Moldau-Wahl: Kurs Richtung EU bleibt aufrecht
                            In Kürze:
- Regierungspartei PAS gewinnt mit 50,2 Prozent und 55 Sitzen
 - Präsidentin Maia Sandu erhält Rückendeckung für EU-Kurs
 - EU-Kommission spricht von „beispiellosen Desinformationskampagne“ Russlands
 - Opposition spricht von Wahlunregelmäßigkeiten und unfairen Bedingungen
 - EU sieht strategische Bedeutung, US-Thinktanks warnen vor autoritären Tendenzen
 
Bei den Wahlen in Moldau am Sonntag, 28. September, hat die regierende Partei „Aktion und Solidarität“ (PAS) trotz leichter Verluste ihre Mehrheit halten können. Dies bedeutet, dass Präsidentin Maia Sandu weiterhin parlamentarische Rückendeckung für ihren europäischen Kurs haben wird.
Sandu sprach am Montag von einem „klaren Mandat“ für die Fortsetzung des EU-Beitrittsprozesses ihres Landes. Seit Juni 2022 hat Moldau den Status eines offiziellen Beitrittskandidaten.
Moldau wird weiterhin von Pro-EU-Kräften regiert
Am Nachmittag waren 100 Prozent der Stimmzettel ausgezählt. Die Wahlbeteiligung lag bei 52,21 Prozent.
Die PAS kam auf 50,2 Prozent und 55 Sitze – sechs weniger als bei den vorangegangenen Wahlen im Jahr 2021, wie die zentrale Wahlkommission in der Hauptstadt Chisinau mitteilte.
Ebenfalls leichte Verluste verzeichnete die größte Oppositionskraft, der „Patriotische Block“ des früheren Präsidenten Igor Dodon. Er kam auf 24,2 Prozent und 26 Sitze. Die Partei konnte vorwiegend Regionen entlang der Grenzlinie zu Transnistrien für sich entscheiden.
Dodon galt als der bedeutendste Exponent eines Kurses, der gegen einen Abbruch der Beziehungen zur Russischen Föderation gerichtet ist. Der Patriotische Block wirft der Regierungspartei PAS vor, durch den Bruch mit Moskau die wirtschaftliche Lage verschlechtert und die Gaspreise in die Höhe getrieben zu haben. Die Regierung, ihre Unterstützer in der EU und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatten die Wahl zu einer Entscheidung zwischen der EU und Russland stilisiert.

Ex-Präsident Igor Dodon von der größten Oppositionspartei, dem „Patriotischen Block“, kündigte noch vor Auszählung aller Stimmen Protest an. Foto: Vadim Ghirda/AP/dpa
Zwei kleineren Parteien, „Block Alternativa“ (8 Prozent, acht Sitze) und „Unsere Partei“ (6,2 Prozent, sechs Sitze), gelang ebenfalls der Einzug ins Parlament. Auf 5,6 Prozent und sechs Sitze kam außerdem noch die proeuropäische Liste „Demokratie zu Hause“.
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Vorwürfe an Moskau
Sowohl Staatschefin Sandu als auch die EU-Kommission hatten Moskau im Vorfeld massive Versuche vorgeworfen, die Wahl zu seinen Gunsten beeinflussen zu wollen. Die Moldauer hätten mit dem Urnengang „der ganzen Welt gezeigt, dass wir tapfer sind und uns nicht einschüchtern lassen“, sagte Sandu am Montag.
Das Pro-EU-Lager hingegen warf Russland und Personen wie Ilan Shor vor, einen „hybriden Krieg“ zu führen und zu versuchen, die Wahl zu beeinflussen. Dazu hätten sie sich sozialer Medien und Influencer bedient. Diese sollen unter anderem versucht haben, durch Hinweise auf LGBTQ-Politik oder die Kosten europäischer „Net Zero“-Projekte Anti-EU-Stimmungen zu schüren.
Die „Gefahr“ für die PAS sei aber noch nicht vorbei, sagte der Politologe Andrei Curararu vom Politikinstitut Watchdog der Nachrichtenagentur AFP. Russland habe zu viel Geld in Wahlbeeinflussung investiert, um einfach aufzugeben.
Tatsächlich rief der „Patriotische Block“ noch in der Wahlnacht zu Protesten auf. Etwa 200 Menschen folgten dem Aufruf von Dodon und demonstrierten unter „Freiheit“-Rufen vor dem Parlament in Chisinau. Dodon erklärte, er habe Dutzende Beschwerden bei der Wahlkommission eingereicht und behalte sich „juristische Schritte“ vor.
In den Wochen der Wahl hatte es laut Sandu hunderte Durchsuchungen wegen mutmaßlicher Wahlmanipulation und „Destabilisierungsversuchen“ gegeben, Dutzende Verdächtige wurden festgenommen. Auch die EU-Kommission sprach von einer „beispiellosen Desinformationskampagne“ Russlands. Moskau wies die Vorwürfe zurück.
Reaktionen zur Wahl
EU-Ratspräsident António Costa begrüßte das Wahlergebnis als „klare und deutliche Botschaft“ für Europa. Die Moldauer hätten „trotz des Drucks und der Einmischung Russlands“ für „Demokratie, Reformen und eine europäische Zukunft gestimmt“. EU-Ratspräsidentin Ursula von der Leyen erklärte: „Unsere Tür ist offen, wir stehen an eurer Seite, den ganzen Weg hindurch.“
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU), Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Polens Regierungschef Donald Tusk beglückwünschten die Moldauer zu ihrem „Bekenntnis zur Demokratie an einem entscheidenden Scheideweg“. „Trotz beispielloser Einmischung Russlands, unter anderem durch Stimmenkauf und Desinformation“, sei die Wahl friedlich verlaufen.
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Mehrere Parteien im Vorfeld nicht zur Wahl zugelassen
Im Vorfeld der Wahl wurden mehrere Parteien nicht zur Wahl zugelassen. Die meisten davon waren dem im russischen Exil lebenden Unternehmer Ilan Shor zuzuordnen. Sie traten für ein Ende des EU-Beitrittsprozesses ein. Shor äußerte auf einem Moskauer Kongress im Juli sogar, Moldau wäre nach seiner Einschätzung am besten damit bedient, Teil der Russischen Föderation zu werden.
Während EU-Politiker wie Deutschlands Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) das Narrativ der vermeintlich entscheidenden Wahl zwischen der EU und Russland artikulierten, sehen US-Institutionen das Thema differenzierter. Sie deuten autoritäre Tendenzen in der Regierungspartei an.
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US-Thinktanks sehen autoritäre Tendenzen aufseiten der Regierungspartei
Der German Marshall Fund erklärte, die PAS schränke auch die Spielräume konkurrierender Pro-EU-Parteien ein. Vonseiten des Carnegie Endowment for International Peace hieß es, die PAS instrumentalisiere das Label „prorussisch“ gegen andere Oppositionsparteien. Zudem agiere die „westlich unterstützte Zivilgesellschaft“ zunehmend als verlängerter Arm der Regierung.
Die Gouverneurin von Gagausien, Evghenia Guțul, wurde wegen behaupteter illegaler Parteienfinanzierung zu sieben Jahren Haft verurteilt. Auch mehrere als prorussisch eingeordnete Medien wurden nach Angaben staatlicher russischer Medien verboten.
Neben der Nichtzulassung mehrerer Parteien kritisieren russische Beobachter auch, dass die Regierung in Chişinău in Russland nur zwei Wahllokale für dortige Expats eingerichtet habe. Die moldawische Diaspora in der Russischen Föderation umfasst mehrere hunderttausend Personen.
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Videoaufnahmen sollen auch sogenannte Wahlkarussells dokumentieren, die bestimmten Personengruppen im EU-Ausland eine mehrfache Stimmabgabe ermöglichen sollen. Unabhängig bestätigen lassen sich diese Darstellungen jedoch nicht.
Auch habe es Schikanen bei der Einreise für moldawische Staatsangehörige gegeben, die aus der abtrünnigen Region Transnistrien einreisen wollten, um von ihrem Stimmrecht Gebrauch zu machen. Viele von ihnen hätten daraufhin kehrtgemacht, ohne ihre Stimme abzugeben.
Transnistrien bezieht Energie aus Russland – Moldau will eigene Versorgung aufbauen
Das multiethnische Transnistrien wurde ebenso wie Gagausien nach dem Zerfall der Sowjetunion zum Konfliktgebiet. Dort ist die prorussische Orientierung traditionell stark ausgeprägt. Nationalisten strebten eine Vereinigung mit Rumänien an, ihre Gegner betrieben unterdessen die Sezession. In den 1990er-Jahren kam es deshalb phasenweise zu bürgerkriegsähnlichen Verhältnissen in Transnistrien.
Im Fall von Gagausien kam es zu einem Kompromiss, der eine Wiedereingliederung nach Moldau gegen Gewährung größerer Autonomierechte vorsah. Hingegen blieb Transnistrien ein international nicht anerkannter Protostaat mit enger Anbindung an Russland, in dem auch russische Streitkräfte stationiert sind.
Transnistrien bezieht seine Energielieferungen hauptsächlich aus Russland. Moldau hingegen versucht, eine eigene Versorgung unabhängig davon aufzubauen.
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Moldau und die EU vor erheblichem Investitionsbedarf
Für die EU wäre die Eingliederung Moldaus ein wichtiger Schritt, um auf dem Balkan einen eigenen Einflussbereich gegen Russland abzusichern. Ein Beitritt Moldaus zur EU würde gleichzeitig einen erheblichen Investitionsbedarf nach sich ziehen. Um Lebensverhältnisse zu ermöglichen, die denen anderer Balkanstaaten vergleichbar sind, sieht bereits der aktuelle EU-Wachstumsplan Unterstützungsleistungen in einer Größenordnung von 1,8 bis 1,9 Milliarden Euro vor.
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Der Plan gilt vorerst für die Jahre 2025 bis 2027. Er soll zentrale Sektoren wie Infrastruktur, Gesundheit, Bildung, Energie, Verwaltung und Wirtschaft schrittweise an das Niveau anderer Beitrittskandidaten heranführen. Die Ausführung der Mittel soll in Form von Zuschüssen und Darlehen stattfinden.
Das Pro-Kopf-Einkommen in Moldau, das zu den ärmsten Ländern Europas gehört, beträgt jährlich im Schnitt etwa 6.900 US-Dollar pro Jahr. In Rumänien sind es im Vergleich dazu knapp 18.000 US-Dollar. Für Moldau wäre der Zugang zu Strukturfonds, Kohäsionsmitteln und der gemeinsamen Agrarpolitik ein wichtiger Schritt, um die Lebensverhältnisse schrittweise zu verbessern.
(Mit Material der Nachrichtenagenturen)
                        
                        
                        
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