Ermittler: Treibstoffzufuhr kurz vor Flugzeugabsturz in Indien unterbrochen

Ein deutscher Luftfahrtexperte vermutet „Suizid“ – die Pilotengesellschaft warnt vor vorschnellen Schlüssen: Laut indischen Ermittler war vor dem Absturz der Air India-Maschine die Treibstoffzufuhr der Triebwerke abgeschaltet.
Trümmer des Flugzeugs ragen aus einem Gebäude.
Trümmer des Flugzeugs ragen aus einem Gebäude.Foto: Ajit Solanki/AP/dpa
Epoch Times13. Juli 2025

Indische Ermittler veröffentlichten erste Erkenntnisse zum Absturz der Air India-Maschine, bei dem vor einem Monat 260 Menschen ums Leben gekommen waren. Demnach wurden die Kontrollschalter für die Treibstoffzufuhr beider Triebwerke kurz vor dem Absturz abgeschaltet und die Treibstoffzufuhr damit unterbrochen.

Schlüsse aus dieser Erkenntnis oder gar Schuldzuweisungen veröffentlichte die indische Flugunfall-Untersuchungsbehörde in ihrem Bericht am Samstag nicht. Ein deutscher Luftfahrtexperte vermutete eine vorsätzliche Tat eines Piloten.

Pilotenfrage: Treibstoffzufuhr unterbrochen

Sekunden vor dem Absturz der Boeing 787-8 Dreamliner in Ahmedabad am 12. Juni wurden die beiden Schalter für die Kraftstoffzufuhr der zwei Triebwerke von „run“ (offen) auf die Position „cutoff“ (geschlossen) gekippt, wie die Ermittler der indischen Behörde zur Untersuchung von Flugunfällen (AAIB) in ihrem 15-seitigen Zwischenbericht schildern.

Aufzeichnungen des Cockpit-Stimmenrecorders zufolge fragte daraufhin einer der beiden Piloten den zweiten, warum er die Treibstoffzufuhr unterbrochen habe. Dieser antwortete, das habe er nicht getan.

Die Maschine verlor rasch an Höhe, kurz darauf wurden die Schalter für die Treibstoffzufuhr wieder angeschaltet. Die Triebwerke nahmen zwar offenbar wieder Fahrt auf, doch kurz darauf setzte einer der Piloten mit „Mayday, Mayday, Mayday“ einen Notruf ab. Auf die Nachfrage des Towers, was los sei, gab es schon keine Antwort mehr. Fluglotsen sahen die Maschine abstürzen und alarmierten die Rettungsdienste.

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Zivilluftfahrtminister Ram Mohan Naidu Kinjarapu warnte davor, voreilige Schlüsse aus den vorläufigen Untersuchungsergebnissen zu ziehen. Stattdessen solle der Abschlussbericht abgewartet werden.

Pilotengewerkschaft warnt vor vorschnellen Bewertungen

Die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) warnt vor vorschnellen Bewertungen. Aus Sicht der VC lasse der bisher vorgelegte Bericht jedoch keinen eindeutigen Schluss auf eine absichtliche Handlung zu.

Wichtige technische und systemische Aspekte seien nach wie vor ungeklärt. Seriöse Rückschlüsse zur Unfallursache seien zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich.

Ein Beispiel für offenen Klärungsbedarf sei: Die verunglückte Maschine war mit einem Schalter zur Kontrolle der Treibstoffzufuhr („Fuel Control Switch“) ausgestattet, bei dem unter Umständen die Arretierungsfunktion, das sogenannte „Locking Feature“, nicht intakt gewesen sein könnte. Dies könne unbeabsichtigte Betätigungen begünstigen.

Trotz bekannter Sicherheitsbedenken sei dieses Bauteil bei Air India weder überprüft noch durch eine verbesserte Version ersetzt worden, so die Gewerkschaft.

„Die Aufgabe der Flugunfalluntersuchung ist es, unabhängig sämtliche Faktoren eines Unfalls zu beleuchten – technischer, organisatorischer und menschlicher Art“, sagte VC-Vorständin Vivianne Rehaag. „Diesen Prozess gilt es abzuwarten und zu respektieren. Vorverurteilungen helfen der Sicherheit nicht – im Gegenteil.“

Deutsche Luftfahrtexperte vermutet „Suizid“

Der deutsche Luftfahrtexperte Heinrich Großbongardt sagte dem „Spiegel“, alles deute darauf hin, „dass es ein Suizid war“. Großbongardt zeigte sich überzeugt, „dass einer der beiden Piloten dieser Maschine bewusst die Treibstoffzufuhr unterbrochen hat – und das genau in dem Moment, in dem das Flugzeug am verwundbarsten war, unmittelbar nach dem Abheben“.

In diesem Moment brauche „das Flugzeug den vollen Schub, um an Höhe und Geschwindigkeit zu gewinnen“, sagte der ehemalige Mitarbeiter von Boeing, der Lufthansa und der Pilotenvereinigung Cockpit weiter. „Das Abschalten der Treibstoffzufuhr hat das Gegenteil bewirkt: Die Maschine ist abgestürzt.“

Ein technischer Defekt oder eine unbeabsichtigte Betätigung der Schalter sei höchst unwahrscheinlich, sagte Großbongardt dem „Spiegel“. Die indischen Ermittler hätten herausgefunden, dass die beiden Treibstoffregler nacheinander „im Abstand von einer Sekunde zwischen Schalter 1 und Schalter 2“ umgeschaltet worden seien. „Das kann nach menschlichem Ermessen nur einer der beiden Männer im Cockpit getan haben.“

Zunächst keine weiteren Konsequenzen empfohlen

Laut dem AAIB-Bericht hatte die US-Luftfahrtbehörde bereits im Jahr 2018 auf das Risiko einer „potenziellen Lösung der Verriegelung des Kontrollschalters für die Kraftstoffzufuhr“ des betroffenen Flugzeugtyps hingewiesen. Da dies jedoch nicht als „unsicherer Zustand“ eingestuft wurde, wurden bei Air India keine entsprechenden Kontrollen vorgenommen. Solche Untersuchungen seien lediglich „empfohlen und nicht verpflichtend“ gewesen, teilte die Fluggesellschaft den Ermittlern mit.

Als Konsequenz der ersten Ermittlungen würden keine weiteren Maßnahmen für Betreiber von Flugzeugen des betroffenen Typs oder für die Hersteller und Betreiber von Triebwerken empfohlen, erklärte die AAIB. Dies deutet darauf hin, dass die Ermittler zunächst kein grundlegendes technisches Problem beim Boeing 787-8 Dreamliner sehen.

Die Maschine war am 12. Juni unmittelbar nach dem Start in ein Wohngebiet im westindischen Ahmedabad gestürzt. Nur ein Passagier überlebte den Absturz, 241 weitere Insassen und 19 Menschen am Boden kamen ums Leben. (afp/dts/red)



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