Israel will Gaza-Stadt einnehmen – Militär-Elite wenden sich mit Hilferuf an Trump

Das israelische Sicherheitskabinett hat in der Nacht zum Freitag den von Regierungschef Benjamin Netanjahu vorgelegten Plan zur „Besiegung“ der Hamas im Gazastreifen gebilligt.
Der Plan sieht vor, dass die israelische Armee die Kontrolle über die Stadt Gaza übernimmt, hieß es in einer Erklärung des Büros von Netanjahu. Gleichzeitig soll dem Plan zufolge humanitäre Hilfe an die Zivilbevölkerung außerhalb der Kampfgebiete geliefert werden, hieß es weiter.
Das Sicherheitskabinett beschloss nach Angaben des Büros des Ministerpräsidenten zudem fünf Prinzipien, um den Krieg im Gazastreifen zu beenden.
Dazu gehörten unter anderem die militärische Kontrolle des Küstengebiets durch Israel und die komplette Entwaffnung der islamistischen Hamas sowie die Entmilitarisierung des Gazastreifens. Anschließend solle dort außerdem eine alternative Zivilregierung aufgebaut werden.
Israel kontrolliert gegenwärtig nach Medienberichten rund drei Viertel des weitgehend zerstörten Küstenstreifens, in dem insgesamt etwa zwei Millionen Palästinenser leben. Seit Anfang der Woche war über eine komplette Einnahme des Gazastreifens durch Israel spekuliert worden. Die nun beschlossenen Pläne gehen der offiziellen Mitteilung zufolge vorerst nicht so weit.
Warnung des Generalstabschefs
Gegen die Pläne des Premiers wurden seit Tagen Bedenken auf verschiedenen Ebenen erhoben. Wie israelische Medien berichten, habe am 5. August der IDF-Generalstabschef Eyal Zamir während einer dreistündigen Sicherheitsdiskussion in kleinerem Kreis Optionen für die Fortsetzung der Militäroperationen im Gazastreifen vorgestellt, aber gewarnt, dass die Besetzung des gesamten Gazastreifens zu hohen israelischen Verlusten führen könnte. Zamir hat zudem in den vergangenen Wochen mehrfach angedeutet, dass er zum Rücktritt bereit sei. Bislang verzeichnet die israelische Armee 459 im Gaza-Krieg getötete Soldaten.
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Ex-Militärs und Geheimdienstchefs fordern Ende des Krieges
Außerdem wandten sich Anfang August medienwirksam 19 ehemalige hochrangige israelische Sicherheitschefs in einem Video an die Öffentlichkeit und forderten das Ende der Kämpfe im Gazastreifen. Als Grund für ihren Appell nannten die ehemaligen hochrangigen Militärs, Geheimdienstchefs und Polizeiführer, dass der Krieg „kein gerechter Krieg mehr ist. Er führt den Staat Israel in den Verlust seiner Sicherheit und Identität“. Unter den pensionierten IDF-Stabschefs, Geheimdienstchefs, Direktoren des Inlandsgeheimdienstes Schin Bet und des Auslandsgeheimdienstes Mossad sowie Militärpolizei ist als prominenteste Person der ehemalige Premierminister und einstige Generalstabschef Ehud Barak zu nennen.
In dem inzwischen weltweit verbreiteten Video erinnert Nadav Argaman, ebenfalls Ex-Chef von Schin Bet, daran: „Ich kenne keine Armee, die jemals einen Guerillakrieg gewonnen hat.“ Amos Malka, ehemaliger Militärgeheimdienstchef, beklagt: „Wir haben den Punkt, an dem wir den Krieg hätten gut beenden können, verpasst.“
Viele der im Video zu sehenden Personen haben bereits zuvor Netanjahu und dessen Kriegsführung öffentlich kritisiert. Im Videointro wird gesagt: „Jeder dieser Männer nahm an Kabinettssitzungen teil, agierte in den inneren Kreisen und war an allen heikelsten Entscheidungsprozessen beteiligt. Gemeinsam verfügen sie über mehr als 1.000 Jahre Erfahrung in der nationalen Sicherheit und Diplomatie.“
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Brief an Trump
In einem Brief an den amerikanischen Präsidenten forderten bereits am 1. August fünf namhafte Vertreter der Vereinigung Commanders for Israel’s Security Donald Trump auf, den Krieg zu beenden. Sie legten Trump dar, dass Israel die beiden Kriegsziele – die Zerschlagung des militärischen Flügels der Hamas sowie deren Führung – „längst erreicht“ habe.
Das dritte Ziel, die Freilassung der Geiseln, könne „nur durch ein Abkommen erreicht werden“, so die Unterzeichner, darunter der ehemalige Generalstabschef Matan Vilnai, der ehemalige Mossad-Direktor Tamir Pardo und der ehemalige Botschafter in Deutschland, Jeremy Issacharoff. Nach israelischer Einschätzung befinden sich derzeit noch 50 Geiseln in der Gewalt der Hamas, von denen etwa 20 noch am Leben sein sollen.
Die Unterzeichner des Briefes sind sich „aufgrund ihrer professionellen Urteilsfähigkeit“ sicher, dass die Hamas „nicht länger eine strategische Bedrohung für Israel“ darstelle. In dem Brief an Trump heißt es weiter: „Ihre Glaubwürdigkeit bei der großen Mehrheit der Israelis erhöht Ihre Möglichkeit, Premierminister Netanjahu und seine Regierung in die richtige Richtung zu lenken: Beenden Sie den Krieg, holen Sie die Geiseln zurück, beenden Sie das Leiden und schmieden Sie eine regionale und internationale Koalition, die der Palästinensischen Autonomiebehörde (nach ihrer Reform) hilft, den Menschen in Gaza und allen Palästinensern eine Alternative zur Hamas und deren bösartiger Ideologie zu bieten.“
Der Brief an Trump wurde von mehr als 600 weiteren israelischen Militärs und Sicherheitsbeamten per Unterschrift unterstützt.
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Verdacht: Netanjahu verlängert Krieg aus politischen Gründen
In der amerikanischen Hauptstadtzeitung „The Hill“ wurde in einem Meinungsartikel am 6. August der Verdacht geäußert, dass der israelische Premier den Krieg aus politischen Gründen verlängern wolle. Zum einen sei Netanjahus Koalition „von rechtsextremen, ultranationalistischen Parteien abhängig“, die drohten, die Koalition zu verlassen, falls es zu einem Geiselabkommen und einem Ende des Krieges kommt.
Zum anderen sei sich Netanjahu gewiss, dass er die nächste Wahl und damit die Macht verlieren werde. In solch einem Fall wäre er persönlich mit einer Anklage konfrontiert. Denn es steht ein Prozess mit dem Vorwurf der Korruption aus der Zeit vor dem Krieg im Raum. Dieser Prozess wurde bislang aufgrund der Ausnahmesituation seit dem 7. Oktober 2023 ausgesetzt. Im Fall einer Verurteilung droht Netanjahu eine Gefängnisstrafe. „Seine einzige Hoffnung ist es also, den Krieg fortzusetzen“, glaubt „The Hill“.
(Mit Material von Agenturen)
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