Handelsabkommen EU-USA: Merz begrüßt Einigung – Exportverband spricht von schmerzhaftem Kompromiss

In Kürze:
- EU und USA haben sich auf eine Grundsatzvereinbarung geeinigt.
- Die EU kauft unter anderem Energie und Militärgüter von den USA und investiert zusätzlich 600 Milliarden Dollar.
- Von der Leyen nennt Trump einen harten, aber fairen Verhandler.
- Trump spricht davon, dass es nicht einfach sei, ein einheitliches Abkommen mit den 27 Mitgliedsstaaten der EU zu erreichen.
- Während Friedrich Merz die Einigung begrüßt, spricht Finanzminister Klingbeil grundsätzliche Fragen an.
Die EU und die USA haben sich auf eine Grundsatzvereinbarung zur Entschärfung des seit Monaten andauernden Zollkonflikts geeinigt.
US-Präsident Donald Trump sagt, dass die EU Energie im Wert von 750 Milliarden Dollar von den Vereinigten Staaten kaufen wird und die Zölle auf EU-Importe in die Vereinigten Staaten, einschließlich Autos, auf 15 Prozent festgelegt werden.
Außerdem investiert die EU über ihre derzeitigen Vorhaben in den USA hinaus weitere 600 Milliarden Dollar und wird US-Militärgüter kaufen.
„Der Ausgangspunkt war ein Ungleichgewicht, ein Überschuss auf unserer Seite und ein Defizit auf der Seite der USA“, sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen während des Treffens.
„Wir wollten die Handelsbeziehungen wieder ins Gleichgewicht bringen, und zwar so, dass der Handel zwischen uns beiden über den Atlantik hinweg weitergeht.“ Im Jahr 2024 hatten die USA ein Warenhandelsdefizit von 235,6 Milliarden Dollar mit der EU, 12,9 Prozent mehr als 2023.
Trump: Wir haben eine Einigung erzielt
„Wir haben eine Einigung erzielt. Es ist ein gutes Abkommen für alle“, sagte Trump am Sonntag nach einem Treffen mit von der Leyen in seinem Golf-Resort im schottischen Turnberry. Es handele sich um einen „gigantischen Deal mit vielen Ländern“, da die EU 27 Mitgliedsstaaten habe, und er räumte ein, dass es „nicht einfach“ sei, ein einheitliches Abkommen zwischen ihnen allen zu erreichen.
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Zuvor hatte Trump der EU vorgeworfen, die Verhandlungen zu verschleppen. Seine Drohungen, höhere Zölle zu verhängen, veranlassten wohl EU-Beamte, dringende Gespräche anzusetzen, um eine Einigung mit seiner Regierung zu erzielen.
Auch von der Leyen sprach von einem „guten Abkommen“. „Wir haben ein Handelsabkommen zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt. Das ist ein großes Abkommen, ein riesiges Abkommen“, sagte von der Leyen nach ihrem Treffen mit Trump.
Kurz vor Beginn des Gesprächs hatte von der Leyen den möglichen Deal als „wohl das größte Abkommen, das jeder von uns je geschlossen hat“ bezeichnet. Trump sei ein harter, aber fairer Verhandler.
Von der Leyen: Der best-mögliche Deal
Die jetzt vereinbarte Reduzierung auf 15 Prozent ist laut von der Leyen der bestmögliche Deal. „Wir sollten nicht vergessen, wo wir herkommen“, sagte sie. 15 Prozent seien nicht zu unterschätzen, aber auch das Beste, was möglich gewesen sei.
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Die Zölle auf Kraftfahrzeuge sind damit auf 15 Prozent begrenzt, die Zölle auf Stahl und Aluminium werden jedoch beibehalten, denn „das ist eine weltweite Angelegenheit“, so Trump.
US-Handelsminister Howard Lutnick ergänzte, dass die USA innerhalb von zwei Wochen ein Update zu ihren Plänen bezüglich der Mikrochip-Zölle geben werden – was darauf hindeutet, dass dies auch ein wichtiger Grund für die EU gewesen sein könnte, mit Trump zu verhandeln.
„Ich überlasse es Ihnen, die zwei Wochen abzuwarten, bis Sie Ihren Plan bekannt geben“, sagte Lutnick zu Trump. „Aber wir werden die Chip-Produktion zurück in die Vereinigten Staaten bringen.“
Merz begrüßt Zollstreit-Einigung
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) begrüßte die Einigung. „Es ist gut, dass Europa und die USA sich geeinigt haben und so eine unnötige Eskalation in den transatlantischen Handelsbeziehungen vermeiden“, erklärte Merz am Sonntagabend. Die Einigkeit der EU und die harte Arbeit der Verhandler hätten „sich ausgezahlt“.
Mit der Einigung sei es gelungen, „einen Handelskonflikt abzuwenden, der die exportorientierte deutsche Wirtschaft hart getroffen hätte“, führte Merz aus. Dies gelte besonders für die Automobilwirtschaft, „bei der die gegenwärtigen Zölle von 27,5 Prozent auf 15 Prozent fast halbiert“ würden.
Gerade hier sei die schnelle Zollsenkung „von größter Bedeutung“, sagte Merz mit Blick auf die Bedeutung der deutschen Autoindustrie. Die Europäer hätten ihre „Kerninteressen wahren können, auch wenn ich mir durchaus weitere Erleichterungen im transatlantischen Handel gewünscht hätte“, erklärte Merz weiter.
Er fügte hinzu: „Von stabilen und planbaren Handelsbeziehungen mit Marktzugang für beide Seiten profitieren alle – diesseits wie jenseits des Atlantiks, Unternehmen wie Verbraucher.“
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Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) sagte, dass eine Verhandlungslösung erreicht worden sei, sei „erstmal gut“. Das Verhandlungsergebnis und die Auswirkungen auf Wirtschaft und Arbeitsplätze in Deutschland würden nun in der Bundesregierung ausgewertet, sagte der Vizekanzler. Es sei wichtig, dass Europa seine Interessen verteidigt habe.
Klingbeil betonte aber auch: „Grundsätzlich bleibt meine Überzeugung: Zölle schaden der Wirtschaft auf beiden Seiten des Atlantiks. Wir brauchen niedrige Zölle und offene Märkte. Wir setzen weiter auf gute Handelsbeziehungen. Dafür werden wir neben den USA auch neue weltweite Partnerschaften aufbauen.“
Wirtschaftsweise: „Horrorszenario“ verhindert
Die Wirtschaftsweise Ulrike Malmendier zeigte sich erleichtert über die Einigung. „Es ist schon sehr erfreulich, dass dieses Horrorszenario von 30 Prozent Zöllen abgewandt wurde“, sagte Malmendier am Montag im ARD-„Morgenmagazin“. Dennoch seien Zölle von fünfzehn Prozent „im 21. Jahrhundert schwer zu verstehen“.
Malmendier fügte hinzu: „Wir leben in einer Welt, wo wir alle miteinander verflochten sind.“ Insofern sei „das schon eine ungeheure Belastung für die Wirtschaft, nicht nur hier, sondern auch in den USA.“ Insbesondere für einzelne Unternehmen bedeuten die Zölle eine „enorme zusätzliche Belastung“.
Für Verbraucher hingegen sei noch offen, ob sie die Zölle „kurzfristig besonders negativ zu spüren bekommen“. Denn es gebe nun auch viele Länder, die aufgrund der Zölle „nicht mehr den gleichen Zugang zum amerikanischen Markt haben“. Dadurch könnten laut Malmendier mehr Güter auf den europäischen Markt drängen, was sinkende Preise zur Folge hätte.
Zudem äußerte Malmendier Hoffnung, dass der Handelsstreit zu einem „echten Push“ für den europäischen Binnenmarkt führe, der auch für junge Unternehmen mit zukunftsorientierten Technologien an Attraktivität gewinne.
Exportverband spricht von schmerzhaftem Kompromiss
Aus Sicht der deutschen Außenhandelsbranche bringt die Verständigung im transatlantischen Zollstreit vorläufige Gewissheit – aber auch negative Effekte. Die deutsche Exportwirtschaft hat die Grundsatzvereinbarung zur Entschärfung des Zollkonflikts zwischen der EU und den USA als schmerzhaften Kompromiss bezeichnet.
„Der Zollaufschlag bedeutet für viele unserer Händler eine existenzielle Bedrohung“, teilte der Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA) in Berlin mit. Auch wenn jetzt zunächst Sicherheit über die Handelsbedingungen herrsche, würden sich Lieferketten verändern und Preise erhöhen. Die Einigung mit den USA werde auch in Deutschland Wachstum, Wohlstand und Arbeitsplätze kosten.
„Das einzig Positive an dieser Einigung ist, dass eine weitere Eskalationsspirale zunächst abgewendet werden konnte“, hieß es vom BDI. Entscheidend sei jetzt, dass das Übereinkommen verbindlich werde. Unternehmen auf beiden Seiten des Atlantiks bräuchten Planungssicherheit für Lieferketten und Investitionen.
Die EU-Kommission hatte sich intensiv für ein Handelsabkommen mit den USA eingesetzt, um die Handelsbeziehungen im Wert von jährlich 1,9 Billionen US-Dollar zu sichern. Der EU drohte Trump mit Zöllen von 30 Prozent, die am 1. August in Kraft getreten wären, hätte es bis dahin keine Einigung gegeben. (afp/dpa/red)
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