Sarkophag über Tschernobyl hat wieder Strom – kein Strahlungsaustritt

Am Kernkraftwerk Tschernobyl ist die Lage wieder normal. Gestern war nach einem russischen Luftangriff auf ein Umspannwerk zeitweise die Stromversorgung unterbrochen – Dieselgeneratoren sprangen ein. Die gemessene Strahlung entspreche der Norm, teilt das Energieministerium mit.
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Der Schutzschild um das AKW Tschernobyl hat wieder Strom.Foto: Efrem Lukatsky/AP/dpa
Epoch Times2. Oktober 2025

Im havarierten Kernkraftwerk Tschernobyl war ukrainischen Angaben zufolge die Stromversorgung der Reaktor-Schutzhülle nach russischen Luftangriffen zeitweise unterbrochen. Laut dem ukrainischen Energieministerium war die Ursache ein Treffer auf ein Umspannwerk in der Stadt Slawutytsch im Norden.

Die Kleinstadt liegt etwa 50 Kilometer vom AKW entfernt; dort lebten früher die Bedienungsmannschaften. Russland müsse gewusst haben, dass dieser Angriff solche Auswirkungen habe, schrieb Präsident Wolodymyr Selenskyj auf Telegram.

Versorgung wieder hergestellt

Der 100 Meter hohe Sarkophag über dem explodierten vierten Block wurde temporär mit Dieselgeneratoren versorgt. Spätabends sei die Versorgung wieder hergestellt worden, teilte Ministerin Switlana Hryntschuk mit. Die gemessene Strahlung entspreche der Norm.

„Aufgrund russischen Beschusses auf die Energieinfrastruktur in der Region Kiew ist es zu einer Notsituation in den Anlagen des Kernkraftwerks Tschernobyl gekommen“, erklärte das ukrainische Energieministerium am 1. Oktober im Onlinedienst Telegram mit.

In seiner Stellungnahme führte das Ministerium aus, dass die neue Schutzhülle „infolge von Stromspitzen“ von der Stromversorgung „abgeschnitten“ worden sei. Die Hülle isoliert den zerstörten vierten Reaktorblock des Kernkraftwerks Tschernobyl und verhindert die Freisetzung radioaktiver Strahlung.

Noch keine Äußerung aus Moskau

Moskau äußerte sich bisher nicht dazu. Selenskyj erklärte nach dem Vorfall, Russland sei eine Gefahr für die globale Sicherheit.

„Jeder Tag, an dem Russland den Krieg verlängert, sich weigert, einen vollständigen und verlässlichen Waffenstillstand umzusetzen, und weiterhin alle Objekte unserer Energieinfrastruktur angreift – einschließlich derjenigen, die für die Sicherheit von Kernkraftwerken und anderen nuklearen Anlagen von entscheidender Bedeutung sind –, ist eine globale Bedrohung“, schrieb Selenskyj im Online-Netzwerk Facebook.

Schutzhülle war auch im Februar beschädigt worden

Im Kernkraftwerk Tschernobyl war am 26. April 1986 ein Reaktor explodiert. Der Vorfall verseuchte weite Teile der Ukraine, Russlands und von Belarus. Zehntausende Menschen mussten evakuiert werden.

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Um einen weiteren Austritt von Strahlung zu verhindern, wurde im November 2016 eine von der internationalen Gemeinschaft finanzierte massive Metallkuppel über den Überresten des Reaktors errichtet.

Bereits im Februar war die Schutzhülle des Reaktors bei einem russischen Drohnenangriff beschädigt worden. Die Strahlenbelastung habe sich nicht erhöht, erklärten die ukrainischen Behörden damals.

In den ersten Tagen des Ukraine-Krieges im Februar 2022 hatten russische Truppen das Gelände von Tschernobyl unter ihre Kontrolle gebracht, sich später aber von der Anlage wieder zurückgezogen.

Ukraine abhängig von Atomkraft

Die Ukraine ist von der Kernkraft so abhängig wie kaum ein anderes Land in Europa. Strom liefern derzeit neun Reaktorblöcke in den Kraftwerken Riwne, Chmelnyzkyj und Süd-Ukraine.

Das russisch besetzte AKW Saporischschja mit sechs Reaktoren ist abgeschaltet. Russland und die Ukraine werfen sich seitdem regelmäßig vor, die Sicherheit der Anlage zu gefährden.

Seit dem 23. September ist die letzte Hochspannungsleitung außer Betrieb. „Europas größtes Atomkraftwerk hat jetzt seit mehr als einer Woche keinen Strom von außen, was mit Abstand der längste Fall in mehr als dreieinhalb Jahren Krieg ist“, erklärte IAEA-Generaldirektor Rafael Grossi in Wien. Er sei mit Russland wie der Ukraine in Kontakt, um die Stromversorgung wiederherzustellen.

Solange die Generatoren die abgeschalteten Reaktoren versorgten, bestehe keine unmittelbare Gefahr, sagte Grossi. „Aber es ist eindeutig kein Dauerzustand mit Blick auf die nukleare Sicherheit.“ Der Diesel reiche nach Angaben der von Moskau eingesetzten Werksleitung noch für etwa zehn Tage.

Die Hochspannungsleitung verband das AKW mit dem von Kiew kontrollierten Teil des ukrainischen Stromnetzes. Sie sei dem Augenschein nach nicht durch Beschuss unterbrochen worden, teilte die Umweltorganisation Greenpeace in Kiew mit. Sie berief sich dabei auf die Analyse von Satellitenfotos durch Sicherheitsexperten. (AFP/dpa/red)



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