Drohnen über Polen: NATO berät, Russland spricht von „Mythen“, Trump schaltet sich ein
Das Eindringen von fast 20 Drohnen in den polnischen Luftraum hat bei den NATO-Verbündeten für Empörung gesorgt. Polen machte Russland dafür verantwortlich. Regierungschef Donald Tusk sprach am Mittwoch von einer „Provokation großen Ausmaßes“, Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) verurteilte den Vorfall „auf das Schärfste“. Die NATO beriet auf polnischen Antrag nach Artikel 4 des Militärbündnisses wegen Bedrohung eines Mitgliedstaates.
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Laut NATO-Generalsekretär Mark Rutte sei die vollständige Untersuchung der Vorfälle noch nicht abgeschlossen. Es handele es sich jedoch nicht um einen „Einzelfall“.
Trump meldet sich zu Wort
US-Präsident Donald Trump kommentierte auf Truth Social: „Was ist mit Russland, das den polnischen Luftraum mit Drohnen verletzt?“ Er fügte hinzu: „Here we go!“ – eine Aussage, die sich sinngemäß mit „Los geht’s!“ oder „Da haben wir’s!“ übersetzen lässt. Was Trump damit genau meinte, blieb unklar.
Nach Angaben aus dem Weißen Haus wollte der US-Präsident wegen des Vorfalls mit dem polnischen Präsidenten Karol Nawrocki telefonieren. „Präsident Trump und das Weiße Haus verfolgen die Berichte aus Polen, und es gibt Pläne, dass Präsident Trump heute mit Präsident Nawrocki sprechen wird“, sagte ein Vertreter des Weißen Hauses der Nachrichtenagentur AFP.
Moskaus Darstellung
Russland warf der Regierung in Warschau unterdessen vor, „Mythen“ zu verbreiten. Das russische Außenministerium bekräftigte am Mittwoch in einer Erklärung die Darstellung der Armee, dass Russland Polen nicht ins Visier genommen habe und seine Drohnen eine Reichweite von maximal 700 Kilometer hätten. Das Ministerium fügte an: „Diese konkreten Fakten widerlegen erneut die Mythen, die Polen verbreitet, um die Ukraine-Krise weiter zu eskalieren.“
Die russische Botschaft in Warschau teilte der Nachrichtenagentur AFP zudem mit, dass Polen „keine Beweise für die russische Herkunft“ der Objekte vorgelegt habe, die „in den polnischen Luftraum eingedrungen“ seien. Polen habe Russland „ohne jegliche Grundlage Provokationen vorgeworfen“.
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Auch deutsche Patriot-Systeme an Abwehraktion beteiligt
In der Nacht zum Mittwoch drangen Drohnen drangen in den polnischen Luftraum vor, einige von ihnen wurden abgeschossen.
An dem Abwehreinsatz gegen die Luftraumverletzung waren laut Nato-Generalsekretär Rutte neben polnischen F-16-Kampfjets auch niederländische F-35, italienische Flugzeuge sowie deutsche Patriot-Flugabwehrsysteme beteiligt. Zudem nannte er auch ein Awacs-Spezialflugzeug der Nato zur Luftraumüberwachung sowie militärische Tank- und Transportflugzeuge.
Das Verteidigungsministerium in Berlin erklärte, die zwei deutschen Feuereinheiten des Luftverteidigungssystems Patriot am polnischen Flugplatz Rzeszow hätten in der Nacht „sofort die Alarmbereitschaft erhöht“. Das deutsche Kontingent in Rzeszow habe, so wie andere Verbündete auch, in der Folge zum Gesamtlagebild beigetragen. Ein direkter eigener Waffeneinsatz, also ein Verschuss von Patriot-Lenkflugkörpern, sei nicht erfolgt.
Bewusste Provokation oder Versehen?
Mehrere europäische Spitzenvertreter gingen davon aus, dass die Drohnen absichtlich den polnischen Luftraum verletzten und nicht aus Versehen beim jüngsten Angriff Russlands auf die Ukraine bis nach Polen flogen. US-Botschafter bei der NATO, Matthew Whitaker, schrieb: „Wir werden jedes Stück NATO-Territorium verteidigen.“
Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius geht davon aus, dass die Drohnen „offensichtlich von belarussischem Gebiet aus auf ihren Weg geschickt worden sind“. Es gebe keine Anlässe zu vermuten, dass es sich hier um Kurskorrektur-Fehler oder dergleichen handele.
„Diese Drohnen sind ganz offenkundig gezielt auf diesen Kurs gebracht worden. Um in die Ukraine zu fliegen, hätten Sie diesen Weg nicht fliegen müssen“, sagte er am Mittwoch in der Regierungsbefragung im Bundestag. Pistorius sicherte der polnischen Regierung deutsche Unterstützung zu: „Wir kooperieren mit den Polen bei der Konsultierung nach Artikel 4.“
Polen meldete mindestens 19 Luftraumverletzungen und bestätigte zunächst den Abschuss von drei Drohnen, wie Tusk vor dem polnischen Parlament bekanntgab. Er sprach von einer „großen Anzahl russischer Drohnen“, die den polnischen Luftraum verletzt hätten. Dies bringe Polen „näher denn je an einen offenen Konflikt“.
Bei der NATO gilt der Grundsatz: Wenn ein Mitgliedstaat angegriffen wird, wird dies als Angriff auf alle NATO-Mitglieder gewertet. Dies ist in Artikel 5 des Nordatlantikvertrages festgelegt. Gemäß Artikel 4 kann jeder Mitgliedstaat im Fall einer Bedrohung eine Sitzung des Nordatlantikrates verlangen. Dabei kann es zu gemeinsamen Beschlüssen oder Maßnahmen kommen, muss es aber nicht.
Teure Jets gegen billige Drohnen?
Der Oberbefehlshaber der NATO-Truppen in Europa, US-General Alexus Grynkewich, lobte, die NATO habe „schnell und entschieden“ auf die Situation reagiert. Ulrike Franke, Forscherin an der Denkfabrik Europäischer Rat für Auswärtige Beziehungen (ECFR) ist jedoch nicht ganz so überzeugt: „Drei oder vier abgeschossene Drohnen von 19 – das ist keine gute Quote. War es deswegen, weil sie keine Gefahr darstellten, oder konnten nur diese abgeschossen werden?“
Der Abschuss kostengünstiger Drohnen mit Munition, die von enorm teuren Kampfflugzeugen abgefeuert wird, wäre zudem langfristig nicht tragbar. Der frühere Oberbefehlshaber der US-Streitkräfte in Europa, Ben Hodges, schrieb auf X: „Der Einsatz von F-35 und F-22 gegen Drohnen zeigt, dass wir noch nicht bereit sind.“ (afp/dpa/dl)
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