Klaus Schwab zieht sich vollständig zurück: WEF-Gründer kündigt Abschied vom Stiftungsrat an

Neben seinem Rücktritt als geschäftsführender Vorsitzender leitet der 87-jährige Klaus Schwab nun auch den Abschied aus dem Stiftungsrat des Weltwirtschaftsforums WEF ein. Der Schritt folgt auf ein Jahr voller Turbulenzen: Diskriminierungsvorwürfe, Führungsprobleme und kritische Medienberichte stellen die Institution vor große Herausforderungen. Nun soll ein neuer Kurs eingeschlagen werden.
Wissenschaftler Klaus Schwab hat das WEF vor mehr als 50 Jahren gegründet. (Archivbild)
Wissenschaftler Klaus Schwab hat das WEF vor mehr als 50 Jahren gegründet. (Archivbild)Foto: Salvatore Di Nolfi/KEYSTONE/dpa
Von 7. April 2025

Vor einem knappen Jahr ist der Gründer des Weltwirtschaftsforums (WEF), Klaus Schwab, als geschäftsführender Vorsitzender der Organisation zurückgetreten. Nun leitet der 87-Jährige auch seinen Rückzug aus dem Stiftungsrat ein. Dies geht aus einem Schreiben an die Mitglieder des Kuratoriums hervor, dessen Inhalt der „Financial Times“ zugespielt wurde. Der Rückzugsprozess soll bis zum Januar 2027 abgeschlossen sein, äußerte das WEF gegenüber dem Blatt.

Schwab beklagt „Turbulenzen“ für das WEF in den vergangenen Monaten

In seinem Brief äußerte Schwab, es sei „nach den Turbulenzen der vergangenen Monate“ erforderlich, den „Sinn für die Mission des WEF“ wiederzufinden. Welche Turbulenzen er genau meint, führt er nicht näher aus. Eine afroeuropäische ehemalige Mitarbeiterin hatte einen Prozess gegen das WEF angestrengt. Sie wirft der Organisation vor, sie aufgrund ihrer Hautfarbe und während ihrer Schwangerschaft diskriminiert zu haben.

Das WEF hat die Vorwürfe bestritten. Die Klage vor einem New Yorker Gericht wurde zwar im März zurückgezogen. Dennoch förderte eine Untersuchung „Führungs- und Managementprobleme“ zutage. Der Nachfolger Schwabs an der WEF-Spitze, der frühere norwegische Außenminister Børge Brende, richtete sich im Vormonat an die Sponsoren.

In seinem Schreiben stellte er in Aussicht, dass das WEF seinen Verhaltenskodex „überprüfen und verbessern“ werde. Berichte auf einigen Medienplattformen, wonach die Sparpolitik der Arbeitsgruppe für die US-Regierungseffizienz DOGE die finanzielle Absicherung des WEF gefährde, erwiesen sich jedoch als spekulativ.

„Wall Street Journal“ hatte „toxisches Arbeitsumfeld“ diagnostiziert

Es hieß darin, dass die US-Regierung auf Anweisung von DOGE eine Zahlung in Höhe von 52 Millionen US-Dollar an das WEF gestoppt habe. Diese sei zuvor jährlich seit 2013 geflossen. Eine autorisierte Originalquelle, über die sich diese Information verifizieren ließe, war jedoch nicht aufzufinden.

Im Zusammenhang mit dem WEF waren in der Auflistung aller US-Regierungsausgaben lediglich eine Rechnung und eine Umbuchung aus dem Jahr 2013 enthalten. Diese erreichten jedoch nicht annähernd eine sechs- oder siebenstellige Höhe. Tatsächlich finanziert sich das WEF nicht durch Zuwendungen aus staatlichen Haushalten, sondern aus Mitgliedsbeiträgen. Diese bringen große Unternehmen auf, die als „strategische Partner“ oder „Industriepartner“ fungieren.

Dazu kommen Teilnahmegebühren, die im Rahmen des Jahrestreffens in Davos erhoben werden. Die „Turbulenzen“, von denen Schwab sprach, haben sich deshalb offenbar auf die schlechte Presse der vergangenen Monate bezogen. Im Juni des Vorjahres hatte das „Wall Street Journal“ einen kritischen Artikel über die „toxischen“ Arbeitsbedingungen beim WEF verfasst. Demzufolge sei die Klägerin von New York nicht die einzige Beschäftigte gewesen, die rassistische oder frauenfeindliche Verhaltensweisen gegenüber Beschäftigten beklagte. Brende bemühte sich in einem Gespräch mit dem „Tagesanzeiger“, diesem Eindruck entgegenzutreten.

Übergibt Schwab an eines seiner Kinder?

In seinem Schreiben äußerte Schwab, das WEF müsse nach den turbulenten Monaten sein „Sendungsbewusstsein“ wiederfinden. Er sei „zutiefst davon überzeugt, dass das Forum im heutigen besonderen Kontext wichtiger und relevanter ist als je zuvor“. Dank eines „erfolgreichen Finanzmanagements“ sei man auch „finanziell sehr gut aufgestellt“.

Die Ankündigung von Klaus Schwab, sich auch aus dem Stiftungsrat des WEF zurückzuziehen, kam einen Tag nach der Erklärung von US-Präsident Donald Trump über die neuen Zölle der USA. Der Rückzug sei überraschend gekommen, haben interne Quellen der „Financial Times“ anvertraut. Schließlich sei Schwab noch nicht lange in dieser Position. Als Vorstandsvorsitzender hatte der deutsche Ökonom über mehr als ein halbes Jahrhundert hinweg fungiert.

Schwab kündigte an, zu gegebener Zeit dem Kuratorium selbst einen Nachfolger vorzuschlagen. Der WEF-Gründer hat zwei erwachsene Kinder. Nicole Schwab ist Mitbegründerin des 2009 gegründeten Gender Equality Projects, der mit einer Chinesin verheiratete Olivier Schwab leitet das WEF-Büro in Peking.

Brende: WEF soll Kriege und Konflikte entschärfen

Derzeit gehören dem Kuratorium neben Schwab selbst EZB-Präsidentin Christine Lagarde und die geschäftsführende IWF-Direktorin Kristalina Georgieva an. Dazu kommen Reliance-Industries-Chef Mukesh Ambani, BlackRock-CEO Larry Fink und der Salesforce-Vorsitzende Marc Benioff.

Schwab selbst will sich nun auf das Schreiben seiner Memoiren konzentrieren. Am 1. April 1970 habe er begonnen, das Konzept eines „globalen Dorfs“ zu entwickeln. Das jährliche Treffen in Davos solle ein Ausdruck davon sein. Schwab-Nachfolger Brende will eigenen Angaben zufolge mehrere Themen in den Fokus der Arbeit des WEF rücken.

Eines davon sei das Verhindern von Eskalationen im Nahen Osten und am Horn von Afrika. Grundsätzlich gehe es darum, Kriege und Konflikte zu entschärfen und Regierungen und Unternehmen zum Zusammenwirken bei relevanten Themen zu bewegen. Zu diesen gehören unter anderem die Bekämpfung von Korruption und Cyberkriminalität oder die Verringerung von Plastikabfällen.

Vom Dialog in Zeiten des Kalten Krieges bis zum „One Minute“-Eklat

Das WEF selbst hat sich zum Ziel gesetzt, eine Art öffentlich-private Partnerschaft mit der UNO zu bilden, um gemeinsam staatliche und nicht staatliche Governance-Systeme zu optimieren. Dazu organisiert man Fachtreffen, finanziert Forschungsberichte und bietet mit dem jährlichen Treffen eine Chance zum informellen Gespräch zwischen globalen Entscheidungsträgern.

Kritiker werfen der Einrichtung hingegen vor, globale Entwicklungen aus elitärer und häufig eurozentrischer Perspektive zu betrachten. Die Organisation sei intransparent und versuche, sich trotz fehlender demokratischer Legitimation mit nicht mehrheitsfähigen Ideen in Angelegenheiten gewählter Regierungen einzumischen. Das WEF selbst sieht sich hingegen als Opfer von „Desinformation“ und Verschwörungstheorien.

Das WEF war ein Ort, an dem bereits in der Zeit des Kalten Krieges Vertreter der Sowjetunion oder des KP-Regimes in China mit westlichen Politikern und Wirtschaftsführern zusammentrafen. In den 1980er-Jahren präsentierte Microsoft-Gründer Bill Gates seine Visionen zur Zukunft der Kommunikationstechnologie.

Auch Eklats erlebte das WEF im Laufe seiner Geschichte. So markierte der „One Minute“-Auftritt des damaligen türkischen Premiers Recep Tayyip Erdoğan gegenüber dem israelischen Präsidenten Shimon Peres den Auftakt zu einer Verschlechterung des Verhältnisses zwischen beiden vormals engen Verbündeten.

 



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