EU-Sanktionen gegen Russland: Erstmals auch China und EU-Staaten selbst betroffen

Russland und die Ukraine werden am Mittwoch, 23. Juli, ihre direkten bilateralen Gespräche in der Türkei fortsetzen, nachdem zwei vorangegangene Treffen in Istanbul kaum Fortschritte bei der Beendigung des Krieges gebracht haben. Dies kündigte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am 21. Juli an. Die staatliche russische Nachrichtenagentur „TASS“ hingegen sprach von einem Treffen am 24. und 25. Juli.
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In Details verhakt
Diese scheinbare Kleinigkeit in der Kommunikation um einen Tag früher oder später steht symptomatisch für die Gespräche insgesamt zwischen der Ukraine und den westlichen Staaten einerseits und Russland andererseits. Schon länger geht es der Ukraine sowie Russland stets hartnäckig um eine Fülle an Details, die den Blick auf das große Ganze verstellen und endgültige Gespräche über einen Waffenstillstand stets verhindern. Und so dämpft der Kreml denn auch die Erwartungen an diese Gespräche mit dem Hinweis, es liege „noch eine Menge diplomatischer Arbeit vor uns“.
China erstmals von Sanktionen betroffen
Vorausgegangen war die Verabschiedung eines weiteren umfangreichen Sanktionspakets der Europäischen Union gegen Russland, um Präsident Wladimir Putin zum Verhandlungstisch mit der Ukraine zu zwingen. Die am 18. Juli verhängten Sanktionen wenden sich vor allem gegen den Export von russischem Öl und zielen darauf ab, den russischen Finanzsektor weiter zu schwächen. Zudem werden die Ausfuhrbeschränkungen und die Sanktionsliste gegen Einzelpersonen erneut ausgedehnt. Auch Staaten, die eng mit Russland zusammenarbeiten, etwa Belarus und zum ersten Mal die VR China, sind von den Sanktionen betroffen.
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Insbesondere das kommunistische Regime in Peking wehrt sich heftig gegen diese Verknüpfung. Wie die amerikanische Nachrichtenagentur „Bloomberg“ am 21. Juli berichtete, habe China der EU mit Vergeltungsmaßnahmen wegen Sanktionen gegen Banken und Unternehmen gedroht. Erstmals werden von der EU die Heihe Rural Commercial Bank und die Heilongjiang Suifenhe Rural Commercial Bank sanktioniert. Fünf chinesischen Unternehmen wirft die EU zudem vor, Russland mittels Kryptowährungskanälen zu unterstützen.
Das chinesische Handelsministerium drohte mit Vergeltungsmaßnahmen. Wie der EU-Rat mitteilte, werden am 24. und 25. Juli der Präsident es EU-Rates, António Costa, und die Präsidentin der EU-Kommission, Ursula von der Leyen, in Peking mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping und Premierminister Li Qiang zusammenkommen. Laut EU-Pressemitteilung stehen „im Mittelpunkt des Gipfels“ unter anderem „Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine“.
Worum geht’s bei den Sanktionen?
Auch in Brüssel glaubt niemand daran, dass die weiteren EU-Sanktionen Russland rasch, wenn überhaupt, wirtschaftlich in die Knie zwingen könnten. Vielmehr geht es um ein weiteres Signal an Putin, dass die EU-Staaten nicht lockerlassen wollen, ein Ende des Krieges in der Ukraine herbeizuführen.
Besonders im Energiesektor kann Russland empfindlich getroffen werden. Hier hat die EU nun die Absenkung der Ölpreisobergrenze von 60 auf 47,6 Dollar pro Barrel beschlossen. Damit soll die Haupteinnahmequelle des russischen Staatshaushalts geschmälert werden.
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Auch die Ausweitung des Ausschlusses von mehr als hundert russischen Banken vom internationalen SWIFT-System soll die Zahlungsströme nach und aus Russland erschweren oder unmöglich machen. SWIFT (Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication) ist das weltweite Netzwerk, das Banken sichere Finanztransaktionen ermöglicht. Auf diesem Gebiet sind jetzt auch chinesische Banken von den EU-Sanktionen betroffen.
Ein weiterer Sanktionsschritt erstreckt sich auf das Verbot neuer Dual-Use-Exporte. Dual-Use-Güter sind Produkte oder Technologien, die sowohl für zivile als auch für militärische Zwecke genutzt werden können. Das neue EU-Verbot kann gerade im Technologietransfer langfristig große Wirkung entfalten.
Insgesamt soll aber auch die gesamte russische Bevölkerung spürbar einbezogen werden, denn die Sanktionen verteuern Importe und verschärfen damit die Inflation. Möglicherweise führt dies dazu, dass sich Russen weniger leisten können. Unzufriedenheit in der Bevölkerung soll dann Druck auf den Kremlführer Putin ausüben, so das Kalkül der EU.
Der Osteuropa-Experte Sebastian Hoppe vom Zentrum für Osteuropa- und internationale Studien in Berlin stellt fest:
Neu ist der deutlich stärkere Fokus auf Maßnahmen zur Unterbindung von Sanktionsumgehungen – etwa durch Drittstaaten, Kryptowährungen oder Schattenflotten. Für Russland wird es somit zunehmend schwieriger, Schlupflöcher zu nutzen, da Drittstaaten abwägen müssen, ob das Russlandgeschäft die Risiken – etwa einen EU-Marktzugang zu verlieren – noch rechtfertigt. Insgesamt werden die finanziellen Spielräume des Kremls also enger.“
Auch EU-Staaten von Sanktionen betroffen
Dieses Mal besonders pikant: Auch Staaten der EU sind von dem Sanktionspaket betroffen, etwa die Niederlande, Spanien und Rumänien. Diese Länder importierten bislang große Mengen raffinierten Erdöls aus Indien, das aber im Original aus Russland stammt. Ungarn und die Slowakei sind ohnehin auf russisches Pipelinegas angewiesen. Sie hatten ursprünglich mit einem Veto gegen die neuen EU-Sanktionen gedroht, dann aber doch eingelenkt, da wohl EU-interne Unterstützungsmaßnahmen für beide Staaten abgesprochen wurden.
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Mangel an Durchsetzung
Dennoch kann das System am Mangel an Durchsetzungsfähigkeit scheitern. Denn was und in welcher Form an Sanktionen durchgesetzt wird, liegt letztlich nach wie vor in der Verantwortung der einzelnen Staaten. Etwa die Hälfte der EU-Mitglieder hat die Umgehung von Sanktionen, die von der EU beschlossen wurden, bisher nicht als Straftat deklariert.
Im Jahr 2024 haben zum Beispiel nur die Niederlande, die selbst Sanktionen umgingen, Lettland, Ungarn und Deutschland Sanktionsumgehungen strafrechtlich verfolgt. Insofern bleibt die Durchsetzung von Sanktionen ein größeres Problem als die Verhängung derselben.
Und erst die Inhalte von Gesprächen zwischen der Ukraine und Russland wie jene in Istanbul werden zeigen, ob die Sanktionen jene Wirkungen entfalten, die damit beabsichtigt sind. Diese Woche geht es laut Ankündigung aus Kiew wieder nur um Gefangenenaustausch und die Rückführung von Kindern, die Russland entführt haben soll.
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