„Kleiderbügel-Krieg“ der chinesischen Mafia eskaliert in Europa

Sechs Schüsse töteten Zhang Dayong, er wurde in einer Blutlache auf einem Bürgersteig in Rom gefunden. Der Chinese ist ein Opfer im sogenannten „Kleiderbügel-Krieg“ – den Rivalitäten chinesischer Mafiabanden in der italienischen Textilmetropole Prato. Die Kriminalität in der Branche eskaliere und habe bereits Frankreich und Spanien erreicht, warnt der Staatsanwalt von Prato, Luca Tescaroli.
„Das Phänomen wurde lange unterschätzt“, sagt der erfahrene Anti-Mafia-Ermittler Tescaroli. Das habe es den Kriminellen aus Asien ermöglicht, ihren Einfluss auszuweiten. Die chinesischen Banden kämpfen um die Kontrolle der Textilproduktion in Prato: In der 200.000-Einwohner-Stadt in der Toskana fertigen rund 5.000 Bekleidungs- und Strickwarenbetriebe Kleidung. „Made in Italy“ steht auf den Etiketten, doch ein Großteil der Industrie ist fest in chinesischer Hand.
[etd-related posts=“5198785″]
Billigartikel für ganz Europa
Die kleinen Firmen produzieren Billigartikel, die in Geschäften in ganz Europa landen. Diese Subunternehmen werden schnell gegründet und ebenso rasch wieder geschlossen, um Steuern oder Bußgelder zu umgehen. Stoffe werden aus China geschmuggelt, keine Zölle gezahlt, und die Gewinne fließen auf illegalen Wegen zurück in die Volksrepublik.
„Es handelt sich nicht nur um ein oder zwei schwarze Schafe, sondern um ein gut funktionierendes System“, sagt der Gewerkschafter Riccardo Tamborrino. In der Bekleidungsindustrie in Prato gebe es „weder Gesetze noch Verträge“. Dies sei kein Geheimnis, sagt der Gewerkschafter. „Das ist alles bekannt.“
In den vergangenen Monaten wurden immer wieder chinesische Unternehmer und Arbeiter bedroht und geschlagen, Autos und Lagerhäuser gingen in Flammen auf. „Menschen, die morgens aufwachen und unbesorgt zur Arbeit gehen, riskieren, schwer verletzt zu werden oder Schlimmeres, wegen eines Krieges, der sie nichts angeht“, schildert Francesca Ciuffi von der Gewerkschaft Sudd Cobas die Lage.
[etd-related posts=“5144660″]
13 Stunden pro Tag – drei Euro pro Stunde
Um wettbewerbsfähig zu bleiben, ist die Branche auf billige Arbeitskräfte angewiesen, die rund um die Uhr an den Nähmaschinen sitzen, die meisten stammen aus China und Pakistan. Den Ermittlern zufolge müssen sie an sieben Tagen in der Woche 13 Stunden lang arbeiten – und verdienen etwa drei Euro pro Stunde. Dagegen aufzubegehren trauen sich die asiatischen Textilarbeiter nicht.
Die chinesische Gemeinde in Prato zählt inzwischen zu den größten in Europa. Dass genügend Asiaten für die Firmen zur Verfügung stehen – auch dafür sorgen die Banden. Die chinesische Mafia „fördert auch die illegale Einwanderung von Arbeitern“, sagt Staatsanwalt Tescaroli.
Die chinesische Mafia mische inzwischen ebenso beim Glücksspiel, der Prostitution und beim Drogenhandel mit, sagt der ehemalige Leiter der Ermittlungsabteilung der Polizei von Prato, Francesco Nannucci. Für die Mafiabosse „bedeutet die Kontrolle über Prato zu haben, dass sie einen Großteil Europas beherrschen können“.
Globalisierung und Migration fördern „Prato-System“
Veränderungen in der Bekleidungsindustrie, die Globalisierung und Migration haben zum sogenannten „Prato-System“ beigetragen. Genauso wie Korruption. Im Mai 2024 wurde der stellvertretende Chef der Carabinieri in Prato beschuldigt, italienischen und chinesischen Unternehmern – darunter einem Geschäftsmann der Handelskammer – Zugang zu Polizeidaten verschafft zu haben.
Anzeigen von Arbeitern „landeten in einer Schublade und erreichten nie das Gericht“, sagt Gewerkschafterin Ciuffi. Auch der Bürgermeister von Prato trat im Juni zurück, nachdem gegen ihn wegen Korruption ermittelt wurde.
Tag und Nacht rumpeln Lastwagen durch die Straßen des Industriegebiets von Prato, endlose Straßen gesäumt von Lagerhäusern und Ausstellungsräumen mit Namen wie „Miss Fashion“ und „Ohlala Pronto Moda“. Hinter offenen Metalltüren stehen voll behängte Kleiderständer, lagern Stoffballen und stapeln sich Kartons, die auf den Versand warten.
Der Boss der Bosse
Diesen letzten Schritt kontrolliert Zhang Naizhong, den die Staatsanwaltschaft als „Boss der Bosse“ der chinesischen Mafia in Italien bezeichnet. Ein Gerichtsdokument von 2017 beschreibt Zhang als „führende Figur in den skrupellosen Kreisen der chinesischen Community“ in Europa, der das Monopol im Transportsektor habe und in Frankreich, Spanien, Portugal und Deutschland operiere.
Ex-Polizeiermittler Nannucci vermutet, dass sich Zhang Naizhong in China aufhalten könnte, nachdem er 2022 in Italien in einem Prozess gegen die chinesische Mafia freigesprochen wurde – unter anderem weil Akten und Übersetzer fehlten.
Zhang Dayong, der Mann, der im April erschossen auf dem Bürgersteig in Rom gefunden wurde, war Zhang Naizhongs Stellvertreter. (afp/red)
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion