GPS-Störungen in der Ostsee: Finnischer Meerbusen betroffen

Mitte Juni ging die schwedische Seefahrtsbehörde „Sjöfartsverket“ an die breite Öffentlichkeit und mahnte über Medien zu „erhöhter Aufmerksamkeit“ für die zivile Schifffahrt. Insbesondere die vielen Sportbootbesitzer erhielten Tipps, wie sie sich bei Störungen des Global Positioning System (GPS) – des weltweiten Systems zur Bestimmung der eigenen Position – verhalten sollen.
(Die korrekte Bezeichnung lautet GNSS (Global Navigation Satellite System), da es sich um ein Satellitennavigationssystem handelt. In der breiten Öffentlichkeit hat sich jedoch der Begriff GPS etabliert. Im Folgenden wird der korrekte Fachbegriff verwendet.)
Sportboote und Autoverkehr betroffen
Die meisten Privatbootbesitzer navigieren inzwischen mit digitalen Kartensystemen, Kartenplottern und Apps für Tablets oder Smartphones. Damit die digitalen Hilfsmittel funktionieren, ist eine genaue Positionsbestimmung über Satelliten erforderlich.
Die schwedische Seefahrtsbehörde hat jedoch zahlreiche Berichte erhalten, wonach die Signale so stark gestört sind, dass die korrekte Position des Systems nicht mehr gewährleistet werden kann. Zudem wurde festgestellt, dass die GNSS-Störungen zunehmend auch die Navigation im Straßenverkehr der meisten Ostseeanrainerstaaten betreffen. Estland stellte sogar fest, dass von den Störungen auch Fernbedienungen für Garagentore und Autoschlüssel betroffen sind.
Von Deutschland war in den bekannt gewordenen Berichten bislang nicht die Rede. Es ist aber nicht auszuschließen, dass die sich stetig ausweitenden Satelliten- und Funkstörungen auch Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern betreffen können.
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Tipps für eine sichere Navigation
Sjöfartsverket hat deshalb Tipps veröffentlicht, wie man sich gegen GNSS-Störungen wappnen kann. Kurzum: Das bedeutet die Rückkehr zur Orientierung der vergangenen Jahrhunderte in Form von herkömmlichen, auf Papier gedruckten See- beziehungsweise Straßenkarten.
Im Straßenverkehr ist es einfach, umzudenken, da Straßenschilder überall die Position beziehungsweise Richtung anzeigen. Für den Schifffahrtsverkehr werden ernsthaft außerdem „optische Orientierungspunkte“ und Radar für Durchfahrtsdistanzen empfohlen. Auch wird geraten, auf aktuelle Navigationswarnungen per UKW-Funk zu achten.
Das macht das Navigieren auf der Ostsee zu einem gefährlichen Unterfangen. Insbesondere, wenn es zu einer Notsituation kommt, muss der eigene Standort genau bestimmt werden können. Ist dies nicht mehr der Fall, „müssen wir erst mal suchen, bevor wir retten können“, beklagte Adam Groll Rasmussen, Leiter der schwedischen Seenotrettungsgesellschaft, gegenüber dem schwedischen Radiosender „P4 Blekinge“.
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Auch Finnland und Polen warnen
Auch Finnland und die Polen zeigen sich über die GNSS-Störungen beunruhigt und warnen die Öffentlichkeit. So berichtete die polnische Online-Nachrichtenplattform „Wiadomosci.onet“, dass im Zeitraum Januar bis Mai konkret 84 Fälle von GNSS-Signalstörungen auf der Ostsee festgestellt worden seien. Und stellt fest: „Im Vergleich zum Frühjahr letzten Jahres gab es nur 27 solcher Vorfälle.“
Die Probleme würden vor allem im östlichen Teil des Finnischen Meerbusens nahe der Grenze zu Russland auftreten. Dies habe der finnische Grenzschutz festgestellt. Die finnischen Behörden gehen davon aus, dass es während der Sommerzeit, in der viele Sportboote unterwegs sind, zu vermehrten Störungen bei der Satellitennavigation kommen werde.
Spoofing: In die Irre leiten
Für die Manipulation von Signalen, die dazu dient, dass der Empfänger falsche Daten erhält, benutzt man in der Cyberfachwelt den englischen Begriff „Spoofing“ – was auf Deutsch täuschen, tricksen oder verschleiern heißt.
Spoofing bezieht sich nicht nur auf die Manipulation von Satellitensignalen, sondern beinhaltet auch Cyberangriffe auf Telefone, E-Mails und IP-Adressen. Ziel des Angreifers ist es stets, den Empfänger in die Irre zu führen und zu Handlungen im Sinne des Angreifers zu verleiten.
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Estland: Russland steckt dahinter
Margus Tsahkna, Außenminister Estlands, ist sich sicher, wer für die GNSS-Störungen verantwortlich ist. „Wir wissen, dass Russland das [GNSS]-Signal stört, seit es seine Aggression in der Ukraine begonnen hat“, erklärte der Minister bereits Anfang Mai im öffentlich-rechtlichen Rundfunk ERR des Landes.
Und weiter: „In den letzten anderthalb Jahren ist dieses Problem in unserer Region sehr ernst geworden.“ Es betreffe nicht nur Estland, sondern alle baltischen Staaten sowie Polen und die skandinavischen Staaten. Die Angriffe auf das GNSS seien „Teil einer hybriden Aktion“ Russlands.
Tsahkna glaubt zu wissen, wo genau die Störungen verursacht werden: aus der Nähe von St. Petersburg und in der Nähe von Pskow, Kaliningrad (Königsberg i. Opr.). Dies habe die estnische Behörde für Verbraucherschutz und technische Regulierung (TTJA) festgestellt. Diese Informationen würden innerhalb der NATO geteilt.
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Absicht oder Nebeneffekt?
Das TTJA geht laut ERR jedoch davon aus, dass die Störung wahrscheinlich darauf zurückzuführen sei, dass Russland seine kritische Infrastruktur vor Angriffen verteidigt und versucht, ukrainische Drohnen abzuhalten.
Anders als Minister Tsahkna geht die Verbraucherschutzbehörde nicht davon aus, dass die GNSS-Störungen „absichtliche Angriffe auf Estland“ seien. Die Störungen seien „vermutlich ein Nebeneffekt“, teilte die Behörde mit.
Tsahkna hingegen beharrte darauf, solche Störungen seien „keine Nebenwirkung“, wenn sie das Leben von Menschen gefährden.
„Sicherlich besteht ein Teil davon darin, ihr Territorium vor möglichen Drohnenangriffen zu schützen, aber aus unserer Richtung kommen keine Drohnenangriffe. Warum besteht also beispielsweise in Norwegen, Schweden oder Finnland die Notwendigkeit, diese [GNSS]-Signale zu stören? Dafür gibt es keine logische Grundlage. Und andererseits ist klar, dass Russland die Grenzen dessen austestet, was es in unserer Richtung, in Richtung des sogenannten Westens, tun kann“, fügte Tsahkna hinzu.
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