Politische Kursänderung der EU: China spielt zentrale Rolle im Ukraine-Krieg

China verlängert Russlands Krieg in der Ukraine – bewusst und strategisch. Das sagt EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas. Ziel sei es, die Aufmerksamkeit der USA von Peking abzulenken. Im Hintergrund folgt ein strategischer Richtungswechsel in der EU-Politik.
Titelbild
Die Hohe Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, Kaja Kallas, am 6. Oktober 2025.Foto: AFP via Getty Images
Von 4. November 2025

In Kürze:

  • Kaja Kallas wirft China vor, Russland beim Ukraine-Krieg zu unterstützen – um die Aufmerksamkeit der USA von Peking abzulenken.
  • Die EU erkennt, dass sie mehr Druck auf China ausüben muss – und sich enger mit den USA abstimmen.
  • Beobachter werten ihre Äußerungen als Richtungswechsel in der EU-Politik.

 

EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas wirft China vor, Russland aktiv zu unterstützen. Dadurch verlängere sich der Krieg gegen die Ukraine. Peking wolle damit erreichen, dass die USA ihre Aufmerksamkeit von China auf Europa verlagern, erklärte sie. Beobachter sehen in Kallas’ Aussage einen strategischen Kurswechsel der EU. Die EU richte ihren Blick stärker auf China und rücke gleichzeitig näher an die Vereinigten Staaten heran.

In einem Interview mit „The Economist“ am 28. Oktober erklärte Kallas, Russlands Präsident Wladimir Putin habe seit Beginn des Krieges im Februar 2022 keine ernsthafte Bereitschaft für Friedensverhandlungen gezeigt. China spiele dabei eine zentrale Rolle. Das Regime in Peking sei „zentraler Wegbereiter dieses Krieges“ und wichtigster Unterstützer Moskaus. Sie betonte, China kaufe weiterhin russisches Öl und Gas und exportiere Konsumgüter, Technik und militärisch nutzbare Ausrüstung nach Russland – darunter Drohnen.

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China will Ukraine-Krieg nicht beenden

Kallas erinnerte in dem Interview an ein Treffen im Juli mit dem chinesischen Spitzendiplomaten Wang Yi und dessen Botschaft: „Ein Ende des Ukraine-Krieges liegt nicht in Chinas Interesse. Denn so richtet sich die Aufmerksamkeit der USA stärker auf Europa. Und China wolle die USA in Europa binden“, sagte Kallas.

Zudem hätten Russland und China ihre Absichten „sehr offen“ dargelegt – etwa beim Treffen von Xi Jinping und Wladimir Putin 2023 in Moskau, so die Außenbeauftragte weiter. Dort sagte Xi: „Derzeit gibt es Veränderungen, wie wir sie seit 100 Jahren nicht mehr gesehen haben – und wir sind es, die diese Veränderungen gemeinsam vorantreiben.“ Der chinesische KP-Chef habe sich dabei auf den Niedergang der von den USA geführten liberalen demokratischen Weltordnung bezogen, führte Kallas aus.

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Politikprofessor: China untergräbt den europäischen Frieden

Fachleute außerhalb Europas sehen in Kallas‘ Aussagen Hinweise darauf, dass die EU ihre Politik gegenüber Russland und China zunehmend verknüpft.

Shen Ming-shih, Forscher am Institut für Nationale Verteidigungs- und Sicherheitsforschung in Taiwan, betonte am 31. Oktober im Gespräch mit Epoch Times, dass Russland zwei Gebiete im Donbass besetzt und Wladimir Putin diese als Verhandlungsmasse nutzen könnte. Aber, „unter den aktuellen Kriegsbedingungen wird Putin nicht aufgeben oder ernsthaft verhandeln. Gleichzeitig wird Chinas Unterstützung für Russland weiter bestehen“, so Shen.

Weiter erklärte er, dass ein gemeinsames Vorgehen von USA und EU gegen Chinas Unterstützung für Russland Xi Jinping bei Verhandlungen unter Druck setzen könnte. Dadurch könnte China seine Hilfe für Russland einschränken und weniger offen leisten.

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Yeh Yao-Yuan, Professor für Politikwissenschaft an der Universität St. Thomas, äußerte, Kallas‘ Interview zeige, dass die EU mehr Druck auf China ausüben müsse, um ein Ende des Ukraine-Krieges zu erreichen. „Die Haltung der EU-Länder gegenüber China war noch nie einheitlich. Was Kallas nun gesagt hat, deutet auf einen gewissen Konsens hin, dass China den europäischen Frieden untergräbt – was den Druck auf China erhöhen wird“, erklärte Yeh.

EU kann sich nicht allein auf die USA verlassen

Die Außenbeauftragte Kallas gab in dem Interview zu bedenken, dass Europa die frühere Vorhersehbarkeit in Verteidigungsfragen mit den USA durch die Trump-Regierung verloren habe. Dies habe die EU dazu veranlasst, eine aktivere Rolle bei der Unterstützung der Ukraine und der eigenen Verteidigung zu übernehmen.

Yeh Yao-Yuan wies darauf hin, dass die Außenpolitik von US-Präsident Donald Trump schwer vorhersehbar sei: „Mal erhöht Trump die Zölle drastisch, und im nächsten Moment verhandelt er über alles – eine transaktionale diplomatische Taktik, die es der EU erschwert, langfristige Pläne zu schmieden.“

Die EU sorgt sich daher, dass die USA ihre Sanktionen gegen Russland oder ihre sicherheitspolitischen Verpflichtungen ändern könnten, insbesondere im Umgang mit China. Sun Kuo-hsiang betonte, Europa könne sich nicht mehr allein auf die USA verlassen: „Europa muss bereit sein, seine eigene Sicherheit und strategische Autonomie angesichts von Veränderungen in der US-Politik aufrechtzuerhalten.“

An den freien Handel glauben

Angesichts der geopolitischen Spannungen betonte Kaja Kallas: Europa glaube weiterhin an den freien Handel. Sie verwies auf Handelsabkommen wie mit dem südamerikanischen Block Mercosur, wies aber darauf hin, dass viele Partner – sowohl Verbündete als auch Gegner – sich nicht an internationale Regeln hielten.

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Sun Kuo-hsiang hob indes hervor, dass die EU auf Chinas Strategien bei Seltenen Erden und kritischen Rohstoffexporten reagiert. Die EU verschärft Normen für fairen Wettbewerb und gleichberechtigten Marktzugang und fordert die Aufhebung von Exportbeschränkungen.

Zudem werden Subventionen und Überkapazitäten chinesischer Unternehmen – etwa bei Elektrofahrzeugen – genauer untersucht. Diese Maßnahmen gehören zur „wirtschaftlichen Verteidigung“ der EU, die wirtschaftliche Mittel in Sicherheitsüberlegungen einbezieht. Zukünftig könnten Handelsvergeltungen, Exportkontrollen, Investitionsprüfungen oder eine „Entity List“ ähnlich der US-amerikanischen folgen.

Bisherige Sanktionen gegen chinesische Produkte wie Elektrofahrzeuge betreffen nur einen kleinen Teil der Exporte. Yeh Yao-Yuan betonte, dass es Zeit brauche, alternative Produktionsländer zu finden. Deshalb seien die bisherigen Auswirkungen auf China begrenzt.

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Politische Kursänderung

Analysten sehen in Kallas‘ Aussagen einen deutlichen Wandel in der EU-Außenpolitik. Sun Kuo-hsiang erklärte, die EU passe ihre Strategie gegenüber China an und richte gleichzeitig ihre Beziehungen zu den USA neu aus – vor allem im Kontext des Ukraine-Krieges.

„Dies ist ein Schritt zu einer offensiveren und autonomeren Außen- und Sicherheitspolitik. Brüssel verabschiedet sich vom rein handelsorientierten Ansatz, der bisher Distanz zu den USA und China hielt, und setzt stattdessen auf eine diplomatische Strategie, die größeren Wert auf geopolitische Sicherheit, Werte und systemische Kompatibilität legt“, so Sun.

 

Luo Ya und Gao Shan haben zu diesem Bericht beigetragen.

Der Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel „EU’s Foreign Policy Chief Says China Is Backing Russia’s War to Keep US Distracted“. (deutsche Bearbeitung ks)



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