 Jahre dauern könnte, die Sprengkörper zu entfernen. Forscher arbeiten an der Entwicklung hochmoderner KI-Anwendungen, um nicht explodierte Munition zu identifizieren und den Räumungsprozess zu beschleunigen.

In einem Bericht der Mine Action Review aus dem Jahr 2024 wurde die Einstufung der Landminenbelastung in der Ukraine von „hoch“ auf „massiv“ angehoben.

Sowohl die Ukraine als auch Russland sind dafür verantwortlich, die gesamte Region zu verminen. Darunter sind auch Streumunition und Antipersonenminen, die US-Präsident Joe Biden letztes Jahr an die Ukraine geliefert hatte.

Abgesehen von der Gefahr nicht explodierter Munition ist auch die Kontaminierung des Bodens ein Problem. Studien haben gezeigt, dass sich die Munition langfristig negativ auf die Gesundheit des Bodens auswirkt, auch nach Beendigung des Krieges.

Mehr als ein Fünftel des Ackerlands direkt betroffen

Millionen Kleinbauern sind vom Kampfgeschehen an der Ostgrenze der Ukraine betroffen. Einige beschreiben die Auswirkungen als völlige Verwüstung der Landwirtschaft, wobei mehr als 20 Prozent des ukrainischen Ackerlands direkt betroffen sind.

Tschernihiw in der Ukraine: Eine Bäuerin auf einem Weizenfeld. Foto: alexmak72427/iStock

Das Agrarland der Ukraine basiert auf Schwarzerde, einem nährstoffreichen Mutterboden mit hochwertiger Zusammensetzung, der eine hervorragende Wasserspeicherung aufweist.

„Dies ist ein sehr attraktives Land, eines der fruchtbarsten“, sagte Frederic Mousseau, Direktor des Oakland Institute, einer Denkfabrik für Sozial-, Wirtschafts- und Umweltpolitik, der Epoch Times. „Deshalb ist die Ukraine ein sehr vielversprechendes Investitionsziel für diejenigen, die Agrarprodukte herstellen und exportieren wollen.“

„Tschernosem“ auf knapp die Fläche von Deutschland

Berühmt für seinen Boden – von den Einheimischen als Tschernosem bezeichnet – verfügt die Ukraine über 25 bis 29 Millionen Hektar hochwertiges Ackerland. Das entspricht 250.000 bis 290.000 Quadratkilometern oder knapp der Fläche Deutschlands. Nach Angaben der Weltbank sind das etwa ein Drittel der gesamten Schwarzerdeflächen Europas. 

Weltweit gibt es zwei Schwarzerdegürtel, einer ist die eurasische Steppe, die von Ostkroatien entlang der Donau und durch die ungarische Puszta über die zentralen Schwarzerdegebiete Russlands bis nach Sibirien reicht. Der andere befindet sich in den kanadischen Prärien von Manitoba über die Great Plains der USA bis in den Süden von Kansas.

In Deutschland gibt es Schwarzerde in der Magdeburger Börde, der Hildesheimer Börde, im Thüringer Becken, am Niederrhein und in anderen Lössgebieten.

Bodenbestellung in der Region Kiew im April 2021. Foto: Artem Luken/iStock

Alle diese Gebiete sind über Tausende Jahre entstanden und weisen ein fein ausgewogenes Mikrobiom und Nährstoffprofil auf.

In der Ukraine liegt der Großteil der Schwarzerde im Osten des Landes, der stark durch den Krieg mit Russland betroffen ist. Karten zeigen, dass die Region mit Landminen übersät ist.

Cadmium, Blei, Quecksilber

Bombardierungen und Artillerieeinschläge stören den Boden, indem sie Bodenschichten verschieben und zur Erosion beitragen, wie Studien des ukrainischen Instituts für Bodenkunde und Agrochemieforschung ergaben.

Die Kontamination durch explodierte und nicht explodierte Munition umfasst auch giftige Schwermetalle wie Cadmium, Blei und Quecksilber. All diese Stoffe sind potenziell gesundheitsgefährdend und verringern die nutzbare Anbaufläche.

„Das Wohlergehen des Bodens wirkt sich direkt auf das Wohlergehen der Menschen aus“, sagte Lennon.

Einige sind besorgt, dass die Zerstörung so weitreichend ist, dass der Wiederaufbau schwierig und langwierig sein wird, wobei die Rückkehr der durch die Kämpfe vertriebenen Bauern eine gewaltige Aufgabe ist.

„Bei all den kriegsbedingten Schäden … sind die Kontaminationsgrade in gewisser Weise irreparabel“, sagte Lennon. „Es wird sehr schwierig, denn auch wenn Landwirte zurückkehren wollen, werden sie nicht mehr wie zuvor arbeiten können.“

Das Problem ist mit Geld nicht gut lösbar

Eine Lösung zu finden, die den Vorkriegszustand der Region wiederherstellt, sei eine große Herausforderung.

„Das Problem ist, dass es eigentlich egal ist, wer die Kontrolle übernimmt, denn man kann das Problem nicht einfach mit Geld lösen. Es gibt Aspekte einer politischen Lösung auf hoher Ebene, die noch nicht vorhanden sind. Selbst ein Friedensabkommen würde das Problem nicht lösen“, sagte Lennon.

„Ich denke, selbst wenn sie einen Waffenstillstand unterzeichnen würden, würden diese Böden dadurch nicht unbedingt zugänglich, produktiv oder profitabel, weil sie so stark kontaminiert sind.“

Region Tschernihiw in der Ukraine: Kartoffelanbau mit Traktor und Kartoffellegemaschine. Foto: alexmak72427/iStock

Vor Beginn des Krieges im Jahr 2022 ernteten die ukrainischen Landwirte jährlich etwa 80 Millionen Tonnen Getreide. In den vergangenen Jahren ist diese Menge laut US-Landwirtschaftsministerium um etwa 17 Prozent gesunken.

Ungefähr 18 Prozent des ukrainischen Staatsgebiets, was etwa 119.000 Quadratkilometern entspricht und etwa 80.000 Quadratkilometer (8,9 Mill. Hektar) Ackerland umfasst, stehen laut Schätzungen des Institute for the Study of War derzeit unter russischer Kontrolle.

Die Ukraine und Russland betrachten die Landwirtschaft als entscheidend für ihre nationale Sicherheit, die Kontrolle über die Schwarzerde gilt als wertvolles geopolitisches Gut.

Russland baut seine Weizenproduktion und seinen Handel aus und hat kürzlich die USA und Kanada als weltweit führenden Exporteur überholt – die Ukraine liegt an sechster Stelle.

 

Der Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel „Russia–Ukraine Conflict Is Jeopardizing Some of the World’s Most Fertile Soil“. (deutsche Bearbeitung ks)



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