Oberstes Gericht: Trump-Regierung erhält rechtlichen Spielraum bei Migrationspolitik

Das Oberste Gericht der Vereinigten Staaten hat mit einer am vergangenen Freitag erlassenen einstweiligen Verfügung (sogenannte „stay order“) eine vorherige Entscheidung eines Bundesgerichts in Boston außer Kraft gesetzt. Damit erhält die US-Regierung unter Präsident Donald Trump vorläufig die rechtliche Möglichkeit, rund 532.000 Migranten aus Kuba, Haiti, Nicaragua und Venezuela, die im Rahmen des sogenannten CHNV-Programms ins Land gekommen waren, auszuweisen.
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Die Entscheidung stellt keine abschließende Beurteilung der Rechtslage dar, sondern betrifft ausschließlich die Frage, ob die Regierung während der laufenden Verfahren vorübergehend von der gerichtlichen Blockade der Aufenthaltsbeendigung befreit werden kann. Der Supreme Court hat dies bejaht – ohne eine inhaltliche Begründung oder Mehrheitsmeinung zu veröffentlichen. Lediglich die beiden liberalen Richterinnen Sonia Sotomayor und Ketanji Brown Jackson widersprachen der Mehrheitsentscheidung in einem öffentlichen Sondervotum.
Programm unter Biden in Kraft gesetzt
Das CHNV-Programm ist ein von der US-Regierung unter Präsident Joe Biden Ende 2022 eingeführtes humanitäres Einreiseverfahren, das speziell für Menschen aus Kuba, Haiti, Nicaragua und Venezuela geschaffen wurde. Ziel des Programms war es, eine sichere und legale Alternative zur irregulären Migration über die Südgrenze der Vereinigten Staaten zu bieten. Im Rahmen des Programms konnten monatlich bis zu 30.000 Staatsangehörige aus diesen vier Ländern in die USA einreisen, sofern sie bestimmte Voraussetzungen erfüllten. Dazu gehörten unter anderem ein Antrag aus dem Ausland, eine erfolgreich durchlaufene Sicherheitsüberprüfung sowie ein verlässlicher finanzieller Bürge in den Vereinigten Staaten, der sich zur Unterstützung der eingereisten Person verpflichtete.
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Die Einreise erfolgte auf Basis einer sogenannten „Parole“, einer befristeten Aufenthaltserlaubnis für bis zu zwei Jahre, die auch eine Arbeitserlaubnis einschloss, aber keinen dauerhaften Aufenthaltsstatus begründete. Das CHNV-Programm wurde von der Biden-Regierung als Beitrag zu einer geordneten humanitären Migrationspolitik vorgestellt, stieß jedoch insbesondere bei republikanischen Politikern auf Kritik, die darin eine Umgehung geltender Einwanderungsgesetze sahen.
Die Trump-Regierung kündigte im März 2025 an, dieses Programm auszusetzen und die damit verbundenen Parole-Bewilligungen für bereits eingereiste Personen zu widerrufen. Zur Begründung führte sie an, dass derartige Parole-Regelungen im Ermessen der Exekutive liegen und keiner gerichtlichen Kontrolle unterliegen.
Knappe Mehrheit für Aufhebung der Blockade
Ein Bundesgericht in Massachusetts hatte am 24. April 2025 auf Antrag von vier Migranten vorläufig entschieden, dass die Regierung keine rechtliche Grundlage für den massenhaften Entzug der Aufenthaltsrechte habe, solange die Rechtmäßigkeit der Maßnahme nicht abschließend geklärt sei. Die Regierung legte daraufhin beim Supreme Court Berufung ein und beantragte die sofortige Aufhebung der Blockade. Der Supreme Court folgte dem Antrag mit knapper Mehrheit.
Die Entscheidung bedeutet, dass das Heimatschutzministerium (Department of Homeland Security, DHS) ab sofort mit der Beendigung des Aufenthaltsstatus und gegebenenfalls Abschiebemaßnahmen beginnen darf, auch wenn die rechtliche Hauptsache noch nicht entschieden ist. Die Maßnahme ist temporär, aber praktisch folgenreich, da sie Hunderttausende Menschen unmittelbar betrifft, deren Aufenthalt bislang rechtlich geschützt war.
Mindermeinung: Bundesrichterin kritisiert das Vorgehen scharf
In einer schriftlichen abweichenden Meinung kritisierte Richterin Jackson diese Vorgehensweise scharf: „Unsere Entscheidung, einen stay zu erlassen (oder nicht), darf sich nicht allein auf Erfolgsaussichten im Hauptverfahren stützen. Es geht vielmehr darum, die realen Auswirkungen eines laufenden Verfahrens zu minimieren – insbesondere dann, wenn das Leben von Hunderttausenden betroffen ist.“
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Die über 500.000 betroffenen Migranten verlieren mit dem Inkrafttreten der Entscheidung ihren befristeten Aufenthaltsstatus, verbunden mit dem Recht auf Arbeit, Krankenversicherung und andere grundlegende Leistungen. Viele von ihnen leben seit Monaten oder sogar über ein Jahr in den USA, haben sich sozial und wirtschaftlich integriert. Ohne gültigen Aufenthaltsstatus drohen ihnen nicht nur der Verlust ihrer Lebensgrundlage, sondern auch eine mögliche Abschiebung in ihre Herkunftsländer, die vielfach von instabilen politischen und wirtschaftlichen Verhältnissen geprägt sind.
Schutzverpflichtung nicht einseitig brechen
Organisationen wie die National TPS Alliance sehen in der Maßnahme einen drastischen Eingriff: „Die USA haben diesen Menschen Schutz gewährt. Diese Schutzverpflichtung darf nicht einseitig und ohne Gerichtsentscheidung beendet werden“, erklärte Koordinator José Palma in einer Pressemitteilung. Die Allianz und weitere Kläger kündigten an, die Verfahren vor den Bundesgerichten konsequent fortzusetzen.
Insbesondere die Situation in Venezuela steht im Zentrum der Debatte. Dort kam es nach den umstrittenen Präsidentschaftswahlen im Juli 2024 zu einer Zunahme von Menschenrechtsverletzungen. Zahlreiche internationale Organisationen berichten von willkürlichen Verhaftungen, Verfolgung politischer Gegner und sich verschärfender humanitärer Notlage. Auch aus Haiti und Nicaragua gibt es dokumentierte Hinweise auf Gewalt, politische Instabilität und wirtschaftliche Krisen.
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Gleichzeitig hatte die Trump-Regierung bereits in anderen Fällen angekündigt, Aufenthaltsregelungen auf den Prüfstand zu stellen. Bereits im Mai 2025 hatte der Supreme Court in einem separaten Verfahren entschieden, dass die Regierung den Temporary Protected Status (TPS) für venezolanische Staatsangehörige widerrufen darf. Auch hier hatte das Gericht argumentiert, dass solche Maßnahmen grundsätzlich im Ermessen der Exekutive liegen.
Der Temporary Protected Status (TPS) ist ein befristeter Schutzstatus, den die US-Regierung Staatsangehörigen bestimmter Länder gewährt, wenn in deren Heimat außergewöhnliche Umstände wie bewaffnete Konflikte, Naturkatastrophen oder humanitäre Krisen herrschen. Personen mit TPS dürfen sich legal in den USA aufhalten, arbeiten und sind vor Abschiebung geschützt. Der Status ist zeitlich begrenzt, kann aber verlängert werden, solange die unsicheren Bedingungen im Herkunftsland bestehen. TPS führt nicht zu einem dauerhaften Aufenthaltsrecht und endet, sobald die US-Behörden die Lage im jeweiligen Land als stabil einstufen.
Gesetz im Kongress auf den Weg gebracht
Die juristische Argumentation der Trump-Regierung beruht auf der These, dass es sich bei der Parole-Regelung um ein instrumentelles, temporäres Mittel handelt, das keine dauerhafte Aufenthaltsgrundlage darstellt und daher jederzeit widerrufen werden kann. Kritiker sehen darin eine Aushöhlung humanitärer Schutzmaßnahmen und eine Politisierung des Einwanderungsrechts.
Parallel zur gerichtlichen Auseinandersetzung wurde im Kongress das Gesetz „Venezuela TPS Act of 2025“ eingebracht. Es sieht vor, venezolanischen Staatsangehörigen für zunächst 18 Monate Schutzstatus zu gewähren – mit der Option auf Verlängerung. Die Initiatoren des Gesetzes, darunter Vertreter sowohl von Republikanern als auch Demokraten aus Florida, begründen das mit der instabilen Lage im Heimatland der Betroffenen. Eine Verabschiedung des Gesetzes steht jedoch noch aus.
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