Frankreich im Ausnahmezustand: 80.000 Sicherheitskräfte im Einsatz

29.000 Menschen, 400 Aktionen, rund 200 Festnahmen: Einen Tag nach dem Rücktritt der französischen Regierung haben Linke Gruppen zu Blockaden, Sabotage und landesweiten Protesten mobilisiert.
Titelbild
In Montpellier, Frankreich, setzen Demonstranten Mülltonnen in Brand.Foto: GABRIEL BOUYS/AFP via Getty Images)
Epoch Times10. September 2025

An seinem ersten Tag im Amt ist der neue französische Premierminister Sébastien Lecornu mit landesweiten Protesten konfrontiert worden. In mehreren Städten blockierten Demonstranten am Mittwoch Autobahnen oder Bahngleise. In vielen Fällen verhinderten Sicherheitskräfte größere Aktionen.

Das französische Innenministerium meldete gegen Mittag landesweit etwa 29.000 Teilnehmer an mehr als 400 Protestaktionen, darunter Demonstrationen und Blockaden. An mehreren Orten kam es zu Ausschreitungen, bei denen unter anderem Mülltonnen in Brand gesetzt wurden und die Polizei Tränengas einsetzte.

Polizisten räumen den Platz der Comédie in Montpellier während der Proteste am 10. September. Foto: GABRIEL BOUYS/AFP via Getty Images

In Westfrankreich blockieren Demonstranten am 10 September 2025 Straßen und öffentliche Plätze. Foto: SEBASTIEN SALOM-GOMIS/AFP via Getty Images

Demonstranten in Bordeaux protestieren gegen die Regierung und Sparpläne. Foto: PHILIPPE LOPEZ/AFP via Getty Images

Polizei in voller Montur sichert die Innenstadt von Nantes. Foto: SEBASTIEN SALOM-GOMIS/AFP via Getty Images

80.000 Sicherheitskräfte im Einsatz

Auch Schüler und Stundenten beteiligten sich an Protesten. Rund zwei Dutzend Gymnasien wurden blockiert, unter anderem in Paris. In Marseille beteiligten sich nach Polizeiangaben etwa 8.000 Menschen an einer Demonstration. Auch in anderen Städten kam es zu Protesten. Bis zum Mittag gab es rund 200 Festnahmen.

„Macron – Enthauptung. Lecornu, Du bist als nächstes dran“ sprühte ein Demonstrant auf eine Statue auf dem Pariser Place de la République, wenige Minuten vor der Amtseinführung des neuen Premierministers.

„Macron – Rücktritt“, skandierten Menschen bei einer Demonstration im nordfranzösischen Lille. Nach Angaben von Innenminister Bruno Retailleau waren 80.000 Sicherheitskräfte im Einsatz, davon allein 6.000 im Großraum Paris.

Bahn meldet Sabotageversuche

Die Bahn SNCF meldete mehrere Sabotage- und Blockadeversuche, etwa auf die Gleise geschobene Paletten oder Baumstämme und beschädigte Kabel. Im Regionalverkehr gab es Verspätungen, ein Drittel der Verbindungen zwischen den beiden Pariser Flughäfen fiel aus.

Der Aufruf zu einer großen Protestaktion am 10. September hatte sich bereits seit Monaten in Onlinediensten verbreitet und immer mehr Unterstützer von verschiedenen Seiten bekommen. Eine zentrale Organisation oder einen Anführer der Beweung „Bloquons Tout“ gibt es nicht. Der Innenminister wirft linksextremen Gruppen vor, sich die Bewegung zu eigen gemacht zu haben. Er kündigte ein hartes Vorgehen gegen Randalierer an.

In Bordeaux treffen Demonstranten und Polizei am 10. September aufeinander. Foto: CHRISTOPHE ARCHAMBAULT/AFP via Getty Images

Demonstranten ziehen vor den Pariser Hauptbahnhof. Foto: Tom Nicholson/Getty Images

In Montpellier eskaliert die Stimmung: Demonstranten werden abgeführt. Foto: GABRIEL BOUYS/AFP via Getty Images

Frankreichs neuer Premier: „Wir schaffen das“

Anlass für die Protestaktionen waren die Sparpläne des am Dienstag zurückgetretenen Premierministers François Bayrou, der im kommenden Jahr 44 Milliarden Euro im Haushalt einsparen wollte.

Lecornu sprach von einer „politischen und parlamentarischen Krise“ und zeigte sich zuversichtlich, diese in den Griff zu bekommen. „Wir schaffen das“, betonte er.

„Die Diskrepanz zwischen dem politischen Leben des Landes und dem realen Leben ist besorgniserregend“, räumte Lecornu ein. Es gebe eine „Instabilität, eine politische und parlamentarische Krise“, die zu Zurückhaltung mahne.

Der neue Premierminister kündigte an, dass er sich – wie Präsident Emmanuel Macron ihm aufgetragen hat – mit Vertretern der Oppositionsparteien und Gewerkschaften abstimmen will. Ein Neuanfang sei notwendig, „nicht nur in der Methode, sondern auch im Inhalt“.

Lecorunu, ein Vertrauter Macrons

Die Bewegung erinnert an die Anfänge der Gelbwesten-Proteste, die 2019 eine Spur der Zerstörung in Frankreich hinterlassen hatten. Lecornu hatte damals landesweite Debatten mitorganisiert, die die Proteste eingedämmt hatten.

Der 39-jährige Lecorunu, der als einziger seit 2017 ununterbrochen in der Regierungsmannschaft war, ist ein enger Vertrauter Macrons. Dieser trug ihm auf, sich mit den Parteien zu beraten, um einen Konsens mit Blick auf den Haushalt zu erreichen. Erst im Anschluss daran soll er eine neue Regierung vorschlagen. Die bisherige Regierung bleibt bis dahin geschäftsführend im Amt.

Mit der Ernennung eines Politikers aus seinem eigenen Lager ignorierte Macron erneut Forderungen der links-grünen Opposition, einen der ihren zum Regierungschef zu ernennen. Das links-grüne Wahlbündnis war bei der vorgezogenen Parlamentswahl 2024 stärkste Kraft geworden. (afp/red)



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