Japans Regierungschef Ishiba kündigt Rücktritt an

Japans Regierungspartei LDP verlor im Juli die Mehrheit im Parlament. Seither war Partei- und Regierungschef Ishiba zunehmend Rücktrittsforderungen ausgesetzt. Jetzt gibt er auf.
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Japans Regierungschef Ishiba stand nach Wahlschlappen in seiner eigenen Partei in der Kritik (Archivbild).Foto: Franck Robichon/POOL/AFP via Getty Images
Epoch Times7. September 2025

Japans Regierungschef Shigeru Ishiba hat fast zwei Monate nach der Niederlage seiner Partei bei der Wahl zum japanischen Oberhaus seinen Rücktritt angekündigt.

Er habe entschieden, als Vorsitzender der konservativen Liberaldemokratischen Partei (LDP) zurückzutreten, sagte Ishiba am Sonntag bei einer Pressekonferenz in Tokio. Der Chef der Regierungspartei ist in Japan traditionell auch Ministerpräsident.

Ishiba übernahm damit die Verantwortung für den Verlust der Parlamentsmehrheit bei der Oberhauswahl im Juli. Er beabsichtige, seine Aufgaben bis zur Wahl eines neuen Parteivorsitzenden seiner Liberaldemokratischen Partei  zu erfüllen.

Im Juli verlor seine Partei im Oberhaus

Der 68-jährige Ishiba hatte das Amt des Regierungschefs vergangenes Jahr übernommen. Spekulationen über einen möglichen Rücktritt Ishibas gab es schon seit Wochen.

Seine Koalition aus LDP und ihrem Juniorpartner Komeito hatte im Juli bei der Wahl zum Oberhaus die Mehrheit verloren, nachdem sie im Oktober zuvor bereits die Mehrheit im mächtigeren Unterhaus eingebüßt hatte. Ishibas Koalition stellt seither eine Minderheitsregierung.

Beobachter erwarten, dass der künftige LDP-Parteichef dennoch im Parlament auch zum Regierungschef gewählt wird. Das zersplitterte Oppositionslager müsste sich auf einen gemeinsamen Kandidaten einigen, was zurzeit als nicht möglich erscheint.

Eher werde die Koalition aus LDP und Komeito eine der Oppositionsparteien an Bord holen können, sagte Axel Klein, Professor für Politikwissenschaft an der Universität Duisburg-Essen, dpa in Tokio. „Meiner Einschätzung nach wird die LDP größere Zugeständnisse an eine Oppositionspartei machen und die Regierungskoalition entweder auf drei Parteien ausweiten oder weiter als Minderheitsregierung arbeiten“, sagte er.

Japans Landwirtschaftsminister und ein ehemaliger Regierungschef sollen sich am Samstagabend mit Ishiba getroffen haben, um ihn zu einem freiwilligen Rücktritt zu bewegen. Vergangene Woche hatten bereits vier hochrangige Mitglieder der LDP, darunter ihr Generalsekretär Hiroshi Moriyama, ihren Rücktritt angeboten.

LDP: „Zu weit nach links gerückt“

Grund für die Wahlschlappe der seit Jahrzehnten fast ununterbrochen regierenden LDP war die Unzufriedenheit der Wählerschaft mit den steigenden Preisen und der Einwanderungspolitik. Davon profitierten rechte Kleinparteien, vor allem die Sanseito.

Die LDP habe in ihrer Analyse der letzten Wahlniederlagen auch den Verlust konservativer Wählerschichten beklagt, erklärte Klein. Die LDP sei zu weit nach links gerückt, heiße es. Das könne Auswirkungen auf die Wahl des nächsten Ministerpräsidenten haben, denn der scheidende Ishiba gilt als eher liberal.

In der LDP wachse sich ein Richtungsstreit zu einem erheblichen Konflikt aus, erklärte Klein. Alle in der Partei stimmten darin überein, dass die LDP reformiert werden müsse. Manche wollten weiter nach rechts und wieder so wie früher werden.

Andere bevorzugten einen Weg in die Mitte – auch, um mit anderen Parteien besser kooperieren zu können, sagte der Experte weiter. „Das kann den Parteizusammenhalt massiv auf die Probe stellen“. Ishiba sagte am Abend, sein Rücktritt solle dazu dienen, eine „Spaltung“ seiner Partei zu vermeiden. (dpa/afp/red)



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