„Schwarzer Tag“: Frankreich droht neue Protestwelle

Die französischen Gewerkschaften sprechen bereits von einem „schwarzen Tag“: Für Donnerstag haben mehrere Organisationen zu Streiks und Protestaktionen aufgerufen. Der Tag stand schon fest, als die alte Regierung unter Premierminister François Bayou noch im Amt war, die drastische Sparmaßnahmen angekündigt hatte. Inzwischen ist Bayrou gestürzt, doch die Wut vieler Menschen ist nicht abgeflaut, im Gegenteil. Manche rechnen mit dem Entstehen einer größeren Protestwelle.
Nach ersten Einschätzungen werden sich zahlreiche Arbeitnehmer an den Protestaktionen beteiligen und dadurch das öffentliche Leben teilweise lahmlegen. Sicherheitskräfte rechnen laut einem Bericht der Zeitung „Le Figaro“ mit etwa 900.000 Demonstranten und bis zu 8.000 potenziellen Randalierern. Bislang sind landesweit mehr als 250 Demonstrationen angemeldet.
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Schulen schließen, Züge fallen aus
Etwa ein Drittel der Lehrer wollen streiken, in Paris bleiben 90 Schulen geschlossen. Zahlreiche Regionalzüge sollen ausfallen. Von den Hochgeschwindigkeitszügen sind lediglich zehn Prozent betroffen. In Paris fallen zahlreiche U-Bahnen und Vorortzüge aus, so dass die Regierung empfiehlt, wenn möglich von zu Hause zu arbeiten.
Voraussichtlich wird es bereits am frühen Morgen Lastwagen-Blockaden an Mautstellen geben, die wiederum längere Staus nach sich ziehen dürften. Lediglich die Fluglotsen hatten ihren Streikaufruf zurückgezogen – weil die geschäftsführende Regierung ihrer Ansicht nach kein geeigneter Adressat ist. Es gibt jedoch Streikaufrufe bei Air France und beim Bodenpersonal, die den Flugverkehr beeinträchtigen könnten.
Erinnerung an die Gelbwesten
Bereits am 10. September hatte es in Frankreich landesweit zahlreiche Protestaktionen gegeben – die jedoch nicht von den Gewerkschaften ausgingen, sondern auf einem Blockade-Aufruf basierten, der sich in Onlinediensten verbreitet hatte. Nun bestehen Befürchtungen, dass beide Protestgruppen sich gegenseitig bestärken und zu einer Bewegung werden, die den Protesten der sogenannten Gelbwesten gegen die Regierung von 2019 ähnelt.
Die letzten großen Protestaktionen in Frankreich hatten sich 2023 gegen die umstrittene Rentenreform gerichtet, die das Rentenalter von 62 auf 64 Jahre angehoben hat. Auf deren Höhepunkt waren mehr als eine Million Menschen auf die Straße gegangen.
Am Donnerstag geht es nicht um konkrete Maßnahmen – denn der neue Premierminister Sébastien Lecornu hat bislang weder eine Regierung zusammengestellt noch einen konkreten Haushaltsentwurf vorgelegt. Doch es ist absehbar, dass die künftige Regierung etwas unternehmen muss, um Frankreichs Finanzen zu sanieren.
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Frankreich ist hochverschuldet
Das Land ist derzeit mit etwa 114 Prozent seines Bruttoinlandsproduktes (BPI) verschuldet, das Defizit lag im vergangenen Jahr bei 5,8 Prozent des BPI. Die Rating-Agentur Fitch stufte Frankreichs Bonität in der vergangenen Woche herunter – zum zweiten Mal seit 2023.
Lecornu hatte am Wochenende angekündigt, auf die von seinem Vorgänger angekündigte Streichung von zwei Feiertagen zu verzichten. Diese Maßnahme hatte besonders viel Unmut ausgelöst. Am Mittwoch hatte er sich mit den Sozialisten getroffen, die fordern, eine neue Steuer für große Unternehmen und besonders Wohlhabende einzuführen. Parteichef Olivier Faure zeigte sich anschließend allerdings enttäuscht und erklärte, dass er kein Gehör für die Anliegen seiner Partei gefunden habe.
Lecornu ist darauf angewiesen, dass die Sozialisten sich verpflichten, Misstrauensanträge der Linken und Rechten nicht zu unterstützen. Nur dann hat er in der Nationalversammlung genug Rückhalt, um den Haushaltsentwurf rechtzeitig durch das Parlament zu bekommen. Die Zeit drängt, schon im Oktober läuft die Frist ab, um den Haushalt 2026 der Nationalversammlung vorzulegen.
Noch ist offen, wie viele Milliarden Lecornu einsparen will: Bayrou hatte 44 Milliarden Euro angepeilt, die Sozialisten wollen höchstens die Hälfte einsparen. Die Parlamentspräsidentin Yaël Braun-Pivet forderte zuletzt Einsparungen in Höhe von etwa 35 Milliarden Euro. In jedem Fall dürfte der nächste Haushalt unpopuläre Maßnahmen enthalten. Die von Lecornu angekündigte Begrenzung des Anrechts ehemaliger Premierminister auf Dienstwagen mit Fahrer auf zehn Jahre – statt wie bisher lebenslang – dürfte daneben etwas lächerlich wirken. (afp/red)
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