Donbass in der Ukraine: Warum er eine Schlüsselrolle spielt

In Kürze:
- Der Donbass ist einer der Schlüssel zur Lösung des Ukraine-Konflikts.
- Putin beruft sich auf die Geschichte, doch für die Ukraine wäre die Aufgabe der Region eine wirtschaftliche Katastrophe.
- Das Gebiet ist reich an Rohstoffen, zugleich aber auch militärisch von Bedeutung.
Russland kontrollierte Mitte August 88 Prozent der ukrainischen Region Donbass – darunter das gesamte Gebiet von Luhansk sowie etwa 75 Prozent von Donezk. Ukrainische Streitkräfte halten jedoch weiterhin mehrere Schlüsselregionen in Donezk unter ihrer Kontrolle, die mit dem Verlust von Zehntausenden Menschenleben verteidigt wurden.
Die östlichen Oblaste Donezk und Luhansk – zusammen als Donbass bekannt – stellen für beide Kriegsparteien eine große Bedeutung dar und könnten deshalb ein Schlüssel für die Lösung des Ukraine-Konfliktes sein.
US-Präsident Donald Trump führt seit dem Gipfeltreffen in Alaska am 15. August fortlaufende Gespräche mit den am Ukraine-Krieg beteiligten Parteien.
Die englischsprachige Ausgabe Epoch Times erfuhr von europäischen Quellen, die mit der Angelegenheit vertraut sind, dass zwischen Trump und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin die Möglichkeit erörtert wurde, dass Russland Anspruch auf den gesamten Donbass erheben könne. Im Gegenzug würde Moskau zusichern, keine weiteren militärischen Operationen gegen die Ukraine zu starten.
Unter den europäischen Verbündeten hat Deutschland bereits Stellung zur Donbass-Frage bezogen. Der Ukraine dürften „keine Gebietsabtretungen aufgezwungen werden“, sagte Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) am Montag nach Abschluss der Beratungen mit dem US-Präsidenten. Wenn Russland den Donbass von der Ukraine fordere, sei das mit einem Verzicht der USA auf Florida vergleichbar, so Merz.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj erklärte bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Trump am Montag in Washington, dass solche Fragen auf einem Dreiergipfel zwischen ihm, Putin und Trump besprochen werden sollen.

Das Gebiet Donbass mit Markierungen für Donezk und Luhansk. Foto: klenger/iStock
Ukrainisches Außenministerium: Die Region liegt in Schutt und Asche
Am 16. August 2025, einen Tag nach dem Gipfeltreffen in Alaska, veröffentlichte das ukrainische Außenministerium auf X (ehemals Twitter) eine Mitteilung zur Situation im Donbass: „All diese Städte wurden bereits von der russischen Armee in Schutt und Asche gelegt“, hieß es in dem Beitrag, begleitet von Fotos aus Städten, die in den vergangenen drei Jahren schwere Kampfhandlungen erlebt hatten.

Alle diese Städte liegen in den ukrainischen Regionen Donezk und Luhansk, dem sogenannten Donbass. Foto: Außenministerium der Ukraine
Die ukrainische Regierung schreibt auch, dass viele ihrer Bewohner entweder ums Leben gekommen oder gewaltsam vertrieben wurden.
Warum spielt der Donbass für Moskau und Kiew eine so wichtige Rolle?
Was ist Putins Absicht?
Im Laufe der Jahre hat Putin das Thema Donbass mehrfach angesprochen. Sogar ein Essay wurde unter seinem Namen veröffentlicht, in dem er die Frage ausführlich behandelte.
Seitdem hat sich die Welt gewandelt, unter anderem durch den Übergang von einer demokratischen zu einer republikanischen Führung in den USA. Putin hat zudem in Alaska Trumps wiederholte Behauptung bestätigt, dass es im Jahr 2022 unter einer Präsidentschaft Trumps zu keiner militärischen Eskalation gekommen wäre.

Trump und Putin sprachen knapp drei Stunden miteinander in Alaska. Foto: Julia Demaree Nikhinson/AP/dpa
In einem Essay mit dem Titel „Über die historische Einheit von Russen und Ukrainern“ vom Juli 2021 erklärte Putin, der Donbass sei historisch russisches Land, das nach dem Zerfall der Sowjetunion aufgrund antirussischer Kräfte an die Ukraine gefallen sei.
Seiner Aussage nach habe Kiew zudem gar „kein Bedürfnis“ für den Donbass, da die dortige Bevölkerung die Ordnung des ukrainischen Staates niemals akzeptieren werde – eine Ordnung, die man „mit Gewalt, Blockaden und Drohungen aufzwingen“ wollte. Gleichzeitig verwies Putin darauf, dass die Minsker Abkommen – die „auf eine friedliche Beilegung des Konflikts im Donbass ausgerichtet waren“ – im Widerspruch zu jenem Konzept stünden, das er als „Anti-Russland-Projekt“ bezeichnete.
Nach Putins Ausführungen verfolgten russlandfeindliche Mächte das Ziel, die Ukraine zu einem Gegenpol zu Russland aufzubauen. Dieses Projekt könne jedoch nur aufrechterhalten werden, wenn sowohl ein innerer als auch ein äußerer Feind kultiviert werde: als innerer Feind die russischsprachige Bevölkerung im Donbass, als äußerer Feind Russland selbst.
Die Schatzkammer der Ukraine (oder Russland?)
Die Frage der territorialen Zugehörigkeit ist jedoch nicht nur eine politische, sondern auch eine wirtschaftliche Frage. Denn der Donbass bildete vor dem Einmarsch Russlands eine der wichtigsten Säulen der ukrainischen Wirtschaft. Das Gebiet kann somit auch Schatzkammer des Landes bezeichnet werden.
Dies wäre auch für Russland von großer Bedeutung. Einerseits könnte es einen eigenen wertvollen Besitz darstellen, andererseits könnte dadurch die Ukraine langfristig wirtschaftlich geschwächt werden und ihre Abhängigkeit von Russland würde wohl größer werden.
Das Gebiet im Osten der Ukraine grenzt unmittelbar an Russland. Vor fast drei Jahrhunderten wurde es als bedeutendes Kohleabbaugebiet entdeckt. Dieses Merkmal macht die Region bis heute für beide Länder besonders attraktiv.
Die Bezeichnung Donbass leitet sich von dem Ausdruck „Donets Basin“ ab, was so viel bedeutet wie „Donets-Becken“, benannt nach dem gleichnamigen Fluss. Das gesamte Gebiet entwickelte sich in den vergangenen Jahrhunderten zu einem wichtigen Industriegebiet. Ab dem späten 18. Jahrhundert entstanden allmählich Fabriken, Eisenwerke, Stahlwerke und Kohleminen.

Die Stadt Donezk, eines der Zentren der Region, im Jahr 2014. Foto: artfotoss/iStock
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts lieferte die Region rund 90 Prozent der gesamten Kohleproduktion Russlands. Die günstigen Umstände sicherten zahllosen Arbeitern Beschäftigung in den Betrieben, vor allem auch russischen Umsiedlern.
Der Donbass ist noch heute reich an Rohstoffen. Es gibt Vorkommen an Eisenerz und Kohle sowie Lithium, einem Kernbestandteil von Batterien und für die Dekarbonisierung der Wirtschaft unverzichtbarem Rohstoff.
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Russlandfreundliches Gebiet?
Zur Zeit der letzten offiziellen Volkszählung im Jahr 2001 lebten im Donbass mehrheitlich Ukrainer. Hier gab es jedoch auch eine bedeutende russische Minderheit. In beiden Regionen stellten sie jeweils rund 38 bis 39 Prozent der Bevölkerung. Selbst die ukrainische Bevölkerung verwendet in der gesamten Region zudem überwiegend die russische Sprache.
Die Region neigte aufgrund ihrer russisch geprägten Identität auch politisch stets eher nach Osten. Hier befand sich zudem die Heimat und Machtbasis von Präsident Viktor Janukowitsch, der enge Beziehungen zu Russland pflegte. Nachdem er Anfang 2014 infolge massiver Proteste gestürzt wurde, brachen in der Region Unruhen aus.
Im März 2014 übernahm Russland nach einem umstrittenen Referendum die Kontrolle über die Krim. Der Westen sprach von einer völkerrechtswidrigen Annexion. Moskau bezeichnete es hingegen als eine legitime Wiedervereinigung.
Im Donbass kam es in der Folge zu Kämpfen zwischen ukrainischen Streitkräften und prorussischen Separatisten. Dieser Konflikt dauerte acht Jahre und forderte laut Angaben der Vereinten Nationen schätzungsweise 14.000 Menschenleben.
Die Rebellen verkündeten zudem im April 2014 die Gründung der unabhängigen, sogenannten Volksrepubliken Donezk und Luhansk. Bevor Putin die Invasion der Ukraine startete, erkannte er die abtrünnigen Gebiete an.
Von Beginn der bewaffneten Auseinandersetzungen im Februar 2022 stellte Putin auch den Schutz der Bewohner des Donbass als zentrales Motiv für die Einleitung dessen dar, was er seine „spezielle Militäroperation“ nannte. Er erklärte wiederholt, Donezk und Luhansk hätten Moskau um Hilfe gebeten, und bekräftigte mehrfach – vom Westen vielfach bestrittene – Behauptungen, dass die russischsprachige Bevölkerung von Kiew einem Völkermord ausgesetzt sei.
Im September 2022 stimmten in Luhansk 98 Prozent und in Donezk 99 Prozent für einen Beitritt zu Russland. Die Durchführung dieser Abstimmungen stieß jedoch auf deutliche Kritik seitens der EU, der UN und der OSZE. Diese bezeichneten das gesamte Verfahren als illegitim – insbesondere mit dem Hinweis, dass die Besetzung der Regionen durch Russland sowie die anhaltenden Kampfhandlungen keine demokratischen Rahmenbedingungen zuließen.
Russland hingegen erkannte das Referendum in vollem Umfang als rechtmäßig an. Die Kontroverse dauert bis heute an.

Eine Frau hält ein Plakat mit der Aufschrift „Donbass gehört zur Ukraine! Keine illegalen Wahlen im Donbass“ hoch, während sie zusammen mit anderen Flüchtlingen aus den ostukrainischen Regionen Donezk und Luhansk am 2. November 2014 in Kiew demonstriert. Foto: Yury Kirnichny/AFP via Getty Images
Kiews Strategie
Das Gebiet des Donbass ist für Kiew nicht nur wirtschaftlich wichtig und wegen der dort lebenden ukrainischen Bevölkerung, sondern auch militärisch von strategischer Bedeutung.
Elina Beketova, Fellow am Centre for European Policy Analysis, erklärte diese Woche im „Independent“, dass Russland hier schon seit 2014 keinen Durchbruch erzielen konnte. Die gesamte Region sei stark vermint, und die ukrainischen Truppen erweiterten dort seit Jahren ihre Verteidigungskapazitäten.
Sie fügte hinzu: „Es geht nicht nur um Schützengräben, sondern um ein tiefes, gestaffeltes Verteidigungssystem mit Bunkern, Panzergräben, Minenfeldern und Industrieanlagen, die ins Gelände integriert sind. Dazu kommen noch strategische Anhöhen, Flüsse und städtische Zonen, die es sehr schwierig machen, es einzunehmen.“
Dies könnte ein weiterer Grund sein, warum Selenskyj bisher eine Gebietsübertragung abgelehnt hat. Er hat oft betont, dass der Donbass für die Russen ein Sprungbrett für eine zukünftige Offensive sein könnte.
Jetzt, da sich die Lage ändert und erstmals überhaupt Verhandlungen über territoriale Zugeständnisse angedacht werden, beobachtet die ganze Welt gespannt, wie sich die Situation entwickeln wird.
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