Reparationsforderungen und Militärhilfe: Karol Nawrockis heikler Besuch in Berlin

In der kommenden Woche besucht erstmals Polens neuer Präsident Karol Nawrocki Berlin. Vor allem zwei Themen dürften in den Gesprächen mit Bundespräsident Steinmeier und Bundeskanzler Merz zur Sprache kommen.
Titelbild
Der neue polnische Präsident Karol Nawrocki am 6. August 2025 bei einer offiziellen Zeremonie zur Übernahme des Kommandos über die Streitkräfte in Warschau, nachdem er im polnischen Parlament, dem Sejm, vereidigt worden war.Foto: Wojtek Radwanski/AFP via Getty Images
Epoch Times14. September 2025

Für Polens Präsidenten Karol Nawrocki ist sein erster Besuch in Deutschland heikel, in mehrerlei Hinsicht. Nawrocki kommt gut einen Monat nach seinem Amtsantritt nach Berlin, am 16. September empfangen ihn erst Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und anschließend Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU).

Zum einen wird die Reise überschattet von der Bedrohung aus dem Osten, die aus Warschauer Sicht immer konkreter wird: In der Nacht zum Mittwoch sind mindestens 19 russische Drohnen tief in den polnischen Luftraum eingedrungen – aus Sicht Warschaus und seiner NATO-Verbündeten eine klare Provokation.

Die „aktuellen Entwicklungen“ rund um den Drohnen-Vorfall seien „natürlich“ Thema des Gesprächs zwischen Nawrocki und Merz, sagte Regierungssprecher Stefan Kornelius im Vorfeld des Treffens, ebenso wie die weitere Unterstützung der Ukraine. Polen und sein westlicher Nachbar sind sich in diesem Bereich weitgehend einig.

Es geht um 1,3 Billionen Euro

Nawrocki schwebt noch ein anderes Gesprächsthema vor, mit dem er in Berlin auf deutlich weniger offene Ohren stößt: Reparationen für das Leid, das Nazi-Deutschland Polen im Zweiten Weltkrieg zugefügt hat. Sechs Millionen Polen, darunter drei Millionen Juden, ermordeten die deutschen Besatzer.

Im Wahlkampf für die Präsidentschaftswahl im Frühjahr, die Nawrocki gegen den Pro-Europäer Rafal Trzaskowski gewann, hatte der Historiker Deutschland unter anderem vorgeworfen, auf Polen herabzuschauen und Migranten gezielt in das Land zu schicken.

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Am 1. September, dem Jahrestag des deutschen Überfalls auf sein Land, forderte Nawrocki „Gerechtigkeit, Wahrheit und klare Beziehungen“ zu Deutschland und fügte an, Polen brauche aber auch „Reparationen des deutschen Staats“.

Im Jahr 2022 hatte die damalige polnische Regierung unter Führung der Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) den Gegenwert der polnischen Verluste im Zweiten Weltkrieg auf 1,3 Billionen Euro beziffert.

Deutschlands Position

Die Position der Bundesregierung bleibt unverändert: Für Deutschland seien die „Themen von Erinnerung und Aufarbeitung“ zwar „nicht abgeschlossen“, sagte Regierungssprecher Kornelius im Juni. Reparationen schuldet Deutschland Polen aber aus Sicht der Bundesregierung nicht mehr.

Polen hat nach deutscher Lesart schon 1953 auf Reparationszahlungen verzichtet. Das geschah auf Druck der Sowjetunion, zu deren Verbündeten das damals kommunistisch regierte Polen gehörte. Die Position der Bundesregierung in dieser Frage sei „unverändert“, sagte Kornelius am 12. September vor Nawrockis Besuch.

Der polnische Präsident vertritt in dieser Frage eine andere Position als die Regierung von Ministerpräsident Donald Tusk.

Außenminister Radoslaw Sikorski ist der Ansicht, dass Polen auf weitere Forderungen verzichten sollte, um das wichtige Verhältnis zum westlichen Nachbarn nicht zu belasten. Sikorski hält die Forderungen nach Reparationen auch für legitim. Er hielte es aber für sinnvoller, Berlin aus historischer Verantwortung zu einem stärkeren Einsatz für die Verteidigung Polens zu bewegen. Erste Signale in dieser Hinsicht hat Deutschland auch nach dem Eindringen der russischen Drohnen gesendet.

Die Beteiligung der Bundeswehr an der Mission zum Schutz des polnischen Luftraums wurde um drei Monate verlängert, zwei zusätzliche Eurofighter-Kampfjets wurden an die NATO-Ostflanke verlegt.

Nawrockis Position, auf deutschen Reparationen zu bestehen, dürfte Berlin damit nebenbei auch geschwächt haben. (afp/red)



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