Selenskyj will sich nicht entschuldigen – Trump stellt Bedingungen für weitere Gespräche

Trump und Selenskyj brechen nach einem beispiellosen Eklat ihr Treffen im Weißen Haus ab. Nun treten beide Präsidenten erstmals nach dem Vorfall vor Kameras. Und Europa fragt: Wie geht es in der Ukraine weiter?
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Selenskyjs direkte Haltung sorgte im Oval Office für großen Unmut.Foto: SAUL LOEB/AFP via Getty Images
Epoch Times1. März 2025

Nach dem explosiven Zerwürfnis vor den Augen der Welt beharren sowohl US-Präsident Donald Trump als auch sein ukrainischer Kollege Wolodymyr Selenskyj auf ihren Positionen. Der beispiellose Eklat beim Zusammentreffen der beiden im Weißen Haus könnte die Aussicht auf einen baldigen Frieden trüben.

Selenskyj stellte in einem TV-Interview nach dem Vorfall im Oval Office klar, dass er sich nicht bei Trump entschuldigen wolle und pochte weiter auf Sicherheitsgarantien für ein mögliches Friedensabkommen mit Russland. Trump hingegen machte deutlich, dass er die Gespräche mit Selenskyj nicht sofort wieder aufnehmen will.

Selenskyj lehnt Entschuldigung ab

Der US-Präsident stellte sich einige Stunden nach dem Eklat im Oval Office vor die Kameras. „Das war kein Mann, der Frieden schließen wollte, und ich bin nur interessiert, wenn er das Blutvergießen beenden will“, sagte Trump kurz vor dem Abflug in den US-Bundesstaat Florida. „Ich will jetzt einen Waffenstillstand.“ Selenskyj habe „die Karten nicht in der Hand“. Er solle nicht über Putin und all die „negativen Sachen“ sprechen. „Er muss sagen: Ich will Frieden.“ Entweder werde der Krieg beendet oder die Ukraine müsse allein weiterkämpfen.

Später bekräftigte Trump auf Truth Social: Selenskyj könne zurückkehren – aber nur, wenn er wirklich bereit für den Frieden sei.

Selenskyj erklärte seinerseits in einem Fox-News-Interview, dass niemand sich ein Ende des Krieges mehr wünsche als er und das ukrainische Volk. Sein Hauptziel in Washington sei die Unterzeichnung des Mineralienabkommens gewesen, und er sei dazu bereit.

Allerdings machte er deutlich, dass er einem Waffenstillstand erst zustimmen werde, wenn die Ukraine von den USA Sicherheitsgarantien erhalte, die sie vor einer weiteren russischen Offensive schützen.

Er dankte dem amerikanischen Volk, Trump und dem Kongress zwar für die Unterstützung – eine Entschuldigung an Trump lehnte er jedoch ab. Stattdessen betonte er, man müsse „sehr offen und sehr ehrlich“ miteinander sein.

Selenskyj versuchte außerdem, seine Position zu erklären: Ein Rohstoffdeal zwischen den USA und der Ukraine reiche allein nicht aus, um Friedensverhandlungen mit Russland aufzunehmen. Trump hatte US-Hilfen an den Zugang zu ukrainischen Rohstoffen geknüpft – doch nach dem Zerwürfnis kam es nicht zu einer Vereinbarung.

Der Punkt, an dem es eskalierte

Der ukrainische Präsident appellierte: Die USA und Europa seien die „besten Freunde“ der Ukraine, Putin und Russland der Feind. Diese Realität müsse anerkannt werden. Genau diese direkte Haltung hatte im Oval Office für Unmut gesorgt – besonders, als er Trump direkt konfrontierte: „Ich spreche mit meinen Freunden in Polen und sie sind besorgt, dass Sie sich zu sehr auf die Seite von Putin schlagen. Was sagen Sie denen?“

US-Vizepräsident J.D. Vance kritisierte Selenskyj: „Glauben Sie, es ist respektvoll, in das Oval Office der Vereinigten Staaten zu kommen und die Administration anzugreifen, die versucht, die Zerstörung Ihres Landes zu verhindern?“ Es entspinnt sich ein Wortgefecht unter den Dreien.

Selenskyj lässt nicht locker – und weist darauf hin, dass die Probleme des Kriegs sehr wohl in der Ukraine, aber wegen der großen Entfernung noch nicht in den USA zu spüren seien. Daraufhin reagierte Trump: „Sagen Sie uns nicht, was wir spüren werden! Wir versuchen, ein Problem zu lösen. Sie sind nicht in der Position zu diktieren, was wir spüren werden.“

Meloni warnt vor Spaltung des Westens

Wie groß die Sorge in Europa nach dem verpatzten Treffen in Washington ist, zeigt ein Vorstoß der italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni. Sie schlug einen sofortigen Gipfel zwischen Europa und den USA vor. „Jede Spaltung des Westens macht uns alle schwächer und begünstigt die, die den Untergang unserer Zivilisation herbeiführen wollen“, mahnte Meloni.

Unklar blieb, ob nach ihren Vorstellungen die Ukraine an einem solchen Treffen teilnehmen soll. Die italienische Ministerpräsidentin gilt im Kreis der europäischen Regierungschefs als eine der wichtigsten Ansprechpartnerinnen der neuen US-Regierung.

Die Konfrontation habe keiner Seite genützt, räumte Selenskyj später ein. Es gehe aber nicht um ihn persönlich, sondern um die Frage: „Wo bleibt die Freundschaft zwischen der Ukraine und den USA?“, wenn führende US-Politiker behaupteten, die Ukraine stehe vor der Niederlage, ihre Soldaten seien keine Helden – und ihr Präsident ein Diktator.

Selenskyj äußerte sich auch zu der Frage, wie es nun zwischen beiden Ländern weitergehe. „Natürlich“ könne das Verhältnis zwischen Washington und Kiew wieder gekittet werden, sagte der ukrainische Staatschef in dem anschließenden Interview mit „Fox“.

Er fügte hinzu, dass er die Vereinigten Staaten nicht als Partner verlieren wolle. Zugleich betonte er, dass er sich wünsche, dass US-Präsident Trump „wirklich mehr auf unserer Seite“ stehe.

Verbündete stellen sich hinter Selenskyj

Breite Unterstützung erhielt Selenskyj nach dem Eklat von seinen Verbündeten in Europa. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) versicherte, dass sich die Ukraine auf Deutschland und Europa verlassen könne. Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz erklärte, der Ukraine in guten wie in schwierigen Zeiten zur Seite zu stehen. „Wir dürfen in diesem schrecklichen Krieg niemals Angreifer und Opfer verwechseln.“

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sagte vor Medienvertretern er denke, „es war richtig, dass wir alle vor drei Jahren der Ukraine geholfen und Russland sanktioniert haben und dies auch weiterhin tun werden“. Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas teilte mit: „Heute ist klar geworden, dass die freie Welt einen neuen Anführer braucht. Es liegt an uns Europäern, diese Herausforderung anzunehmen.“

Auch der britische Premierminister Keir Starmer hat der Ukraine die „unerschütterliche“ Unterstützung Großbritanniens zugesichert. Ähnlich äußerte sich Australiens Premierminister Anthony Albanese. Sein Land werde der Ukraine so lange wie nötig zur Seite stehen, sagte Albanese am Samstag.

Selenskyj dankt Unterstützern mit 30 Social-Media-Posts

Selenskyj hat im Onlinedienst X in zahlreichen Beiträgen den westlichen Verbündeten der Ukraine für ihre Unterstützung gedankt. „Danke für ihre Unterstützung“ schrieb Selensky am Freitag und Samstag als Reaktion auf rund 30 Veröffentlichungen, in denen die Verbündeten der Ukraine ihre Solidarität bekundeten.

Auch das ukrainische Außenministerium bedankte sich in zahlreichen Beiträgen auf X für die Unterstützungsbekundungen der Verbündeten.

„Vielen Dank für Ihre Unterstützung“, schrieb Selenskyj zum Beispiel als Antwort auf Ursula von der Leyen, EU-Kommissionspräsidentin.

Unterstützung für Trump von Republikanern – Kritik von Demokraten

Im Weißen Haus haben die politischen Lager in den USA gegensätzlich reagiert.

„Im Kreml knallen gerade die Sektkorken“, kommentierte der demokratische Senator von Maryland, Chris Van Hollen. Wie Trump und Vance Selenskyj beschimpft und eine „Show voller Lügen und Desinformation“ abgezogen hätten, „würde Putin erröten lassen“ und sei „eine Peinlichkeit für Amerika“.

„Wir können nicht zulassen, dass Präsident Trump die Geschichte umschreibt oder bewährte Partnerschaften mit Jahrzehnten der beidseitigen Unterstützung umstürzt“, erklärte der Fraktionschef der Demokraten im Senat, Dick Durbin: „Ich spreche Präsident Selenskyj meine aufrichtige Entschuldigung aus.“

Aus Sicht der republikanischen Kongressabgeordneten Victoria Spartz aus dem Bundesstaat Indiana hat Selenskyj „dem ukrainischen Volk großen Schaden zugefügt, indem er den US-Präsidenten und das amerikanische Volk beleidigt hat“. „Dies ist keine Theaterbühne, sondern ein echter Krieg“, sagte die in der Ukraine geborene Abgeordnete.

Der einflussreiche republikanische Senator Lindsey Graham aus South Carolina erklärte, Selenskyj müsse sich entweder „grundlegend ändern oder gehen“. Er könne sich nicht vorstellen, dass die meisten Amerikaner „noch Partner von Selenskyj sein wollen nach dem, was sie heute gesehen haben“.

US-Außenminister Marco Rubio dankte Trump für seine Haltung gegenüber Selenskyj. „Danke, Präsident, dass Sie für Amerika kämpfen, wie kein Präsident zuvor den Mut hatte, dies zu tun.“ Er forderte Selenskyj auf, sich zu entschuldigen. Rubio stellte zudem Selenskyjs Bereitschaft infrage, eine Waffenruhe-Einigung zu erzielen. „Man bekommt den Eindruck, dass Selenskyj vielleicht gar kein Friedensabkommen will. Er sagt, dass er es will, aber vielleicht will er es nicht, und diese aktive, offene Untergrabung der Friedensbemühungen ist für alle Beteiligten sehr frustrierend.“

(dpa/afp/red)



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