EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeit: USA und Katar drohen mit LNG-Kürzungen

Die EU sucht nach dem Ende der Energiepartnerschaft mit Russland neue Versorger – doch ausgerechnet ihre eigene Klimapolitik droht diese zu verschrecken. In einem gemeinsamen Schreiben warnen die USA und Katar vor den Folgen der geplanten EU-Nachhaltigkeitsrichtlinie CSDDD und sprechen von einer „fundamentalen Gefahr für Europas Wirtschaftskraft“.
EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen hat US-Präsident Donald Trump in Aussucht gestellt, dass EU-Unternehmen künftig noch mehr LNG in Amerika kaufen. (Archivbild)
EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen hat US-Präsident Donald Trump in Aussicht gestellt, dass EU-Unternehmen künftig noch mehr LNG in Amerika kaufen. (Archivbild)Foto: Evan Vucci/AP/dpa
Von 26. Oktober 2025

In Kürze:

  • EU plant strenge Lieferkettenauflagen mit Bußgeldern bis zu 5 Prozent des Jahresumsatzes
  • USA und Katar sehen darin eine Gefahr für Energiekooperation und Investitionen
  • LNG-Lieferungen könnten ausbleiben, falls Brüssel nicht nachbessert
  • Deutschland und Frankreich verlangen bereits Korrekturen

 

Eine jahrzehntelange Energiepartnerschaft mit Russland – und die EU muss nach Alternativen suchen. Dabei muss Brüssel zunehmend lernen, dass die eigenen ambitionierten Klimaziele diesem Ansinnen nicht immer Rückenwind verleihen. Die USA und Katar gelten als Schlüsselfaktoren bei der Ersetzung russischer Gaslieferungen.

Nun haben diese erneut deutlich gemacht, sich nicht der geplanten EU-Richtlinie über die Nachhaltigkeitssorgfaltspflicht von Unternehmen (CSDDD) beugen zu wollen. Diese sollen Unternehmen strenge Berichtspflichten mit Blick auf ihre Lieferkette auferlegen – widrigenfalls drohen hohe Bußgelder. Im Europäischen Parlament war erst kürzlich der Versuch einer Anpassung der Vorlage gescheitert. Mittlerweile wird deutlich: Bleibt eine solche aus, könnten auch LNG-Lieferungen ausbleiben.

Warnung an die EU: „Fundamentale Gefahr für die Wirtschaftskraft“

In einem gemeinsamen Schreiben haben sich nun US-Energieminister Chris Wright und Katars Energieminister Saad Sherida Al-Kaabi an die Staats- und Regierungschefs der EU gewandt. In diesem warnen sie die Europäer davor, sich selbst durch das Vorhaben Schaden zuzufügen. Die geplante Richtlinie sei eine „fundamentale Gefahr für die europäische Wirtschaftskraft“.

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Die neuen Energiewunschpartner fordern insbesondere eine dringliche Überarbeitung mehrerer geplanter Bestimmungen. Gemeint sind damit vor allem jene über die extraterritoriale Anwendung der Richtlinie, über die Maßnahmen zur Abschwächung des Klimawandels, über die Bußgelder und über die zivilrechtliche Haftung von Unternehmen.

Zusammen, so heißt es in dem Schreiben, stellen diese Vorgaben „signifikante Herausforderungen“ dar. Zudem drohten sie die Fähigkeit US-amerikanischer, katarischer und weiterer internationaler Unternehmen, die Energiezusammenarbeit mit Europa auszubauen, zu unterminieren.

Qatar Energy müsste aufgrund seiner Größe Vorgaben erfüllen

Die geplante europäische Nachhaltigkeitsrichtlinie drohe nicht nur die Versorgungssicherheit und den Ausbau der Energiezusammenarbeit zu gefährden, heißt es in dem Schreiben weiter, sondern sie würde auch Investitionen, Handel, Beschäftigung und eine Einhaltung erst jüngst geschlossener Handelsvereinbarungen infrage stellen.

Im Entwurf für die Richtlinie ist vorgesehen, Bußgelder bei Nichteinhaltung von CO₂-Vorgaben sowie Menschen- und Arbeitsrechtsstandards innerhalb der Lieferkette zu verhängen. Die Mitgliedstaaten dürfen deren Höhe selbst bestimmen. Allerdings ist dabei auch ein Mindestniveau einzuhalten: Das Höchstmaß darf nicht unter fünf Prozent des weltweiten Jahresumsatzes des betroffenen Unternehmens liegen.

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Einige größere Unternehmen sollen bereits 2027 der Richtlinie unterliegen. Nach spätestens fünf Jahren soll sie für alle Unternehmen mit mindestens 1.001 Beschäftigten und einem jährlichen Nettoumsatz von 450 Milliarden Euro aufwärts. Für ausländische Unternehmen soll es lediglich auf den Umsatz ankommen – und das würde bedeuten, dass Versorger wie Qatar Energy darunterfallen würden.

LNG-Lieferung aus Katar gefährdet

Der staatliche Ölkonzern des Golfemirats soll bei der künftigen deutschen Gasversorgung eine Schlüsselrolle spielen. Immerhin soll Katar ab 2026 jährlich zwei Millionen Tonnen LNG nach Deutschland liefern. Auch Frankreich, Italien und die Niederlande haben nach Beginn des Ukrainekriegs bereits langfristige Lieferverträge mit Doha abgeschlossen.

Bereits Ende des Vorjahres hatte Energieminister Al-Kaabi gegenüber der „Financial Times“ deutlich gemacht, dass er unter den Bedingungen, wie die EU-Richtlinie sie vorsehe, nicht zur Lieferung bereit sei. Wörtlich zitierte ihn das Blatt mit der Aussage:

„Wenn ich fünf Prozent meiner Einkünfte verliere, indem ich Europa beliefere, dann werde ich Europa nicht beliefern. Ich bluffe nicht.“

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Dass die USA in der europäischen Gesetzgebung mit Blick auf ausländische Konzerne einen Vorwand sehen, sich zu bereichern, hatte Washington zuletzt schon bezüglich der Digitalgesetze klargestellt. Dass man mit Blick auf die Lieferkettenbestimmungen keinen signifikant anderen Eindruck gewinnt, wird aus dem aktuellen Schreiben deutlich. Nicht von ungefähr wird dort Kritik an der Höhe angedrohter Bußgelder laut.

Die USA und Katar kontrollieren mehr als 40 Prozent des weltweiten LNG-Marktes

Derzeit kommt bereits etwa ein Sechstel des Gases, das in der EU verbraucht wird, aus den USA. Auf Katar entfallen vier Prozent. Der Anteil soll jedoch perspektivisch deutlich steigen, nicht zuletzt, da 2027 die russischen Importe vollständig enden sollen. Von dort kommen derzeit 19 Prozent. Weltweit kontrollieren die USA und Katar mehr als 40 Prozent des LNG-Marktes. Die USA wollen ihre führende Rolle auf dem weltweiten Energiemarkt künftig noch ausbauen.

Im Zollabkommen, auf das sich die EU und die USA Ende Juli geeinigt hatten, sagten die Europäer zu, bis Ende 2028 US-Energieprodukte im Gegenwert von 750 Milliarden US-Dollar zu kaufen.

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Unter anderem die Regierungen von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und von Bundeskanzler Friedrich Merz drängen auf eine Überarbeitung der Richtlinie. Die potenziellen Bußgelder sollen gesenkt werden, die Überwachung von ESG-Risiken gelockert. Auch soll der CO₂-Grenzausgleichsmechanismus zurückgeschraubt werden. Außerdem will man den Kreis der Betroffenen auf Unternehmen mit 5.001+ Mitarbeitern und mindestens 1,5 Milliarden Euro an Jahresumsatz einschränken.



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