Neue CO₂-Regeln der EU: Privathaushalten drohen Mehrkosten von mehreren Tausend Euro

Ab 2027 sollen Autofahrer und Hausbesitzer in ganz Europa für ihren CO₂-Ausstoß zahlen – über ein neues, europaweit verpflichtendes Handelssystem. Hinter der Idee steht kein freier Markt, sondern ein streng regulierter Mechanismus mit Preisgrenzen, Eingriffen und Ausgleichsfonds. Die Entscheidungen, die jetzt in Brüssel fallen, treffen jeden Haushalt.
Titelbild
Bundeskanzler Friedrich Merz will am EU-Fahrplan für ETS 2 festhalten.Foto: Sean Gallup/Getty Images
Von 22. Oktober 2025

In Kürze:

  • Neuer Emissionshandel ETS 2 ab 2027 für Verkehr und Gebäude geplant
  • Zertifikatepflicht verteuert Benzin, Diesel, Gas und Heizöl
  • Kein freier Markt: Preisgrenzen, Auktionen und Eingriffsmechanismen
  • Polen und Tschechien fordern Verschiebung, Deutschland hält am Starttermin fest
  • Sozialklimafonds soll Belastungen für ärmere Haushalte abfedern

 

Am Donnerstag, 23. Oktober, will die EU in Brüssel ihren Fahrplan für ihren Europäischen Emissionshandel II (ETS 2) beschließen. Ab dem 1. Januar 2027 soll der Emissionshandel auf alle fossilen Brennstoffe ausgeweitet werden – und damit auch auf Verkehr und die Energieversorgung von Gebäuden. Ein verbindlicher Preis für CO₂ soll damit auch in diesem Bereich Platz greifen. Am Ende wird dies auch erhebliche finanzielle Folgen für alle Haushalte haben.

System des ETS 2 klingt nach Markt, ist aber politisch erzeugt

Das System des Emissionshandels soll nach dem Willen seiner Urheber ein „marktwirtschaftliches“ System darstellen, um eine Nachfrage nach einem Gut über den Preis zu steuern, das auf dem regulären Markt keinen Preis hat. Die Emission von CO₂ wäre unter normalen Umständen ein Nebeneffekt des alltäglichen Marktgeschehens wie Produktion, Lieferung oder Verbrauch von marktfähigen Gütern.

[etd-related posts=“5279060″]

Das Zertifikatesystem setzt nun einen politischen Preis für diesen Nebeneffekt – um vermeintliche oder tatsächliche Schäden durch den CO₂-Ausstoß einzupreisen. Wer CO₂ ausstößt, muss dafür Zertifikate kaufen. Das Kalkül dahinter: Um hohe zusätzliche finanzielle Belastungen zu vermeiden, sollen Unternehmen und Verbraucher Wege finden, um weniger CO₂ zu emittieren.

Da dies nicht über eine direkte Steuer, sondern über ein Preissignal bei Erwerb von Zertifikaten erfolgen soll, betrachten es Befürworter dieses Systems als marktwirtschaftlich. In der Praxis ist allerdings nicht nur der Markt selbst erst durch die Politik geschaffen, sondern er ist auch gekennzeichnet durch ein dicht reguliertes Zuteilungssystem.

Aus für die Ausgabe unentgeltlicher Zertifikate

Brüssel soll in diesem nicht nur festlegen, wie viele durch Zertifikate verbriefte Emissionsrechte es insgesamt geben darf. Die EU will sich auch die letztendliche Entscheidung darüber vorbehalten, in den „Markt“ einzugreifen. Wann, zu welchem Preis und in welchem Umfang die Zertifikate „versteigert“ oder „nachgeschoben“ werden dürfen, soll ebenfalls in letzter Konsequenz die Politik entscheiden.

Heute gibt es in Deutschland einen „nationalen“ CO₂-Preis. Derzeit liegt er bei 55 Euro pro Tonne, im nächsten Jahr soll er zwischen 55 und 65 Euro schwanken. Ab 2027 soll dann der ETS 2 die Preisbildung übernehmen. Die Energielieferanten sind dann verpflichtet, für jeden Liter Benzin, Diesel oder Heizöl oder jeden Kubikmeter Erdgas Zertifikate zu kaufen. Diese Kosten werden am Ende an den Abnehmer und zuletzt an den Endverbraucher weitergereicht.

[etd-related posts=“5235954″]

Die Neuregelung wird das Autofahren, aber auch das Heizen massiv verteuern. Derzeit gibt es noch ein Kontingent an Zertifikaten, die kostenfrei an Betreiber von Industrieanlagen abgegeben werden. Ab 2027 sollen hingegen alle Zertifikate ersteigert werden.

Jährliche Mehrkosten für Haushalte könnten vierstellige Höhen erreichen

Wie aus Berechnungen von Enpal hervorgeht, könnten bereits 2026 durchschnittlich rund 440 Euro an Kosten für CO₂ auf Eigentümer von Immobilien zukommen. Bei höheren Preisen oder schlechter energetischer Ausstattung der Objekte wären es 790 Euro. Es gibt aber auch Szenariorechnungen, denen zufolge der CO₂-Preis durch das ETS 2 perspektivisch auf 250 oder gar 400 Euro pro Tonne steigen könnte.

In diesen Fällen würden die jährlichen Mehrbelastungen bei 1.980 bis 3.200 Euro liegen. Je nach energetischem Zustand müssen Vermieter bis zu 95 Prozent der Mehrkosten übernehmen. Abhängig von der Energieeffizienzklasse werden jedoch auch die resultierenden Mehrkosten für einen 4-Personen-Haushalt mit 95 Quadratmetern Wohnfläche deutlich steigen. Bei Gasheizungen in der Gebäudeeffizienzklasse C bis zu 570 Euro, bei Klasse G bis zu 1.425 Euro.

[etd-related posts=“5165414″]

Die EU will zu extreme Folgen über eine Reihe von Stabilisierungsmechanismen eindämmen. Dazu will sie von Beginn an die Preisentwicklung im Zuge der Auktionen beobachten. Sollte der Preis über 45 Euro pro Tonne steigen und dieser Zustand mindestens zwei Monate anhalten, gibt Brüssel 20 Millionen weitere Zertifikate aus.

Steigt der Preis auf mehr als das Doppelte des vorangegangenen Halbjahresdurchschnitts, werden 50 Millionen Zertifikate zusätzlich ausgegeben. Beim Dreifachen sollen es sogar 150 Millionen sein.

EU will durch „Sozialklimafonds“ soziale Härten durch ETS 2 abfedern

Außerdem ist eine Marktstabilitätsreserve (MSR) vorgesehen. Diese soll der EU-Kommission zur Verfügung stehen, um durch gezielte Eingriffe Angebot und Preis zu steuern. Deutschland, Österreich und Spanien fordern derzeit noch flexiblere Eingriffsgrenzen, um Preisschocks zu vermeiden.

Weil sich jetzt schon abzeichnet, dass der ETS 2 vor allem Haushalte mit niedrigem Einkommen treffen wird, soll ab 2026 der Fonds „EU 2023/955“ zur Verfügung stehen. Diese bis 2032 angelegte Vermögensmasse soll als „Sozialklimafonds“ Gebäudesanierung, klimafreundliche Heizungen und ÖPNV-Nutzung finanzieren.

[etd-related posts=“5151863″]

Auch Direktzahlungen an besonders belastete Haushalte sind vorgesehen. Der Fonds soll nicht zuletzt aus den Mitteln gespeist werden, die Brüssel durch den Emissionshandel einnimmt. In Deutschland hatte bereits die Ampelkoalition in Aussicht gestellt, Haushalte durch ein „Klimageld“ für die Mehrbelastungen durch die CO₂-Bepreisung zu entschädigen. Auch die schwarz-rote Koalition sieht einen solchen Mechanismus vor. Bis dato ist aber noch nichts in dieser Richtung geschehen.

Deutschland will an Zeitplan für Einführung festhalten

Einige EU-Mitgliedstaaten fordern eine Verschiebung des ETS 2 um drei Jahre – darunter Polen und Tschechien. Deutschland hingegen will am Starttermin 2027 festhalten, um einen „fließenden Übergang“ vom nationalen System zu ermöglichen. Falls die Energiepreise im Jahr 2026 „außergewöhnlich hoch“ sein sollten, sieht Artikel 30k der ETS-Richtlinie selbst eine Verschiebung der Einführung um ein Jahr vor.

Bereits ab Mitte 2026 sollen erste Auktionen von Zertifikaten nach dem geplanten System stattfinden. Damit soll sich „der Markt an den Preis gewöhnen“, wie es in einem „Non-Paper“ in Brüssel heißt. Dies soll den „erwarteten Preis klarer machen“ – auch für Haushalte. Die ersten Preissteigerungen im Rahmen des Experiments könnten bereits zu diesem Zeitpunkt stattfinden. Im Ergebnis zeichnet sich ab, dass ab 2027 nicht nur Knappheit, sondern auch eine politische Konstruktion Energie in Europa verteuern könnte.



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion