Europas Sicherheitspolitik steht vor einer historischen Weichenstellung

Unter dem Eindruck der turbulenten Ereignisse der vergangenen Tage im Nahen Osten wird US-Präsident Donald Trump am Dienstag, 24. Juni, zum NATO-Gipfel in Den Haag eintreffen. Zentrales Thema des Treffens wird eine deutliche Ausweitung der Verteidigungsausgaben aller Bündnispartner sein.
Trump hatte bereits zu Beginn seiner zweiten Amtszeit angekündigt, eine deutliche Anhebung des 2014 vereinbarten 2-Prozent-Ziels zu fordern. Auf diese Weise sollen die europäischen NATO-Länder mehr Verantwortung für ihre militärische Sicherheit übernehmen, statt sich im Krisenfall auf eine Rückendeckung durch die USA zu verlassen.
NATO will nuanciertes 5-Prozent-Ziel festschreiben
Bereits zu Beginn des Monats hat NATO-Generalsekretär Mark Rutte einen Vorschlag präsentiert, der – mit Nuancen – eine Erfüllung des von Trump geforderten Ziels in Aussicht stellt. Der frühere niederländische Premier möchte, dass Mitglieder 3,5 Prozent des jeweiligen BIP direkt in Kernbereiche der Verteidigung stecken. Weitere 1,5 Prozent sollen Zwecken dienen, die sowohl militärisch als auch zivil nutzbar sind – wie Infrastruktur und industrielle Kapazitäten.
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Mehrere weitere NATO-Mitgliedstaaten, unter anderem Deutschland, haben sich für diesen Vorstoß offen gezeigt. In der Vorwoche hatte es noch keine Einigung unter den NATO-Botschaftern gegeben, am Wochenende zeichnete sich jedoch ein Konsens ab, das 5-Prozent-Ziel auf diese Weise bis 2035 anzustreben.
Widerstände gibt es aber weiterhin. Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez hatte das Ziel als „unvernünftig“ und „kontraproduktiv“ bezeichnet. Am Sonntagabend erklärte er, sein Land sei laut der Einigung auch nicht verpflichtet, das Ziel zu erfüllen. Spanien konnte zudem das 2-Prozent-Ziel erst in diesem Jahr erreichen – und auch das nur mithilfe eines Investitionsprogramms in Höhe von 10 Milliarden Euro.
Sánchez und Fico gegen neue Rüstungsziele
Auch in der Slowakei gibt es auf höchster Ebene Vorbehalte gegen eine Ausweitung der Verteidigungsausgaben. Premierminister Robert Fico sprach jüngst von „sinnlosen Zeiten der Hochrüstung“ und dachte sogar laut über eine mögliche Wende seines Landes zur Neutralität nach.
Tendenziell kommt vorbehaltlose Unterstützung für das 5-Prozent-Ziel hauptsächlich von Ländern wie Polen, die dieses schon jetzt anpeilen. Die baltischen Staaten fordern sogar, die 5 Prozent bereits bis 2030 anzuvisieren. Abseits von diesen „setzen sich alle Verbündeten für ein späteres Datum ein“, erläuterte Sara Moller von dem Center for Security Studies an der Georgetown University gegenüber der englischsprachigen Ausgabe der Epoch Times.
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Das Trump-Team stehe auf der Seite der Beschleuniger. Dabei bedeutet das nicht zwingend, dass man in Washington die Befürchtungen der Europäer über angeblich drohende russische Angriffe teilt. Die USA wollen jedoch erreichen, dass die Europäer auf eigene Kosten aufrüsten. Trump hat sie schon während seiner ersten Amtszeit dafür kritisiert, die USA als größten und militärisch stärksten NATO-Partner „auszunutzen“.
Derzeit erfüllen 23 der 32 NATO-Länder das 2-Prozent-Ziel
Es ist vor dem Hintergrund aktueller Entwicklungen davon auszugehen, dass auf dem NATO-Gipfel nicht vorrangig über das neue Ziel, sondern über den Zeitraum bis zu seiner Erfüllung diskutiert wird. Auch Details bezüglich der Umsetzung werden einen entsprechenden Platz auf der Tagesordnung haben.
Trump begründet seine Forderung nach dem 5-Prozent-Ziel für alle Mitglieder damit, dass dies „die gemeinsamen militärischen Kapazitäten der Verbündeten stärken“ werde. Dies wiederum sorge für „eine größere Stabilität in Europa und der Welt“, heißt es aus den Reihen US-amerikanischer Spitzenbeamter.
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Das 2014 unter dem Eindruck von Russlands Annexion der Krim beschlossene 2-Prozent-Ziel wird Schätzungen zufolge derzeit von 23 der 32 NATO-Mitglieder erfüllt. Trump wird die Verbündeten auf dem Gipfel auch dazu drängen, ihre industriellen Kapazitäten zu erhöhen. Damit sollen auch sichere Lieferketten für kritische Mineralien, Waffen und andere sicherheitsrelevante Güter gestärkt werden.
USA wollen Fußabdruck in Europa verringern – China als größte Herausforderung
Trotz erneuerter Bekenntnisse der Trump-Regierung zum Engagement für die Sicherheit der Verbündeten in Europa zeichnen sich perspektivisch andere Prioritäten für die USA auf internationaler Ebene ab. Bereits unter den Präsidenten Barack Obama und Joe Biden gewann der Indopazifik für Washingtons Sicherheitspolitik eine immer größere Bedeutung.
Konservative in den USA verfechten im Zweifel eine Politik, die den US-Fußabdruck in Europa noch schneller und konsequenter zugunsten der südostasiatischen Verbündeten verringert. Die Außenpolitik-Experten James Goldgeier und Sophie Roehse von der Brookings Institution haben dies auch jüngst in einem Bericht dargestellt.
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In der Trump-Regierung wird das kommunistische China als die größte strategische Bedrohung für die nationale Sicherheit der USA wahrgenommen. Dazu kommt die aggressive Politik der Führung in Peking gegenüber zentralen Verbündeten der USA wie den Philippinen oder Taiwan. Auch vor diesem Hintergrund gibt es starken Rückhalt für den Gedanken, Streitkräfte und Ausrüstung verstärkt in die Pazifikregion zu verlegen.
Inwieweit die USA dieses Thema bereits im Rahmen des NATO-Gipfels ansprechen werden, wird sich in den kommenden beiden Tagen zeigen.
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