Kokainkrieg: Drogenhandel bringt Gewalt und Chaos in französische Städte

Frankreich erlebt einen „weißen Tsunami“ aus gewalttätigem Drogenhandel, besonders Kokain. Ein neuer Bericht warnt, dass Gewalt, Korruption und organisierte Kriminalität, bedingt durch den Drogenhandel, Rechtsstaat, Gesellschaft und Gesundheit im Nachbarland „existenziell“ bedrohen.
Titelbild
Polizei in Frankreich. (Symbolbild)Foto: Thomas Samson/AFP/Getty Images
Von 6. August 2025

Frankreich befindet sich in einer beispiellosen Krise. Der jüngste vertrauliche Bericht des Antidrogenamts OFAST, veröffentlicht Ende Juli 2025, warnt eindringlich vor einer Explosion des Drogenhandels, in erster Linie mit Kokain. Dieser boomende Markt, verbunden mit immer mehr Gewalt, hat sich zu einer Art „Gegenkultur“ entwickelt. Frankreich ist inzwischen eine „Zone ohne weiße Flecken“, das heißt, es gibt kaum noch Regionen, die nicht von diesem Problem betroffen sind.

Umfang und Ausmaß der Krise

Der 62-seitige Bericht, der von mehreren Medien, darunter „Le Monde“, begutachtet wurde, bezeichnet den Drogenhandel als den größten kriminellen Geschäftsbereich Frankreichs mit einem geschätzten Volumen von 7 Milliarden Euro. Die beteiligten kriminellen Netzwerke werden immer mächtiger und ausgeklügelter und stellen eine ernsthafte Bedrohung für den Rechtsstaat dar.

Innenminister Bruno Retailleau bezeichnet den Kokainhandel als eine „existenzielle Bedrohung“ für Frankreich und spricht von einem „weißen Tsunami“ – einer Metapher für die allgegenwärtige Verbreitung der illegalen Drogen, die durch weltweite Rekordproduktion und ausgeklügelte Logistiknetzwerke begünstigt wird.

Die weltweite Kokainproduktion erreichte 2024 voraussichtlich 4.000 Tonnen, davon 2.700 Tonnen allein in Kolumbien – ein Anstieg von 53 Prozent gegenüber 2022. In Frankreich konsumierten im Jahr 2023 laut dem Bericht 3,7 Millionen Menschen Kokain, davon 1,1 Millionen regelmäßig.

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Gewalt als Gegenkultur

Die Gewalt im Zusammenhang mit dem Drogenhandel hat dramatisch zugenommen und wird von der Polizei als „Gegenkultur“ beschrieben. Im Jahr 2024 wurden 367 Morde oder Mordversuche im Zusammenhang mit Drogenkriminalität in 173 Städten registriert – gegenüber 161 im vorherigen Jahr.

Besonders dramatisch ist die Lage in der südfranzösischen Hafenstadt Marseille, einem Drehkreuz des Drogenhandels, wo allein von Januar bis September 2023 44 Menschen im Zusammenhang mit Drogenkriminalität starben. Beispiele extremer Gewalt gibt es auch in anderen Regionen, etwa die Ermordung und Verbrennung eines 19-Jährigen in dem Dorf Saint-Bénézet nördlich von Montpellier.

Auch Angriffe auf staatliche Institutionen nehmen zu. So wurden beispielsweise im Mai 2024 bei einem Überfall auf den Gefangenentransport des Drogenbarons Mohamed Amra zwei Polizisten getötet. Drohungen gegen Polizei, Gendarmerie, Zollbeamte und Richter gehören zur Tagesordnung.

Eine besonders gewalttätige Organisation, die DZ-Mafia aus Marseille, wird von den Behörden als „große Bedrohung“ eingestuft. Diese lose organisierte Gruppe betreibt Erpressungen und gewalttätige Überfälle. Ihre Mitglieder inszenieren sich in Videos in den sozialen Netzwerken mit Waffen in der Hand, ähnlich den südamerikanischen Drogenkartellen.

Die Gewalt betrifft nicht nur Rivalitäten zwischen Drogenhändlern, sondern trifft auch vermehrt die lokale Bevölkerung. Zudem erhalten in manchen Vierteln Bewohner Angebote von Dealern, die Dienstleistungen wie Einkäufe oder Handwerksarbeiten anbieten, um die Unannehmlichkeiten des Drogenhandels zu „kompensieren“. Schulklassen mussten wegen der Nähe zu Drogenumschlagplätzen verlegt werden, und ganze Wohnhäuser wurden evakuiert.

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Markt und Struktur des Drogenhandels

Der Drogenhandel in Frankreich erzielt einen Umsatz von schätzungsweise 7 Milliarden Euro und ist damit der größte illegale Geschäftsbereich im Land. Kokain dominiert den Handel, befeuert durch drastisch gesunkene Preise: 58 Euro pro Gramm im Jahr 2024 im Vergleich zu 66 Euro im Vorjahr.

Die Beschlagnahmungen von Kokain erreichen Rekordwerte: 37,5 Tonnen im ersten Halbjahr 2025, 45 Prozent mehr als im gleichen Zeitraum 2024.

Obwohl weniger im Rampenlicht, bleibt Cannabis die am meisten konsumierte illegale Droge in Frankreich: Über 50,4 Prozent der Erwachsenen haben sie 2023 mindestens einmal genommen – viermal so viele wie vor 30 Jahren. Drogen wie Ecstasy und MDMA zeigen mit 9 Millionen sichergestellten Tabletten im Jahr 2024 ebenfalls einen starken Anstieg, ein Plus von 123 Prozent gegenüber 2023.

Ausgeklügelte kriminelle Netzwerke

Der Bericht beschreibt die Struktur des Drogenhandels in Frankreich als pyramidenförmig aufgebaut:

  • Oberste Ebene: Rund 100 Importeure, meist im Ausland wie Spanien, Nordwestafrika oder den Vereinigten Arabischen Emiraten. Sie stehen im direkten Kontakt mit südamerikanischen Kartellen. Sie waschen ihre Gewinne über internationale Netzwerke.
  • Mittlere Ebene: Etwa 5.000 Großhändler in französischen Ballungsgebieten, die die Verkaufsgebiete kontrollieren. Sie nutzen unternehmerische Strategien und rekrutieren Minderjährige oder ältere Frauen, um Ermittler in die Irre zu führen.
  • Unterste Ebene: Lokale Drogenumschlagplätze mit geschätzten 200.000 Beteiligten. Trotz eines Rückgangs der Umschlagplätze um ein Drittel seit dem Jahr 2020 passen sich die Dealer an. Sie setzen auf mobile Vertriebswege, Hauslieferungen und sichere Rückzugsorte für Konsumenten, die im Bericht als „Airbnbeuh“ bezeichnet werden. Dies alles wird durch die Digitalisierung begünstigt.

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Narco-Korruption als systemische Gefahr

Eine besonders bedrohliche Entwicklung ist laut dem Bericht die „Narco-Korruption“. Die gut finanzierten Netzwerke bestechen öffentliche und private Akteure, um ihre Geschäfte zu erleichtern. OFAST-Chefin Stéphanie Cherbonnier sagte: „Keine Berufsgruppe ist sicher – jeder Mensch hat seinen Preis.“

Bestechungen betreffen Beamte, Politiker und Flughafenpersonal. Beispielhaft genannt wurde ein Fall von Gepäckmitarbeitern am Flughafen Paris Charles de Gaulle, die in einen Schmuggelring verwickelt waren, welcher im Juni aufflog.

Diese Korruption und die Angriffe auf staatliche Institutionen gefährden massiv den Rechtsstaat, so der Bericht. Die Geldwäsche, die mit dem Drogenhandel einhergeht, hat zahlreiche Wirtschaftsbereiche infiltriert – vom Einzelhandel über die Autovermietung bis hin zu Immobilien. Obwohl 122 Millionen Euro an kriminellen Vermögenswerten 2024 beschlagnahmt wurden, entspricht dies nur etwa 11 Prozent der geschätzten Gesamtmenge.

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Gesundheits- und Sozialprobleme

Der Drogenhandel ist nicht nur ein Sicherheitsproblem, sondern stellt auch eine gewaltige gesundheitliche Herausforderung für Frankreich dar. Früher Drogenkonsum, insbesondere von Kokain und synthetischen Drogen, führt zu schweren psychischen und physischen Schäden.

Neue synthetische Drogen wie Fentanyl könnten eine Gesundheitskrise im Nachbarland heraufbeschwören, ähnlich der in den USA. Überdosierungen nehmen zu. 2023 waren 12 Prozent der Drogentoten junge Menschen unter 25 Jahren.

Sucht wird oft begleitet von psychischen Erkrankungen wie Depression oder Angststörungen. 2023 gab es 5.065 Notaufnahmen durch Kokainkonsum, darunter 1.670 Hospitalisierungen.

Die sozialen Kosten sind enorm. Laut Schätzungen im Jahr 2019 betragen sie 7,7 Milliarden Euro jährlich, vor allem durch Behandlungskosten, Schulabbrüche und juristische Maßnahmen bei Jugendlichen. Die Suchthilfe ist überlastet und kann die steigende Nachfrage kaum bewältigen. Stigmatisierung verschärft die soziale Ausgrenzung vieler junger Menschen.

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Staatliche Reaktionen und Kritik

Frankreich hat unter Ex-Innenminister Gérald Darmanin einige Maßnahmen ergriffen, darunter die Antidrogenoperationen „Place nette“ und „Place nette XXL“, die zur Schließung zahlreicher Umschlagplätze und Festnahmen Tausender Verdächtiger führten. Eine große Razzia in Marseille im April 2025 führte zur Festnahme von 23 Mitgliedern der DZ-Mafia, darunter acht „Großhändler“ der Umschlagplätze im Stadtviertel La Castellane.

Allerdings kritisierte der Senat in einem Bericht vom Mai 2024 diese Maßnahmen als unzureichend. Es fehlten ausreichend finanzielle Mittel und eine kohärente Strategie.

Im April verabschiedete die Nationalversammlung ein Gesetz zur Stärkung der Strafverfolgung gegen den Drogenhandel mit Plänen zur Einrichtung einer nationalen Staatsanwaltschaft für organisierte Kriminalität, mehr Ressourcen für OFAST und Vermögensabschöpfungen bei Dealern.

Doch es fehlt weiterhin an Präventionsmaßnahmen, besonders für Jugendliche, sowie an ausreichender Ausstattung für Polizei und Justiz.

Dieser Artikel erschien im Original auf epochtimes.fr unter dem Titel „Un ‚tsunami blanc‘: la France submergée par un narcotrafic de plus en plus violent, alerte l’Ofast“. (deutsche Bearbeitung so)  



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