Getarnt und verstohlen: Wie chinesische Firmen Irans Raketenprogramm am Leben erhalten

In Kürze:
- Trotz internationaler Sanktionen erhält der Iran weiterhin Kerntechnologie, Raketenteile und -treibstoff.
- Woher? Im Hintergrund steht ein chinesisches Schattennetzwerk unter Führung des Unternehmers Karl Lee.
- Die Zusammenarbeit reicht bis in die 1980er-Jahre zurück.
- Israels Botschafter fordert, dass das iranische Raketenprogramm von China und anderen Ländern nicht wieder aufgebaut werden darf.
Gegen das iranische Atom- und Raketenprogramm bestehen seit Jahren internationale Sanktionen. Deren Wirksamkeit wird jedoch durch die umfassende, langjährige Unterstützung durch chinesische Staatsangehörige untergraben.
Gerichts- und Regierungsdokumente in den USA belegen, dass chinesische Firmennetzwerke Produkte liefern, die für die Aufrechterhaltung der iranischen Raketenentwicklung und -produktion von entscheidender Bedeutung sind. Diese liefern Güter trotz jahrzehntelanger rechtlicher und diplomatischer Maßnahmen der USA und anderer Länder zur Durchsetzung von Exportkontrollen und Nichtverbreitungsabkommen.
Hat China jüngst militärische Ausrüstung an den Iran geliefert?
Nach den verlustreichen Angriffen Israels auf iranische Raketenbasen scheint China dem Iran bereits Ersatz geliefert zu haben. In jüngsten Berichten der in London ansässigen Nachrichtenagentur „Middle East Eye“ heißt es, dass Peking nach dem De-facto-Waffenstillstand am 24. Juni dem Iran Boden-Luft-Raketen geliefert habe, die er mit Öl bezahlt habe.
Nach Angaben der israelischen Zeitung „Israel Hayom“ dementierte das chinesische Außenministerium den Vorwurf.
Israels Botschafter: China daran hindern, Irans Interkontinentalraketenprojekt wieder aufzubauen
In die gleiche Richtung äußerte sich der israelische Botschafter in den USA, Dr. Yechiel Leiter. Er vermutet, dass China dem Iran beim Wiederaufbau seines Raketenarsenals helfen könnte.
In einem Interview mit „Voice of America“ erklärte Leiter, dass die israelischen Angriffe während des zwölftägigen Krieges dem iranischen Raketenprogramm schweren Schaden zugefügt hätten.
„Wir haben dieses Programm beendet, wir haben ihre gesamte Industrie lahmgelegt“, sagte der Botschafter. Er fügte hinzu, dass „Komponenten“ des Interkontinentalraketenprojekts, deren Raketen das US-Festland erreichen könnten, zerstört worden seien. „Wir müssen nur sicherstellen, dass China oder andere feindlich gesinnte Akteure ihnen nicht erlauben, es wieder aufzubauen.“
Der Iran und ballistische Raketen
Seit der Gründung des iranischen Gottesstaates im Jahr 1979 ist die Kommunistische Partei Chinas (KPCh) ein wichtiger Verbündeter bei dessen nuklearen und raketentechnischen Ambitionen. Es ist bekannt, dass Peking seit den 1980er-Jahren wichtige Nukleartechnologie und -materialien liefert, wie verschiedene Partnerschaften zwischen den beiden Ländern und Berichte westlicher Regierungen belegen.
1985 und 1990 unterzeichneten China und der Iran geheime Abkommen zur nuklearen Forschung, deren Einzelheiten in den Folgejahren bekannt wurden. Das stellte ein Bericht der US-amerikanisch-chinesischen Sicherheitskommission aus dem Jahr 2013 über die nukleare Zusammenarbeit zwischen China und dem Iran fest.
Der Atomforschungskomplex Isfahan im Südwesten des Iran, der im jüngsten Krieg Ziel israelischer und US-amerikanischer Luftangriffe war, wurde mit chinesischer Beteiligung errichtet.
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Der Iran verfügt über eine Vielzahl von Kurz- und Mittelstreckenraketen, darunter die Systeme Shahab-3, Ghadr und Khorramshahr. Vor dem Iran-Israel-Krieg verfügte das Land laut Schätzungen des US-Vetral Command über mehr als 3.000 ballistische Raketen.
Das strategische Raketenarsenal steht unter der Kontrolle der Islamischen Revolutionsgarde des iranischen Regimes. Die Revolutionsgarden sind eine paramilitärische Organisation, die wegen der mutmaßlichen Förderung terroristischer und aufständischer Aktivitäten Teherans im gesamten Nahen Osten und darüber hinaus mit schweren Sanktionen belegt sind.
Ballistische Raketen sind nicht nur in einem Szenario unverzichtbar, in dem Teheran erfolgreich in den Besitz von Atomwaffen gelangt, sondern stellen auch einen wichtigen Faktor in der gesamten Verteidigungspolitik des iranischen Regimes dar. Auch im jüngsten zwölftägigen Krieg mit Israel setzte der Iran massiv ballistische Raketen ein.
Karl Lee und das chinesisch-iranische Proliferationsnetzwerk
China verkauft zwar meist nicht direkt militärische Ausrüstung an den Iran, beliefert Teheran laut US-Geheimdiensten aber trotzdem mit vielen der notwendigen Materialien, beispielsweise für Raketenkomponenten und Raketentreibstoff.
Eine wichtige Rolle im chinesischen Proliferationsnetzwerk soll der Unternehmer Li Fangwei spielen, besser bekannt als Karl Lee. Er stammt aus dem Nordosten Chinas. Anfang der 2000er-Jahre identifizierten die US-Geheimdienste Lee als einen der Hauptlieferanten von Dual-Use-Materialien für das iranische Raketenprogramm. Dual-Use-Güter können sowohl zivil als auch militärisch genutzt werden. Lee steht immer noch auf der Fahndungsliste des FBI.
Bis 2014 erhob das US-Justizministerium formell Anklage gegen Lee mit einer sieben Punkte umfassenden Anklageschrift beim Southern District of New York. Ihm wurden Verschwörung zur Verletzung des International Emergency Economic Powers Act, Geldwäsche, Telekommunikationsbetrug und die Umgehung von Sanktionen vorgeworfen.
Lees Vermögenswerte in den USA sind eingefroren. Für Hinweise, die zu seiner Verhaftung oder Verurteilung führen, ist eine Belohnung in Höhe von 5 Millionen Dollar ausgesetzt.
Das Justizministerium warf Lee vor, Dutzende Tarnfirmen genutzt zu haben, um seine Transaktionen mit der iranischen Defense Industries Organization und der Aerospace Industries Organization zu verschleiern. Beide sind in Irans Raketenindustrie und Nuklearforschung tätig.
Lees Unternehmen sollen Gyroskope, Maraging-Stahl, hochwertige Aluminiumlegierungen und Spezialgraphit geliefert haben – alles Materialien, die unter die Exportkontrollen des Missile Technology Control Regime fallen.
Maßnahmen gegen Lee sind schwierig
Vertrauliche Depeschen des US-Außenministeriums, die WikiLeaks veröffentlichte, deuten auf die Schwierigkeiten amerikanischer Diplomaten hin, die KPCh zu Maßnahmen gegen Lee und seine Netzwerke zu bewegen.
Laut einem Dokument vom März 2008 sagte Wang Daxue, ein mit der Rüstungskontrolle beauftragter Beamter des chinesischen Außenministeriums, er sei angewiesen worden, der US-Seite mitzuteilen, dass Peking zwar an einer „äußerst komplizierten“ behördenübergreifenden Untersuchung gegen Lee arbeite, jedoch keine Beweise für seine mutmaßlichen Verstöße finden könne.
Lee ist laut Wang „clever und schlau“ und nutze die Grauzonen der chinesischen Gesetze zum Export von Dual-Use-Gütern, wodurch es schwierig sei, „solide Beweise“ gegen ihn zu finden.
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Betrug, Tarnfirmen und die KPCh
Im Jahr 2023 erhob das US-Justizministerium auch gegen Qiao Xiangjiang Anklage, er ist als Joe Hansen bekannt. Der chinesische Staatsbürger arbeitet für die Sinotech Dalian Carbon and Graphite Manufacturing Corp. – ein Unternehmen, das seit Langem mit Karl Lees Netzwerk in Verbindung steht.
Qiao wurde laut Justizministerium vorgeworfen, zwischen 2019 und 2022 isostatischen Graphit in den Iran exportiert zu haben. Isostatisches Graphit ist ein zentrales Material für die Herstellung von Raketenspitzen und Triebwerksdüsen.
Die Anklage gegen Qiao bestätigt, dass Lees Netzwerk auch ein Jahrzehnt nach der formellen Anklage nicht nur weiterhin funktionsfähig ist, sondern auch tief in sensiblen Lieferketten verwurzelt ist.
Laut Anklageschrift soll Qiao gefälschte Rechnungen, Briefkastenfirmen wie Lexing International Trade Co. und US-Finanzinstitute genutzt haben, um US-Sanktionen zu umgehen. Diese Aktivitäten fanden statt, obwohl Sinotech Dalian seit 2014 vom Office of Foreign Assets Control (Amt für die Kontrolle ausländischer Vermögenswerte) des US-Finanzministeriums als verdächtig gelistet ist.
Neue Tarnfirmen unter Leitung verstorbener Familienmitglieder
Ein Bericht des King’s College London aus dem Jahr 2018 stellte fest, dass Lee regelmäßig lebende und verstorbene Familienmitglieder zur Registrierung neuer Unternehmen einsetzt. Mehrere Verwandte fungierten demnach als gesetzliche Vertreter und Handelsvertreter in seinem Netzwerk. Acht identifizierte Tarnfirmen haben direkte Geschäfte mit dem Iran abgewickelt und stehen unter Lees operativer Kontrolle.
Peking behauptet, den Export militärrelevanter Güter streng zu kontrollieren und Maßnahmen zur Nichtverbreitung von Massenvernichtungswaffen zu ergreifen. Gleichzeitig weigert sich China, Lee auszuliefern oder ihn und seine Organisationen an der Fortsetzung ihrer mutmaßlichen Geschäfte zu hindern.
Unmittelbar nach der Anklage des US-Justizministeriums im Jahr 2014 wies das chinesische Außenministerium die Vorwürfe der USA zurück und erklärte: „China lehnt es entschieden ab, dass die USA einseitige Sanktionen […] nach ihrem nationalen Recht verhängen.“
2025 erklärte die chinesische Botschaft in Israel in ihrer Antwort auf Berichte der Tageszeitung „Israel HaYom“ – wonach China nach dem Waffenstillstand mit Israel am 24. Juni Luftabwehrsysteme an den Iran geliefert habe –, dass Peking als Mitglied des UN-Sicherheitsrats „eine vorsichtige und verantwortungsvolle Haltung gegenüber dem Export von militärischen Gütern“, einschließlich Dual-Use-Gütern, einnehme.
Der Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel „Behind Iran’s Ballistic Missile Programs, Decades of Support From Chinese Nationals“. (deutsche Bearbeitung ks)
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