Polens Regierung plant Militärtraining für alle Männer, erwägt Austritt aus Streumunition-Abkommen

In Polen soll angesichts Ukraine-Kriegs künftig jeder erwachsene Mann ein militärisches Training erhalten. „Wir werden versuchen, bis Ende des Jahres ein fertiges Modell zu haben, damit jeder erwachsene Mann in Polen für den Kriegsfall ausgebildet ist“, sagte Regierungschef Donald Tusk in einer Rede im Parlament im Warschau.
In Reaktion auf die veränderte Sicherheitslage solle damit eine Reserve geschaffen werden, die potenziellen Bedrohungen angemessen sei.
Nähere Angaben zu der geplanten militärischen Ausbildung machte Tusk zunächst nicht. Demnach soll es sich dabei aber nicht um eine Rückkehr zur Wehrpflicht handeln. Auch Frauen sollen die Möglichkeit haben, an der militärischen Ausbildung teilzunehmen. Krieg sei aber immer noch in größerem Maße eine Domäne der Männer, sagte der polnische Regierungschef.
Tusk wird Ausstieg aus Streumunition-Verbot empfehlen
Weiterhin hat sich Tusk für den Ausstieg seines Landes aus den Abkommen über das Verbot von Landminen und über das Verbot von Streumunition ausgesprochen. „Alles, was die Verteidigung Polens stärken kann, wird von uns in die Tat umgesetzt werden, und wir werden alle Möglichkeiten nutzen“, sagte Tusk am Freitag in einer Rede vor dem polnischen Parlament.
Er werde einen Ausstieg aus dem Ottawa- und dem Dublin-Abkommen empfehlen, sagte Tusk weiter. Das Ottawa-Abkommen verbietet den Einsatz, die Lagerung, die Herstellung und die Weitergabe von Antipersonenminen. Beim Dublin-Abkommen geht es um ein Verbot von Streumunition.
Der polnische Regierungschef begründete seine Entscheidung mit der Bedrohung Polens durch feindliche Staaten. „Das Problem ist, dass diejenigen in unserer Umgebung, vor denen wir Angst haben könnten, oder diejenigen, die sich im Krieg befinden, sie alle haben“, sagte Tusk mit Blick auf die geächteten Waffensysteme.
Litauen bereits aus Abkommen ausgetreten
Polen folgt damit einem Trend in der Region. Finnland und Litauen, die beide an Russland grenzen und ebenso wie Polen NATO-Mitgliedstaaten sind, hatten zuletzt erwogen, aus dem Ottawa-Abkommen auszutreten. Am Donnerstag war Litauen zudem aus dem Übereinkommen zu Streumunition ausgetreten.
Der Baltenstaat begründete den Schritt mit der Verwendung von Streumunition durch Russland. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International nannte die Entscheidung „katastrophal“, Human Rights Watch zeigte sich beunruhigt.
Antipersonenminen werden im Boden vergraben oder versteckt und verstümmeln ihre Opfer häufig, anstatt sie sofort zu töten. Menschenrechtsgruppen kritisieren die Minen wegen ihrer langfristigen Auswirkungen auf die Zivilbevölkerung.
Ungenutzte Corona-Hilfsgelder sollen in Verteidigung fließen
Vor dem Hintergrund der Einigung der EU-Staaten auf eine massive Wiederaufrüstung hat Polen die Verwendung ungenutzer Corona-Hilfsgelder für Verteidigungszwecke angekündigt.
„Als erstes Land der Europäischen Union widmen wir den Wiederaufbaufonds um“, sagte die Ministerin für Fonds und Regionalpolitik, Katarzyna Pelczynska-Nalecz, am Freitag.
Die polnische Regierung handele derzeit mit der EU-Kommission die Einzelheiten für die Umwidmung der Mittel aus, sagte Pelczynska-Nalecz. Unter anderem plant Warschau der Ministerin zufolge, Mittel aus einem Fonds für Stadtentwicklung umzuwidmen, um umgerechnet 7,2 Milliarden Euro für Sicherheit und Verteidigung bereitzustellen.
Finanziert werden sollten damit unter anderem der Bau von Schutzräumen und Straßen sowie Forschungs- und Entwicklungsprojekte im Bereich Verteidigung.
Polen ist einer der wenigen NATO-Staaten, die die Forderung von US-Präsident Donald Trump nahezu erfüllt, fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung auszugeben.
Polens Regierungschef Donald Tusk hatte zudem im Februar einen Rekord-Investitionsplan in Höhe von 155 Milliarden Euro angekündigt, der unter anderem die polnische Sicherheitsinfrastruktur stärken soll.
Angesichts der Annäherung zwischen den USA und Russland hatten sich die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union bei einem Krisengipfel am Donnerstag bereit erklärt, ihre Verteidigungsausgaben deutlich zu erhöhen. (afp/red)
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