EU-Gelder für NGOs: Steuerzahlerbund stellt Strafanzeige gegen Ex-EU-Kommissare

Der Europäische Steuerzahlerbund hat Strafanzeige gegen zwei ehemalige EU-Kommissare gestellt. Es geht um mutmaßlich zweckentfremdete Fördermittel und den Verdacht gezielter politischer Einflussnahme. Nun soll die Justiz klären, ob EU-Gelder missbräuchlich verwendet wurden.
Vor rund zwei Jahren erschütterten Ermittlungen zu Korruption, Geldwäsche und versuchter Einflussnahme eines Golfstaats das Europaparlament.
NGOs sollen mit EU-Mitteln Parlament manipuliert haben.Foto: Marek Majewsky/dpa
Von 26. Juli 2025

Der Europäische Steuerzahlerbund (TAE) hat am vergangenen Mittwoch eine umfassende Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft München sowie parallel bei der EU-Staatsanwaltschaft in Luxemburg eingereicht. Das teilte die Organisation in einer Pressemitteilung mit.

Im Zentrum der Anzeige stehen zwei ehemalige Mitglieder der Europäischen Kommission: Frans Timmermans, in der Legislaturperiode 2019 bis 2023 Vizepräsident und zuständig für Klimaschutz, sowie Virginijus Sinkevičius, bis 2024 Kommissar für Umwelt und Ozeane. Die Anzeige richtet sich vorsorglich auch gegen alle weiteren Personen, die durch die Behörden im weiteren Verlauf der Ermittlungen identifiziert werden könnten.

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Hintergrund ist der Verdacht, dass in der Amtszeit der Kommission von der Leyen (2019–2024) EU-Mittel in erheblichem Umfang an Nichtregierungsorganisationen (NGOs) vergeben wurden, ohne dass diese Entscheidungen transparent dokumentiert oder nachvollziehbar erklärt wurden.

Medienberichten zufolge soll es sogar vertragliche Regelungen gegeben haben, die es bestimmten NGOs ermöglichten, aktiv und gezielt Einfluss auf Gesetzgebungsverfahren innerhalb der Europäischen Union zu nehmen. Der Steuerzahlerbund fordert daher eine konsequente strafrechtliche Prüfung dieser Vorgänge, insbesondere in Bezug auf mögliche Verstöße gegen Haushaltsrecht, Transparenzvorgaben und das Prinzip der Gewaltenteilung innerhalb der EU.

NGO-Förderung mit politischer Zielsetzung?

Zentraler Kritikpunkt ist der Umgang mit Mitteln aus dem EU-Förderprogramm „LIFE“, das laut offizieller Beschreibung der Umsetzung europäischer Umwelt-, Klima- und Energiepolitik dient.

Während die Kommission betont, dass das Programm zur Förderung von Beteiligung, Aufklärung und guter Regierungsführung dient, zeigten interne Dokumente und Verträge, dass Teile der Mittel offenbar für politische Kampagnen eingesetzt wurden. So sollen Organisationen wie ClientEarth oder Friends of the Earth konkrete Summen – teilweise in sechsstelliger Höhe – erhalten haben, um gezielte politische Aktivitäten umzusetzen.

Dazu zählten laut Medienberichten unter anderem Klagen gegen Unternehmen, Kampagnen gegen das Mercosurabkommen oder gezielte Einflussnahme auf Europaabgeordnete bei Abstimmungen zu Umwelt- und Landwirtschaftsthemen.

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Die Verbindungen zwischen Kommission und NGOs gingen laut vorliegenden Informationen über klassische Projektförderung hinaus. In einzelnen Verträgen sollen konkrete Gegenleistungen für die Fördermittel vereinbart worden sein: etwa das Versenden bestimmter Lobbyschreiben, die Organisation von Treffen mit Abgeordneten oder das gezielte Platzieren von Inhalten in sozialen Medien.

Auch wurde berichtet, dass einzelne NGOs vertraglich verpflichtet wurden, Einfluss auf Trilogverhandlungen oder Abstimmungen im Europäischen Parlament zu nehmen. Diese Praxis stellt aus Sicht des Steuerzahlerbundes eine problematische Form der politischen Einflussnahme dar – vor allem dann, wenn solche Aktivitäten mit öffentlichen Mitteln finanziert und außerhalb der üblichen demokratischen Verfahren gesteuert werden.

Kritik aus dem Parlament und erste Konsequenzen

Die Vorgänge wurden erstmals Anfang 2024 öffentlich diskutiert, nachdem der Haushaltskontrollausschuss des Europäischen Parlaments unter der Leitung der CSU-Abgeordneten Monika Hohlmeier Einsicht in zahlreiche LIFE-Verträge beantragt hatte.

Die Untersuchung wurde notwendig, nachdem bereits 2023 auf der offiziellen EU-Plattform „Business and Biodiversity“ eine auffällige Häufung von Lobby-Aktivitäten festgestellt worden war. Die Einsichtnahme in die Verträge erfolgte unter strengen Bedingungen, offenbarte jedoch eine Vielzahl von Fällen, in denen politische Einflussmaßnahmen Bestandteil der geförderten Arbeitsprogramme waren.

Als Reaktion auf die öffentliche Kritik veröffentlichte die Europäische Kommission im April 2025 eine Stellungnahme, in der sie erstmals einräumte, dass es in einzelnen Fällen zu unerlaubter politischer Einflussnahme gekommen sei. Gleichzeitig kündigte sie neue Leitlinien an, mit denen künftig verhindert werden solle, dass EU-Gelder zur gezielten Beeinflussung von Abgeordneten oder Institutionen verwendet werden.

Bereits im Herbst 2024 hatte die Kommission eine interne Weisung an LIFE-geförderte Organisationen verschickt, in der politische Lobbyaktivitäten ausdrücklich untersagt wurden. In dem Schreiben wurde darauf hingewiesen, dass bestimmte Maßnahmen – etwa das Versenden von Briefen an EU-Institutionen oder das Bereitstellen von Lobbymaterial – ein „Reputationsrisiko für die Union“ darstellten und künftig nicht mehr förderfähig seien.

Diese Regeländerungen stießen auf Widerstand innerhalb der Zivilgesellschaft. 26 Umweltorganisationen, die vom LIFE-Programm profitierten, kritisierten die neuen Vorgaben in einem offenen Brief an die Kommission. Sie sahen darin einen Angriff auf demokratische Beteiligung und politische Meinungsfreiheit. Unterstützung erhielten sie unter anderem von der Europaabgeordneten Jutta Paulus (Grüne), die die neuen Einschränkungen als Rückschritt für Umwelt- und Klimaschutzpolitik interpretierte.

Rechtsstaatlichkeit und Transparenz als Prüfstein

Für den Europäischen Steuerzahlerbund ist die Debatte damit keineswegs abgeschlossen. Die Organisation fordert eine vollständige juristische Aufarbeitung der Vorgänge – nicht nur zur Klärung möglicher individueller Rechtsverstöße, sondern auch, um die Frage zu beantworten, in welchem Umfang die Kommission als Exekutivorgan politische Prozesse beeinflusst hat. Insbesondere müsse geprüft werden, ob die direkte oder indirekte Beeinflussung des Europäischen Parlaments mithilfe von geförderten Drittakteuren einen Verstoß gegen die Gewaltenteilung darstellt.

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Dabei betont der Steuerzahlerbund, dass sich seine Kritik nicht grundsätzlich gegen die Förderung von Nichtregierungsorganisationen richtet. Vielmehr gehe es um die Art und Weise, wie diese Mittel vergeben und verwendet wurden. Wenn EU-Gelder genutzt würden, um gegen die eigenen Ziele oder gegen die politische Neutralität der Institutionen zu arbeiten, sei das nicht hinnehmbar.

In diesem Zusammenhang verweist der TAE ausdrücklich auf den Sonderbericht 11/2025 des Europäischen Rechnungshofs zur Transparenz bei der NGO-Förderung. Der Bericht hatte bereits zahlreiche Schwachstellen bei der Kontrolle und Zweckbindung von LIFE-Mitteln identifiziert und forderte ebenfalls eine Reform des Vergabesystems.

Die Strafanzeige des TAE wird von Rechtsanwalt Dr. Richard Beyer begleitet, der zugleich wissenschaftlicher Direktor des Europäischen Instituts für Öffentliche Finanzen ist. Für den TAE geht es, das betont der Verband, letztlich um mehr als einen Einzelfall: Es soll geklärt werden, ob es auf europäischer Ebene rechtsstaatlich gesicherte Verantwortlichkeit im Umgang mit Haushaltsmitteln gibt. Denn, so die zentrale Botschaft:  „Es darf kein rechtsfreier Raum entstehen. Denn alle Europäer sind vor dem Gesetz gleich.“

 



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