NATO-Sonderberatungen nach Artikel 4: Wann wird die NATO wegen Luftraumverletzungen schießen?
Die NATO warnt Russland unter Androhung von Gewalt vor weiteren Luftraumverletzungen. Die NATO und die Alliierten würden im Einklang mit dem Völkerrecht alle notwendigen militärischen und nicht-militärischen Mittel einsetzen, um sich zu verteidigen und Bedrohungen aus allen Richtungen abzuschrecken. Das steht in einer nach den Beratungen in Brüssel veröffentlichten Erklärung aller 32 Bündnisstaaten.
Die jüngsten Luftraumverletzungen würden das Risiko von Fehlkalkulationen bergen und Menschenleben gefährden. Das müsse aufhören.
Kommt es beim nächsten Mal zum Abschuss?
Die Stellungnahme macht deutlich, dass künftig nicht nur Drohnen, sondern auch russische Flugzeuge abgeschossen werden könnten, um eine Bedrohung des Bündnisgebiets auszuschließen. In der Folge könnte es zu einer direkten militärischen Konfrontation zwischen der NATO und Russland kommen.
Rutte betonte in diesem Zusammenhang allerdings, dass es auf Seite der NATO weiter keinen Automatismus gebe. Man werde – wenn notwendig – selbstverständlich schießen, sagte er.
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Zuvor werde man allerdings immer die Lage beurteilen und eine Bedrohungsanalyse vornehmen. Im Fall der jüngsten Luftraumraumverletzung durch bewaffnete russische MiG-31-Kampfjets über Estland sei ein Abschuss nicht notwendig gewesen.
Rutte: „Jeden Zentimeter verteidigen“
NATO-Generalsekretär Mark Rutte sagte in einer Pressekonferenz, die NATO sei bereit und willens, jeden Zentimeter des Bündnisgebiets zu verteidigen. Das russische Verhalten sei mindestens unverantwortlich und rücksichtslos.
Heikel ist die Lage für die NATO derzeit vor allem deswegen, weil sich in der Regel nur äußerst schwer nachweisen lässt, dass die Luftraumverletzungen absichtlich erfolgen. Im Fall der Vorwürfe Estlands bestreitet Russland zudem sogar, dass es überhaupt zu einer Luftraumverletzung gekommen ist.
Es gilt deswegen als sehr wahrscheinlich, dass es nur dann zum Abschuss eines russischen Flugzeugs kommt, wenn diese von der Flugroute her klar eine Bedrohung für die NATO darstellen könnte.
Verdachtsfall in Dänemark: Rutte am Telefon mit Frederiksen
Die heutigen Drohnensichtungen am Flughafen Kopenhagen werden in dem NATO-Statement nicht explizit erwähnt. Generalsekretär Rutte telefonierte zu dem Vorfall mit Dänemarks Ministerpräsidentin Mette Frederiksen.
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Die Dänen seien derzeit dabei herauszufinden, was genau passiert sei und was der Hintergrund sei, sagte Rutte. Ob es eine Verbindung zu den jüngsten Luftraumverletzungen in Polen, Estland und Rumänien durch Russland gebe, könne noch nicht gesagt werden. Klar sei aber, dass die NATO helfen werde, wo immer es möglich sei.
Die dänische Polizei erklärte, dass der Verantwortliche für den Flug der großen Drohnen über dem Flughafen Kopenhagen offenbar über fundierte Kenntnisse verfügte. Rund 100 Flüge mussten in Verbindung mit der Drohnensichtung gestrichen werden. Im Laufe des heutigen Tages wird mit weiteren Verspätungen bei Abflügen und Landungen gerechnet.
Es handle sich um den „bislang schwersten Anschlag auf dänische kritische Infrastruktur“, erklärte Ministerpräsidentin Frederiksen. Einen konkreten Verdacht, wer dafür verantwortlich sein könnte, äußerte sie nicht.

Eine Anzeigetafel zeigt Fluginformationen am Flughafen Kopenhagen in Kopenhagen, Dänemark, am 23. September 2025. Foto: Sergei Gapon/AFP via Getty Images
Auch in Norwegens Hauptstadt Oslo führten Drohnen-Sichtungen zu einer mehrstündigen Unterbrechung des Flugverkehrs. Die Regierung warf Moskau vor, in diesem Jahr bereits drei Mal norwegischen Luftraum verletzt zu haben, zuletzt im August. Ob es sich bei den Vorfällen um eine weitere Störaktion Russlands handelte, blieb zunächst unklar. Rutte sagte, es sei noch „zu früh“, um diese Frage zu beantworten.
Beratungen nach Artikel 4 des Bündnisvertrags
Die Sitzung im NATO-Hauptquartier war auf Wunsch Estlands einberufen worden. Das baltische Land hatte am Freitag unter Berufung auf Artikel 4 des Bündnisvertrags Beratungen beantragt, nachdem die drei russische Maschinen vom Typ MiG-31 rund zwölf Minuten über der Ostsee durch estnischen Luftraum geflogen waren.
Artikel 4 des NATO-Vertrags sieht Konsultationen vor, wenn ein Alliierter die Unversehrtheit des Bündnisgebiets, die politische Unabhängigkeit oder die Sicherheit einer Partei bedroht sieht.
Die NATO startete am 12. September einen neuen Einsatz für eine noch bessere Überwachung und Verteidigung der Ostflanke. Deutschland stellt für ihn vier Kampfjets vom Typ Eurofighter, um sich an bewaffneten Schutzflügen über Polen zu beteiligen.
Die Initiative „Eastern Sentry“
Die NATO hatte nach dem Eindringen von 19 russischen Drohnen in den polnischen Luftraum vor knapp zwei Wochen die Initiative „Eastern Sentry“ ins Leben gerufen, um nach Angaben Ruttes „unsere Verteidigungsposition entlang unserer Ostflanke weiter zu stärken“.
Im Rahmen der Initiative waren unter anderem zusätzliche Kampfjets zum Schutz der Ostflanke unter NATO-Kommando gestellt worden, darunter zwei deutsche Eurofighter.
Rutte sprach nun davon, dass die NATO daran arbeite, neben Abschreckungs- und Verteidigungsmaßnahmen auch die „neuesten Drohnentechnologien so schnell wie möglich zu implementieren“.
EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen sprach im Onlinedienst X von einem „Muster ständiger Konfrontationen“. Europa werde „auf diese Bedrohung mit Stärke und Entschlossenheit reagieren“. (dpa/afp/ks)
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