Großdemonstration in Serbien: Vucic weist Neuwahlforderung strikt zurück

In Serbien fordern Demonstranten Neuwahlen. Geschätzt versammelten sich rund 140.000 Menschen in Belgrad – laut Polizei waren es 36.000. Am Abend kam es zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei.
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Zehntausende schwenken serbische Nationalflaggen, als sie am 28. Juni 2025 im Zentrum Belgrads ein „Ultimatum“ an die Regierung stellen, um nach monatelangen Streiks von Studenten im ganzen Land vorgezogene Neuwahlen zu erreichen.Foto: Marko Djokovic/AFP via Getty Images
Epoch Times29. Juni 2025

Nach gewaltsamen Zusammenstößen bei Massenprotesten gegen die Regierung in Belgrad hat Serbiens Präsident Aleksandar Vucic die Forderung nach Neuwahlen erneut strikt zurückgewiesen. „Serbien hat gewonnen. Man kann Serbien nicht mit Gewalt besiegen, wie manche es gerne hätten“, sagte Vucic am Sonntag.

Er warf den Organisatoren der Proteste „Terrorismus“ vor. Es werde keine Verhandlungen „mit Terroristen und jenen geben, die den Staat zerstören wollen“.

Bei gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Polizei und den Demonstranten hatte es Festnahmen und Verletzte gegeben.

Polizeichef Dragan Vasiljevic teilte mit, bei den Ausschreitungen am 28. Juni seien sechs Polizisten sowie zwei andere Menschen verletzt worden.

Wie Innenminister Ivica Dacic erklärte, suchten auch 22 Demonstranten medizinische Hilfe, darunter zwei Schwerverletzte. 77 Demonstranten wurden seinen Angaben zufolge festgenommen, 38 blieben vorerst in Gewahrsam.

Vucic kündigte am Sonntag die Festnahme „vieler“ weiterer Demonstranten an. Am Abend gab die Staatsanwaltschaft die Festnahme von sechs Verdächtigen bekannt. Sie sollen Blockaden und Angriffe auf staatliche Einrichtungen geplant haben – mit dem Ziel, „die staatliche Ordnung gewaltsam zu verändern“. Die Organisatoren der Proteste riefen zur Freilassung der Festgenommenen und zu Protesten vor der Staatsanwaltschaft auf.

 

Zehntausende Demonstranten versammeln sich am 28. Juni 2025 im Zentrum von Belgrad. Sie fordern Neuwahlen. Foto: Olivier Bunic/AFP via Getty Images

Die Proteste gegen die Korruption begannen im November 2024, als in der nördlichen Stadt Novi Sad 16 Menschen durch den Einsturz eines Bahnhofsdachs ums Leben kamen. Als Ursache wird weithin Korruption verantwortlich gemacht.

Über ein halbes Jahr blockieren mittlerweile Studenten Universitäten, sie organisieren Großdemonstrationen im ganzen Land – und fordern eine transparente Untersuchung. Nachdem die Behörden kaum etwas unternommen hatten, verlagerte sich ihr Schwerpunkt auf die Forderung nach vorgezogenen Parlamentswahlen.

Tränengas und Blendgranaten

Die Proteste blieben stundenlang friedlich. Am Abend ging die Polizei mit Tränengas und Blendgranaten gegen Demonstranten vor, Beamte wurden mit Steinen beworfen.

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Laut dem Polizeichef setzten die Einsatzkräfte Schlagstöcke ein, nachdem sie von Protestteilnehmern angegriffen worden waren. „Chemische Mittel“ seien nicht zum Einsatz gekommen.

Journalisten der Nachrichtenagentur AFP sahen, dass die Polizei Tränengas und Blendgranaten einsetzte, um die Menge auseinanderzutreiben. Beamte wurden mit Steinen beworfen, einige Protestteilnehmer hatten Rauchgranaten.

36.000, 140.000 oder 300.000 Teilnehmer

An der Demonstration in Belgrad hatten nach Schätzungen der Organisation Archiv öffentlicher Versammlungen etwa 140.000 Menschen teilgenommen. Die Polizei sprach von 36.000 Teilnehmern, laut den AFP-Reportern vor Ort und Luftbildern waren es aber deutlich mehr.

Die Menschen reisten aus dem ganzen Land nach Belgrad: Viele hielten serbische Flaggen und Schilder mit den Namen ihrer Heimatorte hoch. Zu Beginn der Kundgebung sangen sie die Nationalhymne, für die Opfer eines Unglücks am Bahnhof von Novi Sad im vergangenen November wurde eine Schweigeminute abgehalten.

Die serbische Bereitschaftspolizei stößt mit Demonstranten zusammen, als sich Zehntausende von Demonstranten im Zentrum Belgrads versammeln, um der Regierung ein „Ultimatum“ zu stellen, Foto: Marko Djokovic/AFP via Getty Images

Ultimatum auf Neuwahlen?

Die Regierung steht wegen der Demonstrationen stark unter Druck. Die Studenten, die die Proteste organisiert haben, stellten Präsident Aleksandar Vučić ein Ultimatum, bis Samstagabend um 21:00 Uhr Neuwahlen auszurufen. Vučić hatte die Forderung bereits am Freitag zurückgewiesen und erklärt, dass vor Ende 2026 nicht gewählt werde.

Vučić bezeichnete die Proteste zudem erneut als vom Ausland gesteuert:

„Die ausländischen Mächte haben durch lokale Handlanger ein Ultimatum gestellt.“

Die Organisatoren des Protests erklärten nach dem Auslaufen ihres Ultimatums, nun gebe es „grünes Licht“ für die Serben, „ihre Freiheit selbst in die Hand zu nehmen“. Die Regierung habe „alle Zeit gehabt, um die Forderungen zu erfüllen und eine Eskalation zu verhindern“, hieß es in einer nach der Demonstration im Onlinedienst Instagram veröffentlichten Erklärung.

„Stattdessen haben sie Gewalt und Unterdrückung gewählt“, warfen die Protestorganisatoren den serbischen Behörden vor. „Die Verantwortung für jede Radikalisierung der Lage liegt bei ihnen.“

Polizisten in Schutzbekleidung nehmen einen Mann fest, nachdem sie Demonstranten am Ende einer Anti-Regierungs-Kundgebung angegriffen hatten, die auf eine vorgezogene Wahl drängten.

Polizisten in Schutzbekleidung nehmen einen Mann fest, 28. Juni 2025 in Belgrad. Foto: Darko Vojinovic/AP/dpa

Gegenkundgebung

Unweit der Großkundgebung der Studenten versammelten sich am Samstag auch Tausende Unterstützer des Präsidenten. Vučić heizte die angespannte Lage mit Warnungen vor gewaltsamen Zusammenstößen zwischen den beiden Lagern weiter an. Gegen Ende der Studentenproteste werde es zu „Gewalt kommen“, warnte der Präsident. (afp/dpa/red)



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