Rätsel nach Raketeneinschlag: Russische Drohne oder polnische Militärpanne?

Ein vermeintlicher Drohneneinschlag in Ostpolen entpuppt sich womöglich als ein tragisches Missgeschick. Offizielle Bestätigungen stehen noch aus, die Staatsanwaltschaft ermittelt.
Eine Drohne hat das Dach eines Wohngebäudes in Wyryki in Ostpolen zerstört.
Das Dach des beschädigten Wohngebäudes in Wyryki-Wola in Ostpolen.Foto: Wojtek Jargilo/PAP/dpa
Von 18. September 2025

In Kürze:

  • Haus in Ostpolen durch Raketeneinschlag beschädigt – Ursache wohl keine russische Drohne
  • Interne Quellen deuten auf eine fehlgeleitete F-16-Rakete der polnischen Armee hin.
  • Die Staatsanwaltschaft ermittelt – eine offizielle Bestätigung steht noch aus.
  • Die NATO reagierte mit Artikel-4-Konsultationen und verstärkter Grenzsicherung.

 

Die vor einer Woche, am 10. September, entstandenen Schäden an einem Haus im polnischen Dorf Wyryki-Wola, Verwaltungsbezirk Lublin, wurden wahrscheinlich nicht von einer russischen Drohne verursacht. Vielmehr soll eine Rakete aus einem F-16-Kampfflugzeug diese herbeigeführt haben.

„Alles deutet darauf hin, dass das eine Rakete war, die von unserem Flugzeug bei der Verteidigung Polens abgefeuert wurde“, sagte der Koordinator der polnischen Geheimdienste, Tomasz Siemoniak, in Warschau. Man müsse aber die Ergebnisse der laufenden Ermittlungen abwarten, um sicherzugehen.

Bei dem Eindringen vieler russischer Drohnen in den polnischen Luftraum in der vergangenen Woche waren polnische F-16 Kampfjets und in Polen stationierte Maschinen vom Typ F-35 aufgestiegen und hatten Flugroboter abgeschossen. Die Bilder vom beschädigten Dach des Hauses im ostpolnischen Dorf Wyryki, 15 Kilometer von der Grenze zu Belarus, gingen um die Welt.

Polen spricht von „mindestens 19“ Verletzungen des Luftraums durch russische Drohnen

Der Vorfall soll sich am Mittwoch der Vorwoche ereignet haben. An jenem Tag waren der polnischen Regierung zufolge etwa 20 russische Drohnen in den Luftraum des Landes eingedrungen. Vier davon habe die polnische Luftabwehr abgeschossen, die Trümmer von 16 weiteren hätten polnische Sicherheitskräfte später aufgefunden.

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Offiziell ist bis dato noch die Rede von einem „unidentifizierten Objekt“, das auf das Gebäude gefallen sei. Menschen kamen nicht zu Schaden. Es entstand jedoch ein Sachschaden, zu dessen Höhe es unterschiedliche Angaben gibt. Diese schwanken zwischen etwa 50.000 Złoty (etwa 11.750 Euro) und 300.000 Złoty (etwa 70.550 Euro). Die Gemeinde bot Ersatzräumlichkeiten für die Betroffenen an.

Die russische Armee flog an jenem Tag Angriffe auf Ziele im Westen der Ukraine. Dabei soll es polnischen Angaben zufolge „mindestens 19-mal“ zu Verletzungen des polnischen Luftraums gekommen sein. Ministerpräsident Donald Tusk machte eine russische „Drohnenprovokation“ für die Schäden an dem Haus in Wyryki-Wola verantwortlich. Auch Kreisvorsteher Mariusz Zańko und der Gemeindevorsteher Bernard Błaszczu sprachen zu Beginn von einem „Drohnenvorfall“.

Zeitungen recherchieren in Eigenregie – und stoßen auf Luft-Luft-Rakete

Im Anschluss an den Vorfall hat die NATO den Artikel 4 ihrer Charta aktiviert, der Konsultationen für den Fall vorsieht, dass ein Mitgliedstaat seine territoriale Integrität gefährdet sieht. Zudem startete Polen die „Operation Wächter im Osten“. Die Regierung in Warschau verlegte mehrere Kampfflugzeuge, Luftabwehrsysteme und Truppen an die Ostgrenze. Auch Dänemark, Deutschland, Frankreich und das Vereinigte Königreich werden sich an dieser Maßnahme beteiligen.

Bezüglich des Vorfalls in Wyryki-Wola kündigte Premier Tusk auf X an, nach Abschluss der Ermittlungen werde es vollständige Transparenz geben. Die zuständigen Stellen würden der Öffentlichkeit, der Regierung und dem Präsidenten die Ergebnisse mitteilen.

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Recherchen der Zeitung „Rzeczpospolita“ haben ergeben, dass es offenbar keine Teile einer abgeschossenen russischen Drohne waren, die das Haus getroffen hatten. Vielmehr soll eine fehlgeleitete Luft-Luft-Rakete eines F-16-Kampfjets der polnischen Armee dafür verantwortlich sein.

Rakete hat Drohne gejagt – Staatsanwaltschaft ermittelt noch

Dem Bericht zufolge habe die AIM-120 AMRAAM zwar eine Drohne gejagt, allerdings habe die Lenkung versagt und die Rakete sei in das Gebäude gestürzt. Aufgrund von Sicherheitsvorkehrungen sei der Sprengkopf nicht scharfgeschaltet gewesen. Eine parallele Recherche der „Gazeta Wyborcza“, die auf interne Quellen Bezug nahm, kam laut „Berliner Zeitung“ zum identischen Ergebnis.

Eine offizielle Bestätigung durch die Staatsanwaltschaft steht noch aus. Gegenüber der Nachrichtenagentur AFP äußerte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft, die Ermittlungen befänden sich „noch in einem frühen Stadium“. Um offizielle Aussagen über den Hergang des Ereignisses und die Schadensquelle treffen zu können, müssten noch Experten angehört werden.



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