„Moskau testet NATO-Grenzen“ – Polen warnt vor prorussischen Strömungen

Wiederholt sollen russische Drohnen in den EU-Luftraum eingedrungen sein. Die Bundesregierung spricht von gezielten Provokationen Moskaus. NATO-Partner reagieren mit verstärkter Luftverteidigung.
Titelbild
Die jüngsten Vorfälle mit mutmaßlich russischen Drohnen waren jüngst auch Thema in der Bundespressekonferenz. (Symbolbild)Foto: Tobias Schwarz/AFP via Getty Images
Von 16. September 2025

In Kürze:

  • Polens Premier Tusk warnt vor prorussischen Stimmungen und Feindseligkeit gegen die Ukraine.
  • Russische Drohnen verletzten mehrfach polnischen und rumänischen Luftraum.
  • NATO aktiviert Artikel 4 und verstärkt Präsenz an der Ostflanke.
  • Ungarns Premier Orbán warnt vor Kriegsgefahr und westlicher Einflussnahme.

 

Trotz der jüngsten Irritationen rund um russische Drohnen im polnischen Luftraum erlebt Polen zurzeit eine Welle prorussischer Stimmungen. Teils gingen diese mit Feindseligkeit gegenüber der Ukraine einher. Diese Einschätzung äußerte jüngst Polens Premierminister Donald Tusk, berichtete das ukrainische Medium „RBC News“.

Der Regierungschef forderte Politiker im Land dazu auf, diesen Stimmungen nicht nachzugeben. Er sprach von einem „Test des Patriotismus und der Reife“ für die gesamte politische Klasse des Landes. Der Kreml beute reale Ängste und Emotionen aus, so Tusk.

Tusk warnt vor wachsendem Verständnis für russische Position

Auf welche Vorfälle der polnische Premier konkret anspielt, bleibt offen. Im Juli hatte der ukrainische Botschafter in Polen, Vasyl Bodnar, jedoch auf eine feindseligere Stimmung gegen Flüchtlinge aus dem kriegsgeschüttelten Land hingewiesen. Diese sei im Laufe der vergangenen Jahre gewachsen, wie auch Umfragen bestätigten.

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In Polen fand seit Beginn des Ukrainekrieges 2022 knapp eine Million Menschen aus dem Nachbarland dort Zuflucht. Bereits zuvor lebten etwa eine Million Ukrainer in Polen – diese waren hauptsächlich in schlecht bezahlten Jobs tätig und hätten keine Konkurrenz dargestellt, so Bodnar.

Am Mittwoch der Vorwoche, 10. September, drangen der polnischen Regierung zufolge etwa 20 russische Drohnen in den Luftraum des Landes ein. Vier davon soll die polnische Luftabwehr abgeschossen haben, die Trümmer von 16 Weiteren hätten polnische Sicherheitskräfte später aufgefunden.

Am Wochenende sollen erneut Drohnen aufgetaucht sein

Tusk zufolge habe die Russische Föderation während ihrer Offensive in der Vorwoche „mindestens 19-mal“ den polnischen Luftraum verletzt. Die NATO aktivierte daraufhin den Artikel 4 ihrer Charta, der Konsultationen für den Fall vorsieht, dass ein Mitgliedstaat seine territoriale Integrität gefährdet sieht.

Zudem startete Polen die „Operation Wächter im Osten“. Unter deren Banner verlegt die Regierung in Warschau mehrere Kampfflugzeuge, Luftabwehrsysteme und Truppen an die Ostgrenze. Auch Dänemark, Deutschland, Frankreich und das Vereinigte Königreich werden sich an dieser Maßnahme beteiligen.

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Am Samstagabend ließ Polen erneut Kampfflugzeuge aufsteigen. In der ukrainischen Grenzregion Wolhynien waren Angaben polnischer Behörden zufolge feindliche Drohnen aufgetaucht. Man habe erneute Grenzverletzungen befürchtet. Außerdem soll eine von der Region Odessa aus gestartete Drohne in den rumänischen Luftraum eingedrungen und dort für etwa 50 Minuten verweilt sein.

TASS: „Keine Ziele in Polen im Visier“ – Angriffe galten Einrichtungen in Westukraine

Unterdessen haben der russischen Nachrichtenagentur „TASS“ zufolge bislang nur 46 von 193 Mitgliedsländern die gemeinsame Erklärung unterzeichnet, die den Drohnenvorfall vor die UNO bringen möchten. Dabei handelt es sich vor allem um EU- und NATO-Mitgliedstaaten, aber auch um die USA und Verbündete wie Japan oder Südkorea.

Das russische Verteidigungsministerium gibt an, in der Nacht vom 9. auf den 10. September militärisch-industrielle Anlagen im Westen der Ukraine angegriffen zu haben. Diese hätten sich in den Regionen Iwano-Frankiwsk, Chmelnyzkyj und Zitomir sowie in Winniza und Lwow befunden. Es seien keine Ziele auf polnischem Territorium zur Zerstörung vorgesehen gewesen.

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Die Drohnen, von denen Polen behauptet, sie hätten seinen Luftraum verletzt, wiesen eine maximale Reichweite von 700 Kilometern auf. Russlands Regierung bot Polen an, Konsultationen über den Vorfall durchzuführen. Was die Beobachtung über Rumänien anbelangt, wies Russland jede Verwicklung zurück. Es sei in der Nähe des Dorfes Chilia Veche ein Flugobjekt eingedrungen und vom Radar verschwunden.

Russland weist Vorwürfe zurück und spricht von Provokation

Botschafter Wladimir Lipajew, den Rumäniens Außenministerium einbestellt hatte, wies Anschuldigungen hinsichtlich einer russischen Beteiligung als „unbegründet“ zurück. Er forderte Beweise für die Herkunft des Flugobjekts. Die Botschaft verbreitete laut der „Berliner Zeitung“ später eine Erklärung, in der es hieß, dass es sich in Rumänien um eine „gezielte Provokation des Kiewer Regimes“ gehandelt habe. Die Ukraine versuche, andere Staaten in eine „gefährliche militärische Auseinandersetzung gegen Russland“ hineinzuziehen.

Die behaupteten russischen Luftraumverletzungen waren am Montag auch Thema in der Bundespressekonferenz. Die Bundesregierung bezeichnete die Meldungen über diese Vorfälle als „sehr ernst“. Regierungssprecher Steffen Meyer erklärte, die Vorfälle seien keine Überraschung, da Moskau seit Langem versuche, die Reaktionsbereitschaft des NATO-Bündnisses an dessen Außengrenzen auszutesten. Man werde „entschlossen und klar“ reagieren und aus jedem einzelnen Fall Konsequenzen ziehen.

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Das Verteidigungsministerium verwies darauf, dass die NATO-Luftverteidigung an der Ostflanke „funktioniere“. Pressesprecher Oberst Mitko Müller betonte, in Rumänien sei ein deutsches Eurofighter-Kontingent im Einsatz. Dieses habe auch bereits am Wochenende Alarmstarts durchgeführt. Zwar sei es nicht zu einem Abschuss gekommen, die Einsätze hätten aber „maßgeblich zum Lagebild beigetragen“. Die Alarmbereitschaft sei bereits jetzt in einer Weise hergestellt, dass Kräfte sofort reagieren könnten.

Eurofighter nicht immer zur Abwehr von Drohnen geeignet

Im Hinblick auf die Frage, ob Eurofighter das geeignete Mittel zur Drohnenabwehr seien, stellte Müller klar, dass „Drohne nicht gleich Drohne“ sei. Es gebe kleine Aufklärungsgeräte ebenso wie flugzeuggroße Systeme mit Sprengstoffladungen. Eurofighter könnten bestimmte Ziele bekämpfen, gleichzeitig sei aber auch eine bodengebundene Nahbereichsverteidigung erforderlich. Deutschland plane, seine Fähigkeiten in diesen Bereichen weiter auszubauen, etwa mit Systemen wie dem Flugabwehrsystem „Sky Ranger“ von Rheinmetall.

Zur Kritik, warum nicht alle Drohnen über Polen abgeschossen wurden, verwies Müller auf die NATO-Einsatzregeln. Ein Abschuss müsse stets unter Abwägung von Nutzen, Risiken und möglichen Kollateralschäden erfolgen. Deshalb könne die Anzahl der abgeschossenen Drohnen nicht als Maßstab für die Wirksamkeit gewertet werden.

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Seit dem Amtsantritt von Bundeskanzler Merz gebe es einen „sehr engen Austausch“, hieß es weiter. Nach den jüngsten Vorfällen habe Berlin nicht nur politische Unterstützung zugesichert, sondern auch konkrete Konsequenzen im Bereich der Luftverteidigung gezogen. Die deutsch-polnischen Beziehungen seien ein „zentraler Eckpfeiler“ deutscher Außenpolitik.

Orbán mahnt zu Besonnenheit – und verhandelt über Projekte mit Abu Dhabi

Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán warnte unterdessen vor Unbesonnenheit und unverantwortlicher Rhetorik mit Blick auf die jüngsten Vorfälle. Am Rande eines Arbeitsbesuchs in Abu Dhabi erklärte er, die Kriegsgefahr sei unmittelbar. Ungarn beteilige sich nicht daran, weil es „nicht sein Krieg“ sei, als Nachbarland sei man jedoch indirekt betroffen.

Orbán kritisierte, dass „wiederholt deutschsprachige, deutschstämmige Damen und Herren dort im sicheren Westen versuchen, die Mitteleuropäer, darunter auch die Ungarn, in einen Krieg hineinzuziehen“. Das sei inakzeptabel. In Abu Dhabi bekannte er sich dazu, die Vereinigten Arabischen Emirate als einen Wachstumspartner zu gewinnen. Man wolle in Bereichen wie Energie, digitaler Infrastruktur und KI zusammenarbeiten. Orbán äußerte dazu:

„Bislang wurden Mitteleuropa und Ungarn von den Investitionen der Emirate ausgespart. Daher dachten wir, wir sollten die Gelegenheit nutzen, um strategischer Partner dieses Landes in der Region zu werden.“



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