Hinter WHO-Austritt der USA: Streit um die Richtung der globalen Gesundheitspolitik

Die eine Richtung befürwortet die Pandemiebekämpfung und Impfstoffe, die andere konzentriert sich auf Gesundheitsförderung wie Ernährung, Hygiene und wirtschaftliche Entwicklung.
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WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus kündigte bereits vor einiger Zeit an, dass weitere Pandemien folgen würden. Experten halten seine Behauptungen für „maßlos übertrieben“.Foto: Fabrice Coffrini/afp via Getty Images
Von 20. Juli 2025

In Kürze:

Nach dem Austritt der USA aus der WHO in diesem Jahr gibt es eine Debatte über die Ausrichtung der globalen Gesundheitspolitik.

Das eine Lager priorisiert prophylaktische Maßnahmen zur Verhinderung zukünftiger Pandemien.

Das andere Lager räumt der Gesundheitsförderung Vorrang ein.

Der globale Impfstoffmarkt wird voraussichtlich in den nächsten 10 Jahren um 75 Prozent ansteigen.

Für zukünftige Pandemien wird mehr Geld zur Verfügung gestellt, als für AIDS, Tuberkulose und Malaria.


 

Im Mai verabschiedete die Weltgesundheitsorganisation (WHO) ihr Pandemieabkommen. Gleichzeitig verschärften die Vereinigten Staaten ihre Kritik an der Organisation und warfen ihr Korruption sowie eine Abkehr von ihrer eigentlichen Aufgabe vor, schreibt die amerikanische Ausgabe der Epoch Times.

Kennedy: WHO sollte Austritt der USA als Weckruf verstehen

Die USA, die ihre Mitgliedschaft mit dem Amtsantritt von Donald Trump im Januar aufkündigten, fehlten bei der WHO-Sitzung. Gesundheitsminister Robert F. Kennedy Jr. sagte in einer Ansprache per Video, dass „die Gesundheitsminister der Welt und die WHO unseren Austritt aus der Organisation als Weckruf verstehen“ sollten. Weder er noch Trump hätten das Interesse an internationaler Zusammenarbeit verloren.

Dabei wies er darauf hin, dass die USA bereits in Kontakt mit „gleichgesinnten“ Ländern stünden. Zugleich schlug er ein alternatives globales System vor. Dazu lud Kennedy die Gesundheitsminister ein, über die Grenzen einer „todgeweihten“ WHO hinaus zusammenzuarbeiten.

Ohne einen soliden Plan dürfte Kennedys Vorschlag erst einmal nicht viele Überläufer anziehen, abgesehen von Argentinien, das der WHO ebenfalls den Rücken gekehrt hat. Doch seine Kritik deutet auf eine viel tiefere Debatte über die Zukunft der globalen öffentlichen Gesundheit hin.

Im langen Schatten von COVID-19 gibt es einen zunehmenden Trend zur Priorisierung der Pandemiebekämpfung: Milliarden US-Dollar werden für Impfstoffe, Überwachung und Hightech-Versuche aufgewendet, um Krankheiten zu finden und sie zu kontrollieren – einschließlich solcher, die es bislang nicht gibt.

Dieses Paradigma wird nun von einer Bewegung herausgefordert, die der Gesundheitsförderung Vorrang einräumt. Im Mittelpunkt stehen dabei die Stärkung lokaler Gesundheitssysteme und die Befassung mit zugrunde liegenden Faktoren wie Ernährung, sanitären Einrichtungen und wirtschaftlicher Entwicklung. Die Agenda „Make America Healthy Again“ (MAHA) der Trump-Regierung mit ihrem Fokus auf ganzheitliche Gesundheitsförderung und den Ursachen chronischer Krankheiten stimmt philosophisch mit dem Ansatz überein.

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Interessengruppen diktieren Richtung bei globaler Gesundheit

Gleichzeitig senden der WHO-Austritt und Kürzungen bei der Auslandshilfe, einschließlich der Zerschlagung der US-Agentur für internationale Entwicklung (USAID), Schockwellen durch das internationale System. So weckt Amerikas Rückzug die Befürchtung, dass ein daraus resultierendes Machtvakuum autoritäre Regierungen wie China und Einzelinteressen wie die der Pharmaunternehmen weiter stärken könnte.

Einige Insider sagen jedoch, dass der Schritt der Trump-Regierung endlich eine Abrechnung mit der systemischen Dysfunktion des Gesundheitsapparats erzwingen könnte, die durch die Pandemie offengelegt wurde. Zudem wurde das Finanzierungssystem dahinter deutlich, welches es Interessengruppen ermöglichte, die Richtung der globalen Gesundheitspolitik zu diktieren.

In einem Podcast vom April 2025 interviewte „Health Policy Watch“ den Virusexperten Tulio de Oliveira. Bei „Health Policy Watch“ handelt es sich um eine von der ehemaligen WHO-Redakteurin Elaine Ruth Fletcher gegründete und geleitete Nachrichtenplattform, die sich auf globale Gesundheitspolitik spezialisiert hat. Sie ist gemeinnützig und bezeichnet sich als unabhängig.

De Oliveira, der das Zentrum für Epidemiebekämpfung und Innovation (CERI) der Universität Stellenbosch in der südafrikanischen Provinz Westkap leitet, führte auch die Teams, die als erste die Beta- und Omikron-Varianten von SARS-CoV-2 entdeckten.

CDC: Derzeit besteht kein Risiko durch die Vogelgrippe

Er bezeichnet den WHO-Austritt der USA als Fehler. „Wir haben gerade eine Pandemie hinter uns, und wie viele Billionen Dollar hat das die Weltwirtschaft gekostet?“, sagte De Oliveira. „Die USA spenden weniger als ein Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts (BIP) [für die globale öffentliche Gesundheit]. Eine neuerliche Pandemie wird sie viel mehr pro Jahr kosten.“ Das Bruttoinlandsprodukt der weltweit größten Volkswirtschaft betrug 2024 rund 29 Billionen US-Dollar.

De Oliveira sagte, er hoffe, dass die Vereinigten Staaten und andere Länder – einschließlich Großbritannien, das Wochen zuvor angekündigt hatte, rund 40 Prozent seines Budgets für Auslandshilfe zu kürzen – es sich noch einmal überlegen würden.

„Sie müssen Ihre Bevölkerung verteidigen und jetzt haben Sie eine größere Chance, dass Epidemien entstehen. Es geht darum, Geld zu investieren“, sagte er und fügte hinzu, dass dies einen „viel besseren Nutzen“ habe, als „von Wellen neuer Krankheitserreger und Epidemien“ getroffen zu werden.

Ende Mai kündigte die Trump-Regierung einen Vertrag mit Moderna über mehr als 700 Millionen US-Dollar zur Entwicklung, Erprobung und Lizenzierung von Impfstoffen für Grippe-Subtypen, einschließlich des Vogelgrippevirus H5N1. Das Pharmaunternehmen verwendet für den Vogelgrippe-Impfstoff Boten-Ribonukleinsäure (mRNA) – wie auch bei seinen COVID-19-Vakzinen.

Die Zentren für Krankheitskontrolle und -prävention (CDC) sehen das derzeitige Risiko für die öffentliche Gesundheit durch H5N1 zudem als gering an. Die Ausbrüche bei Geflügel und Milchkühen würden überwacht, Übertragungen zwischen Menschen gebe es nicht.

Bedrohungen durch Erreger sind „maßlos übertrieben“

Der Kommunikationsdirektor des US-Gesundheitsministeriums (HHS), Andrew Nixon, sagte der amerikanischen Ausgabe der Epoch Times in einer E-Mail:

Die mRNA-Technologie ist nach wie vor zu wenig getestet. Wir werden keine Steuergelder ausgeben, um die Fehler der letzten Regierung zu wiederholen, die legitime Sicherheitsbedenken vor der Öffentlichkeit verschwiegen hat.“

In den vergangenen Jahren haben internationale Organisationen wie die WHO, die Weltbank und die G20 jährlich Dutzende Milliarden an Finanzmitteln für Pandemien beantragt. Das Geld sollte vorwiegend für die Entwicklung von Impfstoffen, Überwachung und digitale Technologien verwendet werden.

Einige Experten sind jedoch der Ansicht, dass die Risikobewertungen auf falsch dargestellten oder schwachen Daten basieren und mit Opportunitätskosten für traditionelle Programme verbunden sind. Opportunitäts- oder auch Alternativkosten entstehen, wenn man sich für eine bestimmte Option entscheidet und dadurch auf die Vorteile einer anderen Möglichkeit verzichtet.

„Die ganze Botschaft über die Risiken von Pandemien und die Risiken von Ausbrüchen, auf denen diese basieren, ist falsch“, sagte Dr. David Bell gegenüber der amerikanischen Ausgabe der Epoch Times. Der Arzt hat mehr als zwei Jahrzehnte im Bereich der globalen Gesundheit gearbeitet. Unter anderem war er medizinischer Beamter und Wissenschaftler bei der WHO.

Gemeinsam mit Kollegen von der University of Leeds analysierte Bell Aussagen und angebliche Beweise, mit denen die WHO und andere ihre Ausgaben für die Pandemie rechtfertigen. In einer Ausarbeitung, die das Ergebnis mehrerer Studien ist, behaupten sie, dass die Beweise oft falsch dargestellt werden. Bedrohungen durch bekannte oder spekulative Krankheitserreger, die noch nicht existieren, würden oft „maßlos übertrieben“.

COVID-19 eher Ausreißer als Trend

Von neun Krankheiten, die die WHO aufgrund ihres epidemischen Potenzials für die Notfallforschung und -entwicklung identifiziert hat, ist eine COVID-19. Eine weitere – Krankheit X – existiert noch nicht. Von den anderen sieben hat nur Ebola mehr als 10.000 Todesfälle verursacht.

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Ein G20-Bericht aus dem Jahr 2021 identifiziert Pandemien und den Klimawandel als die wichtigsten Probleme für die Sicherheit der Menschen. Demnach sei es in den vergangenen beiden Dekaden alle vier bis fünf Jahre zu großen globalen Ausbrüchen von Infektionskrankheiten gekommen.

Doch, so Bell weiter, klammere man COVID-19 und die Schweinegrippe von 2009 aus, habe es bei allen Ausbrüchen zusammen weniger als 26.000 Todesfälle gegeben. Der Schweinegrippe seien weniger Menschen zum Opfer gefallen als bei einer saisonalen Influenza. COVID-19 sei dagegen „eher als Ausreißer anstatt als Ausdruck eines Trends“ zu sehen, schreiben Bell und seine Mitautoren.

Milliarden für „spekulative Pandemieplanung“

Bell kritisiert, dass Milliarden in eine „spekulative Pandemieplanung“ investiert würden. Dabei seien die größten Bedrohungen nicht neu auftretende Krankheiten, sondern dieselben „langsamen Pandemien“, die die WHO seit Jahrzehnten bekämpfe.

Dazu zählten nach Angaben der Impfallianz GAVI Tuberkulose, HIV und Malaria. Nach Angaben der WHO (GAVI-Mitbegründerin) töten diese „Krankheiten der Armut und Marginalisierung“ jedes Jahr immer noch mehr als zwei Millionen Menschen. Im Jahr 2023 war Tuberkulose die häufigste Todesursache für Infektionskrankheiten und übertraf damit COVID-19.

Laut Bell sei es wahrscheinlicher, an den bekannten Erkrankungen zu sterben, wenn es an gesunder Ernährung mangele. Er wies darauf hin, dass dieses Thema einst ein wichtiger Schwerpunkt der WHO war. Doch sei die Finanzierung dafür gesunken. Dabei sei eine ausreichende Ernährung wichtig für die Widerstandsfähigkeit des Körpers gegen Krankheiten. Daher müsse man darauf zuerst achten. Bei der Bekämpfung der „großen tödlichen Krankheiten machen wir keine besonderen Fortschritte“, führte er aus.

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Pandemiehilfe dreimal höher als Ausgaben gegen Malaria

Die finanziellen Ressourcen sollten nicht für COVID eingesetzt werden. Doch genau dies habe die WHO getan. Laut einer Prognose von Precedence Research werde der globale Impfstoffmarkt voraussichtlich von 91,97 Milliarden US-Dollar in diesem Jahr auf 161,4 Milliarden US-Dollar im Jahr 2034 steigen.

Gehe es um Entwicklungshilfe im Ausland, seien die Anfragen nach Pandemiehilfe laut Bell mehr als dreimal so hoch wie die gesamten Malariaausgaben. In der Zwischenzeit widmeten sich neue Organisationen wie GAVI und CEPI (Coalition for Epidemic Preparedness Innovations) ausschließlich Pandemien und Impfstoffen.

Er wies darauf hin, dass der Globale Fonds, dessen erklärtes Ziel die Bekämpfung von AIDS, Tuberkulose und Malaria ist, „inzwischen mehr Mittel für Pandemien als für diese Krankheiten bereitstellt“. Besonders in Ländern mit hoher Malaria-Belastung wurden bereits im ersten Coronajahr Ressourcen von entsprechenden Programmen abgezogen, um die Pandemie zu bekämpfen.

Dieser Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel „Behind US Exit From WHO, a Battle Over Direction of Global Public Health“ (deutsche Bearbeitung os)



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