Indien kauft verstärkt russisches Öl: Was Sie darüber wissen sollten

In Kürze:
- Die US-Regierung betrachtet Indien als einen Schlüssel zur Lösung des Konflikts zwischen der Ukraine und Russland.
- Indien hat sich innerhalb kurzer Zeit zu einem der wichtigsten Handelspartner Russlands entwickelt.
- Indien hat einen hohen Handelsüberschuss mit den USA.
- Die hohen US-Zölle könnten negative Auswirkungen auf das Wachstum des indischen Bruttoinlandsprodukts haben.
US-Präsident Donald Trump hat gegen Indien Strafzölle in Höhe von 25 Prozent verhängt. Trump unterschrieb am 6. August ein Dekret, das den Zollsatz für viele indische Produkte auf 50 Prozent verdoppelt. Es tritt in drei Wochen in Kraft.
Die Strafzölle richten sich gegen den Bezug russischen Öls durch Indien und zielen darauf ab, die Öleinnahmen Russlands zu verringern. Während Indien gegen die neuen Zölle protestiert, argumentiert das Weiße Haus, dass die Importe dazu beigetragen hätten, den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine zu finanzieren.
Trump nannte den Krieg in der Ukraine in seinem Dekret eine „ungewöhnliche und außerordentliche Bedrohung für die nationale Sicherheit und die Außenpolitik der Vereinigten Staaten“.
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Hier erfahren Sie alles Wissenswerte über die Einfuhren von russischem Öl nach Indien.
Indien als Schlüssel zur Lösung des Ukraine-Russland-Konflikts?
Die US-Regierung verfolgt eine neue Strategie und betrachtet Indien als Schlüssel zur Lösung des Ukraine-Russland-Konflikts. Laut Trump würde Indien durch den Kauf von russischem Rohöl „die Kriegsmaschinerie anheizen“. Dies erklärte der US-Präsident am 5. August in einem Interview der CNBC-Sendung „Squawk Box“.
Ökonomen der ING Bank, einem der größten europäischen Finanzinstitute, stellten in einer Mitteilung vom 5. August fest:
„Ob die Androhung von Sekundärsanktionen gegen Indiens Finanzhilfen für Russland das Kernziel ist, bleibt abzuwarten. Oder aber dieser Schritt könnte den Druck der USA auf Indien erhöhen, seine Binnenwirtschaft für Agrarimporte zu öffnen oder sich stattdessen zum Kauf von US-Energie zu verpflichten.”
Indien importiert verstärkt russisches Öl
Die Beziehungen zwischen Indien und Russland haben sich in den letzten Jahren intensiviert. Indien hat sich innerhalb kürzester Zeit zu einem der wichtigsten Handelspartner Russlands entwickelt – mit einem jährlichen Handelsvolumen von fast 69 Milliarden US-Dollar. Dies ist in erster Linie auf Geschäfte im Energiebereich zurückzuführen.
Vor dem Ukraine-Krieg beliefen sich Indiens jährliche Rohölimporte aus Russland auf etwa eine Milliarde US-Dollar. Seit Beginn des Krieges sind die Importe jedoch sprunghaft angestiegen und erreichten im Jahr 2022 25,5 Milliarden US-Dollar. Diese Daten stammen aus der Datenbank Comtrade der Vereinten Nationen. Im Jahr 2023 gab es eine enorme Steigerung auf 48,6 Milliarden US-Dollar und im Jahr 2024 waren es 52,7 Milliarden US-Dollar.
Für das Jahr 2024 entspricht dies einem Importvolumen von 1,75 Millionen Barrel Öl pro Tag. Dieser Wert wurde im Jahr 2025 bislang ebenfalls erreicht. Experten des Thinktanks Observer Research Foundation schätzen, dass Indien mehr als ein Drittel der russischen Rohölexporte abnimmt und damit hinter China mit einem Anteil von 50 Prozent auf dem zweiten Platz liegt.
Seit Dezember 2022 hat Indien zudem 19 Prozent der russischen Kohleexporte bezogen.
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Wird Preisobergrenze von 60 Dollar pro Barrel gesenkt?
Aufgrund der vom Westen angeführten Bestrebungen, Russland zu isolieren, hatten die G7-Staaten und die Europäische Union im Dezember 2022 eine Preisobergrenze von 60 Dollar pro Barrel für russisches Rohöl eingeführt. Diese Sanktion ermöglichte es jedoch Ländern wie China und Indien, russische Erdölprodukte zu einem erheblich geringeren Preis im Vergleich zum Vorkriegsniveau zu kaufen.
Allerdings spart Indien mittlerweile weniger ein, da sich die globalen Ölmärkte seit Ausbruch des Krieges stabilisiert und sich der Marke von 60 Dollar angenähert haben. Der internationale Ölpreisindex Brent wird an der Londoner ICE-Futures-Börse für rund 68 Dollar pro Barrel gehandelt. Das ist ein Rückgang von neun Prozent in diesem Jahr. Dies hat Spekulationen ausgelöst, dass die G7 und die EU eine Senkung der Preisobergrenze in Erwägung ziehen könnten, um erneut Druck auf Moskau auszuüben.
Bislang kein Umschwenken Indiens
Indien importiert nahezu sein gesamtes Erdöl. Die Strategie des Landes besteht seit Jahren darin, die geopolitischen Beziehungen zu den Großmächten der Welt – seien es die USA oder China – auszubalancieren. Da die Preisobergrenze der G7 kein generelles Verbot darstellt, sind nicht teilnehmende Länder wie Indien nicht verpflichtet, russisches Öl zu boykottieren.
Die indische Regierung konterte die Kritik der USA an der Zunahme der russisch-indischen Handelsbeziehungen mit dem Argument, diese seien für die Stützung der Wirtschaft und die Sicherstellung des Zugangs von 1,46 Milliarden Menschen zu bezahlbarer Energie von entscheidender Bedeutung.
Ein Sprecher des indischen Außenministeriums erklärte am 5. August, die Regierung habe den Bezug von russischem Öl erst im Zuge des Ukraine-Konflikts erhöht – nämlich dann, als die traditionellen Energielieferanten Indiens begannen, ihre Exporte nach Europa umzuleiten.
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Daten deuten darauf hin, dass Indien seine Nachfrage nach russischer Energie noch nicht zurückgefahren hat. „Indische Raffinerien haben ihre Rohölimporte aus Russland vorübergehend erhöht, ohne dass es sichtbare Anzeichen für Besorgnis seitens der politischen Führung gibt“, schrieb die Observer Research Foundation.
Die Vereinigten Staaten warfen Indien auch vor, mit russischem Öl Geschäfte zu machen. „Der anschließende Weiterverkauf dieses Öls durch Indien auf dem freien Markt, oft mit erheblichen Gewinnen, ermöglicht es der Russischen Föderation, ihre Aggression weiter zu finanzieren“, heißt es im Dekret Trumps.
Indiens Handel mit Russland und den USA
Russland und Indien hatten schon vor Kriegsbeginn im Februar 2022 begonnen, ihre wirtschaftlichen Beziehungen zu intensivieren. Im Dezember 2021 unterzeichneten der russische Präsident Wladimir Putin und der indische Premierminister Narendra Modi eine Reihe von Handels- und Rüstungsabkommen. Im Juli 2024 unterzeichneten beide außerdem neun Abkommen in den Bereichen Handel, Forschung und Klimaschutz.
Doch trotz dieser Versuche, die Handelsbeziehungen anzukurbeln, bleiben die Vereinigten Staaten ein wichtiger Markt für die indische Wirtschaft.
Das Handelsvolumen zwischen den USA und Indien ist mit rund 212 Milliarden US-Dollar enorm. Wie andere wichtige Handelspartner exportiert Indien jedoch mehr in die Vereinigten Staaten als es importiert. Trump hat regelmäßig auf die zahlreichen Zölle und nichttarifären Handelshemmnisse der südasiatischen Wirtschaftsmächte hingewiesen und sie als „anstrengend“ und „unangenehm“ bezeichnet.
„Wir haben nur sehr wenig Handel mit Indien betrieben. Ihre Zölle sind zu hoch, sie gehören zu den höchsten der Welt“, schrieb Trump letzte Woche in einem Beitrag auf Truth Social.
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Nach Angaben des Büros des US-Handelsbeauftragten belief sich das Handelsdefizit der USA mit Indien im Jahr 2024 auf fast 46 Milliarden US-Dollar, ein Anstieg von 5,9 Prozent gegenüber 2023.
Neue Zollverhandlungen?
Deepali Bhargava, Regionalleiterin für die Asien-Pazifik-Forschung bei ING, sagte, dass Indien etwa 18 Prozent seiner Waren in die Vereinigten Staaten exportiert – der Anteil der indischen Ausfuhren nach Russland liegt dagegen nur bei etwa 1 Prozent. Das bedeutet, dass die extrem hohen US-Zölle „erhebliche Auswirkungen auf das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts haben könnten“.
Im zweiten Quartal betrug das Wachstum des indischen Bruttoinlandsprodukts 7,4 Prozent, nach einem nach oben korrigierten Wachstum von 6,4 Prozent in den ersten drei Monaten des Jahres 2025. Frühe Schätzungen deuten darauf hin, dass sich das Wachstum im dritten Quartal kaum verändern wird.
„Wir halten es für wahrscheinlich, dass beide Länder die Verhandlungen fortsetzen und dabei die Reduzierung der Importe aus Russland als Druckmittel einsetzen werden, sodass Indien am Ende einen niedrigeren Zollsatz erhalten könnte“, sagte Bhargava in einer Mitteilung vom 6. August.
In der Zwischenzeit könnte sich die Stimmung im In- und Ausland abkühlen, in Indien zu investieren, was die Reserve Bank of India möglicherweise dazu zwingen könnte, die Zinsen bis zum Jahresende zu senken.
Die Epoch Times hat die indische Regierung um eine Stellungnahme gebeten.
Der Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel „What to Know About India’s Purchases of Russian Oil“. (deutsche Bearbeitung il)
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