Lieferkettengesetz: EU-Kommission will Beginn der neuen Auflagen verschieben und abschwächen

Die EU-Kommission will die Anwendung des EU-Lieferkettengesetzes um ein Jahr verschieben. Man wolle den Unternehmen mehr Zeit geben, um sich auf die Einhaltung der neuen Anforderungen vorzubereiten. Die Reaktion erfolgte nach massiven Druck aus der Wirtschaft.
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Bei der Bananenernte gibt es viel zu tun. Doch nicht überall entsprechen die Arbeitsbedingungen dem Lieferkettengesetz.Foto: Marcos Pin/AFP via Getty Images
Epoch Times26. Februar 2025

Die Europäische Kommission will die Anwendung des EU-Lieferkettengesetzes um ein Jahr verschieben und die Auflagen für Unternehmen deutlich abschwächen. Eine Verschiebung des Stichtags für die Regeln auf Juni 2028 werde „Unternehmen mehr Zeit geben, sich auf die neuen Auflagen vorzubereiten“, teilte die Kommission am Mittwoch mit. Brüssel reagiert damit auf massiven Druck aus der Wirtschaft, die über bürokratische Auflagen klagt.

Eigentlich will die EU mit dem Gesetz Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten ab 2027 für Menschenrechtsverletzungen und Umweltverschmutzung in ihren Lieferketten in die Pflicht nehmen. Die Kommission schlägt nun vor, den ersten Stichtag für die Umsetzung um ein Jahr auf den 26. Juni 2028 zu verschieben. Ein Jahr später soll das Gesetz anschließend voll greifen.

Nachweis alle fünf Jahre

Die betroffenen Firmen sollen zudem nicht mehr in ihrer gesamten Lieferkette die Einhaltung von Menschenrechten und Umweltstandards sicherstellen müssen, sondern nur noch bei ihren direkten Zulieferern. Ein Nachweis dafür würde den Vorschlägen zufolge nicht mehr jährlich, sondern nur noch alle fünf Jahre fällig. Die Kommission will zudem eine EU-weite zivilrechtliche Haftung für Verstöße gegen die Vorgaben einschränken.

Nach Einschätzung der Organisation Oxfam wäre es im Fall „jahrelanger Verletzung grundlegender Menschenrechte“ für Betroffene nicht mehr möglich, EU-weit vor Gericht zu ziehen. „Ohne verbindliche Sorgfaltspflichten übernehmen Unternehmen keine Verantwortung“, warnte die Oxfam-Anwältin Franziska Humbert.

Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat eine „beispiellose Anstrengung“ für den Abbau von Regeln versprochen. Neben dem Lieferkettengesetz will die Kommission auch Vorgaben für die Nachhaltigkeits-Berichtserstattung um zwei Jahre verschieben und neu verhandeln. Nach Kommissionsangaben sollen 80 Prozent der bislang betroffenen Unternehmen ausgenommen werden.

Zudem will Brüssel zahlreiche Firmen von einer Abgabe auf CO2-Emissionen von Importen ausnehmen, weil sie nach Einschätzung der Kommission nur geringe CO2-Emissionen haben. Das soll den Plänen zufolge für alle Unternehmen gelten, die weniger als 50 Tonnen Stahl, Aluminium, Zement oder Düngemittel in die EU importieren. Trotz ihrer Zusagen an Unternehmen will die Kommission am Ziel der Klimaneutralität bis 2050 festhalten.

Deutsche Wirtschaftsverbände begrüßten die Vorschläge, verlangten aber weitere Zusagen aus Brüssel. So sprach die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) von einem „Hoffnungsschimmer, aber nicht mehr“. Die mit dem Aufschub des Lieferkettengesetzes gewonnene Zeit müsse „dringend genutzt werden, um die Richtlinien praxistauglich zu gestalten“, forderte der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Peter Leibinger.

Kritik kommt von ver.di: „Die EU-Kommission ist vor der europäischen Wirtschaftslobby eingeknickt“, sagte deren Chef Frank Werneke. Das sei Deregulierung pur, zulasten von Arbeitnehmern und der Umwelt. Was die Kommission plane, sei eine Entkernung der europäischen Lieferkettenrichtlinie und eine massive Einschränkung des Anwendungsbereichs der Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung. (afp/red)



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