Ende der linken Ära in Bolivien: Konservativer gewinnt Präsidentschaftswahl

Mit Rodrigo Paz Pereira gewinnt in Bolivien ein christdemokratischer Senator – und leitet damit das Ende einer fast 20 Jahre währenden linken Ära ein. Er hatte im Wahlkampf mit dem Motto „Kapitalismus für alle“ geworben.
Rodrigo Paz Pereira hielt nach seinem Wahltriumph eine Rede vor Anhängern.
Rodrigo Paz Pereira hielt nach seinem Wahltriumph eine Rede vor Anhängern.Foto: Natacha Pisarenko/AP/dpa
Epoch Times20. Oktober 2025

In Bolivien gehen zwei Jahrzehnte linker Regierungen zu Ende: Der christdemokratische Senator Rodrigo Paz hat nach offiziellen Zahlen die Präsidentschaftswahl in dem Andenstaat gewonnen.

Paz kam in der Stichwahl gegen seinen Konkurrenten Jorge „Tuto“ Quiroga auf 54,5 Prozent der Stimmen, teilte die bolivianische Wahlbehörde am Sonntag nach Auszählung von knapp 98 Prozent der Stimmen mit. Der Wahlsieger stellte eine internationale Öffnung seines Landes in Aussicht, die USA drückten ihre Hoffnung auf einen Neustart der Beziehungen aus.

USA reagieren erleichtert

„Bolivien kehrt Schritt für Schritt auf die internationale Bühne zurück (…). Wir müssen Bolivien für die Welt öffnen und wieder eine Rolle übernehmen“, sagte der gewählte Präsident vor seinen Anhängern in einem Hotel im Zentrum der Metropole La Paz, wo die bolivianische Regierung ihren Sitz hat. Er sagte auch, er habe einen Anruf von US-Präsident Donald Trump erhalten.

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Insbesondere das Verhältnis Boliviens zu den USA hatte sich unter linksgerichteten Staatschefs in den vergangenen zwei Jahrzehnten massiv verschlechtert. Im Jahr 2008 wies die damalige Regierung des zwei Jahre zuvor gewählten Präsidenten Evo Morales den US-Botschafter aus, was einen Abbruch der diplomatischen Beziehungen zu Washington zur Folge hatte.

Unter Morales‘ seit 2020 regierendem Nachfolger Luis Arce wurden die Beziehungen nicht wieder aufgenommen, er knüpfte stattdessen wirtschaftliche und politische Bande mit Venezuela, China, Russland und dem Iran.

«Es lebe das Vaterland, verdammt noch mal!», rief Paz der Menge zu.

„Es lebe das Vaterland, verdammt noch mal!“, rief Paz der Menge zu. Foto: Natacha Pisarenko/AP/dpa

Auf den Wahlsieg des Konservativen Paz reagierten insbesondere die USA erleichtert. Nach „zwei Jahrzehnten der Misswirtschaft“ biete Paz‘ Wahl „beiden Nationen die Chance auf einen Wandel“, schrieb US-Außenminister Marco Rubio in einer Erklärung. Washington sei zur Zusammenarbeit unter anderem bei der regionalen Sicherheit und dem Kampf gegen irreguläre Migration bereit – sowie bei der Investitionsförderung.

Der politische Richtungswechsel weckt auch in Europa Interesse. Bolivien verfügt über die weltgrößten Reserven an Lithium. Unter der bisherigen linken Regierung kamen Investitionen nur langsam voran.

Deutsche Unternehmen hoffen nun auf neue Chancen. „Man sitzt in den Startlöchern“, sagte Bolivien-Expertin Christina Stolte von der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung vor der Wahl.

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„Kapitalismus für alle“ und eine Regierung des „Konsens“

In der bolivianischen Metropole strömten nach Bekanntwerden des Wahlergebnisses zahlreiche Anhänger des Wahlsiegers auf die Straßen und feierten mit Feuerwerk, Jubelschreien und Musik.

Der 58-jährige Paz tritt sein Amt am 8. November an. Im Wahlkampf hatte er Wirtschaftsreformen unter dem Motto „Kapitalismus für alle“ versprochen. Der in Spanien geborene Politiker will eine Art bedingungsloses Grundeinkommen für Frauen einführen und mit einer Steuerreform der Industrie des Landes zum Aufschwung verhelfen. Paz ist der Sohn von Ex-Präsident Jaime Paz Zamora, der zwischen 1989 und 1993 bolivianischer Präsident war.

Der in der Stichwahl unterlegene Kandidat Quiroga sagte, er habe Paz zu seinem Wahlsieg gratuliert. Die Partei des Wahlsiegers verfügt nicht über eine Mehrheit im Parlament, was zu Allianzen mit anderen Parteien führen dürfte.

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Vor seiner Stimmabgabe in einem Wahllokal der südlichen Stadt Tarija hatte Paz angekündigt, dass er eine auf „Konsens“ basierende Regierung bilden wolle, um das Land voranzubringen. Zu der Wahl in dem Andenstaat waren knapp acht Millionen Bürger aufgerufen, es gilt Wahlpflicht.

Vor vielen Tankstellen bilden sich wegen Treibstoffmangels teils lange Schlangen. (Archivbild)

Vor vielen Tankstellen bilden sich wegen Treibstoffmangels teilweise lange Schlangen. Foto: Juan Karita/AP/dpa

Endet der Sozialismus?

Mit dem Einzug der beiden konservativen Politiker Paz und Quiroga in die Stichwahl hatte bereits im Vorfeld festgestanden, dass Bolivien ein Richtungswechsel bevorsteht. In den vergangenen 20 Jahren hatten stets linksgerichtete Staatschefs und Regierungen das südamerikanische Land regiert.

Der derzeitige sozialistische Präsident Luis Arce hatte sich wegen sinkender Beliebtheit zurückgezogen und trat nicht mehr an. Arce sowie seine Partei MAS (Movimiento al Socialismo, Bewegung hin zum Sozialismus) werden von vielen Wählern für die Wirtschaftskrise verantwortlich gemacht.

Die Inflationsrate in dem Andenstaat liegt bei fast 25 Prozent, es herrscht ein Mangel an Treibstoff und ausländischen Devisen. Auch Gewalt gegen Frauen und Mädchen ist ein großes Problem.

Die Exporte von Erdgas sind stark zurückgegangen. Beide Kandidaten wollten Elemente des staatlich gelenkten Modells der MAS-Ära zurücknehmen, unterschieden sich jedoch in der Radikalität ihrer Ansätze. Paz warb für eine schrittweise Reform, während Quiroga drastische Kürzungen vorschlug. (afp/ks)

 

 



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